Archiv für den Tag: 12. März 2015

Deutschlandradio Kultur – Schmecken darf alles, aber nicht jedem

Eine Lange Nacht über Nahrungstabus
Anfangs geht es ja irgendwann mit Pferdefleisch los.
Vielleicht erinnert sich mancher meiner DoKo-Runde in der kalten Heimat, dass ich öfters Experimente mit Zossengerichten machte. Als Großmutter dies registrierte, wurde sie tückisch, kaufte für mich extra einen Topf und eine längliche Sandkuchenform für Hackfleischkuchen. Beide Kochteile lagerte sie unterhalb der Spüle, zwischen dem Reinigungszeug. Teller und Bestecke musste ich ganz korrekt abwaschen, Stunden später wiederholte sie angeekelt einen zusätzlichen Abwaschgang…
(Das waren damals Zeiten. Hatte der alte H. mal wieder einen Zossen unterm Messer rief mich sein Sohn in der Firma an und sofort gings während der Arbeitszeit für ´n Stunde in sein Geschäft, denn innerhalb kürzester Zeit ging alles über den Tresen.)
Die Schilderung ihrer letzten blutjungen Untermieterin, eines Lehrlings vom dortigen Fernmeldeamt, brachte die Oma vollkommen aus der Fassung. Einen Tag vor ihrer Wochenendheimfahrt, plapperte sie euphorisch über das kommende sonntägliche Mittagsmahl. Beheimatet in einem Dorf bei Neubrandenburg, gab es an jenem Tag Stare, die ihr Großvater unter einem Netz vom Kirschbaum fing…
Angeblich sollte das Fleisch nach den tagelang gefressenen Knuppern schmecken.
Ähnliches gab ein Kollegen aus der Schokoladenbude kund, in der ich mal jobte. Selbiger Knabe fand in der letzten Mastphase seines Borstenviechs, wöchentlich einen Sack Kokosraspel weg. Weiß gar nicht mehr, wie viel hundert Ostmark solch Teil kostete…
Beim besten Willen konnte ich keinen Unterschied von seinem Edelschwein, zu einem Brösel Fleisch aus der Freibank erkennen, die sich gegenüber unserer Firma befand…
Oma besaß in manchen Situationen ein ausgeprägtes Ekelgefühl, einmal geschah Folgendes.
Zum Mittagsmahl gerufen, kam ich vom unteren Teil des Gartens in die Küche, in den geschlossenen Händen saß ein kleiner Laubfrosch, den ich noch vorher allen zeigen wollte. Großmutter gerade dabei, die Suppe am Tisch zu verteilen – auf meine Frage, ob ich ihr noch vorher ein Tierchen zeigen könnte, schlug sie meine Hände weg, der Frosch hüpfte geradewegs in den Topf. Nach drei, vier Schwimmbewegungen gab er sofort den Geist auf, Oma schrie erschrocken auf und kippte den Inhalt sofort in den Eimer unter dem Waschbecken, wo Essensreste für die Hühner gesammelt wurden, gleich danach gab es eine Kopfnuss. Danach erhielt Opa das verdorbene Behältnis, er kochte daraufhin für kleinere Reparaturen den Teer darin…
Die alte Dame half früher den Schlachtern, wenn Ziegen oder Schweine zerteilt wurden. Sämtliches Federvieh und Karnickel schlachtete sie. Nach dem traumatischen Gerücht einer gehässigen Nachbarin wurden die Langohren sofort verschenkt. Als selbige Klatschbase vernahm, dass sie bei Witwe S. zum Essen eingeladen waren, fragte sie hinterfotzig, „ob ihnen der eigene Dachhase gemundet hatte..?“
Wie es der Deibel wollte, kurz vorher war ihre Lieblingsmieze nicht wieder aufgetaucht… Weiterlesen