Tätowier-Kunst im Knasthotel von Kassel

Die andere Seite der 13ten dOCUMENTA

…Nie wieder in meinem Leben habe ich jemals wieder einen solch bauernschlauen Typen wie Ari kennen gelernt, der nebenher über ein unerschöpfliches Repertoire an Witzen und Geschichten verfügte, außerdem Unmengen von Kartentricks und Taschenspielereien kannte. Seinen gesamten Körper zierten Tätowierungen und zu jedem Bildchen gehörte eine entsprechende Story.
Dies mit den Körperbemalungen war sowieso ein Ding für sich.
Im Knast gab es “Drei mal Sieben” (21 Tage) verschärften Bunker, wurde man mit frischen Tattoos erwischt. Trotzdem schien es bei bestimmten Leuten die beliebteste Freizeitbeschäftigung zu sein. Da existierten farbige Gemälde, deren Herstellung Monate dauerten, ebenso ganz witzlose, selbst gefertigte Sticheleien.
Der um den Hals geschlungene Strick mit dem Spruch drauf: Mein Kopf gehört dem Henker! – war simpel. Die Jungs und Mädels übertrumpften sich gegenseitig mit ihren Malen und stellten sie stolz zur Schau.
Da prangte über dem Schwanz: Mamas Liebling, Vorsicht! Kein Trinkwasser!
Über den Sitzwangen stand: Durch diese hohle Gasse muss er kommen!
Einer hatte sich auf die Arschbacke eine Maus tätowieren lassen, die mit ihrem Vorderteil schon im Loch verschwunden war.
Hakenkreuze und SS Runen im Mund, hinter den Lippen, unter der Zungenspitze, auf der inneren Vorhaut, ganz winzige Ausführungen unter den Augenlidern…
Eine andere Variante des Sonnenzeichens fand sich auf dem zum Daumen gerichteten Seite des Zeigefingers wieder. War er ausgestreckt ergaben sich nur Striche, zusammengewinkelt das Hakenkreuz.
Den Sack optisch in einen Tabaksbeutel umgestaltet, den Schwanz als Reptil oder Schlange “verschönert”…
Zu fortgeschrittener Stunde, angezecht in der Bahnhofskneipe, erlebte ich in trauter Runde die Vorführung der bis dato witzigsten Tätowierung.
Rosemarie provozierte mit ihrer Art ungemein, wenn sie mal wieder unter uns hockte, um ihren Hormonhaushalt in Ordnung zu bringen. Ansonsten war das gestandene Weibsbild mit einem schwindsüchtig aussehenden Männchen verheiratet und vierfache Mutter.
Obwohl ihre Anwesenheit regelmäßig die Luft zum Brennen brachte, fand ich sie sehr nett. Urkomisch war immer der plötzliche Wandel aller anwesenden Typen, wenn diese Frauenzimmer auftauchte – regelmäßig begannen Balzereien, die blutig endeten.
In der oberen Bahnhofskneipe gab es fortwährend Probleme wegen der Sitzordnung. Vierertische durften bei den meisten Kellnern nicht zusammengestellt werden, also wurden sie etwas näher aneinander gerückt.
Tauchte dann noch Rosi auf, war alles zu spät.
Jeder wollte sie an seinen Tisch bugsieren. Bekanntlich guckte sie zur vorgerückten Stunde jemanden aus, um es anschließend ein paar hundert Meter weiter hinter dem Bahnhof, auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei, mit ihm ausgelassen zu treiben. Ein Spleen haftete ihr an. Madame trieb es nie zweimal mit dem Gleichen. Allerdings war ihr manchmal auch danach, sich gleichzeitig von mehreren vernaschen zulassen. Kam Rosel am entsprechenden Abend auf ihre Kosten, tauchte sie vor Schankschluss erneut auf und schmiss abschließend noch eine Lage.
Eigentlich war Rosemarie ein Aas, denn an solchen Abenden stellte sie ihre sehr weiblichen Attribute noch mehr zur Schau. Brachte damit jene ausgehungerten Jungs sofort zum Kochen, wenn sie durch die Kneipe scharwenzelte. Lachend wurden alle Leute rechts und links mit Ohrfeigen bedacht, die ihren strammen Arsch tätschelten wie den eines Drei-Taler-Gauls. Allein ihr großzügiges Dekolleté trieb so manchem untervögelten Kerl Tränen in seine Stielaugen.
Eines abends wurde Madame total fuchsig, als jemand behauptete ihre riesigen Titten würden hängen. Diese Bemerkung konnte so nicht im Raum stehen bleiben und führte nebenher zu einer kurzen, aber heftigen Schlägerei. Wobei man den “Verleumder” sofort durch die Kneipe prügelte und draußen die Treppe runter warf.
Anschließend wurde am Tisch noch weiter über die Form ihrer Brüste gestritten, was zu weiteren Verwicklungen führte. Man einigte sich schließlich, bei ihr die Bleistiftprüfung vorzunehmen. Wobei die Meinung aufkam, dass ohne weiteres unter Ihre Quarktaschen eine ganze Federmappe passen würde.
Meines Erachtens war dies noch geschönt!
Denn mir schien es, dass unter ihren riesigen Möpsen meine Schulmappe verschwinden konnte, was ich aber nicht zum Besten gab.
Irgendwann sprang die beleidigte Leberwurst auf, begab sich im Nachbarraum an den Tresen, kam mit einem doppelten Schnapsglas zurück und fragte keck in die Runde, wer denn nun immer noch der Meinung sei, dass sie hängende Brüste hätte. Ehe jemand etwas äußern konnte, lagen ihre immensen Wucherungen aus Bindegewebe frei, augenblicklich kauerte Rosi entsprechend auf der Sitzgelegenheit und stellte das Gläschen auf einer Rundung ab.
“Hängen sie nun oder nicht?”
Das Chaos wurde perfekt, denn fast alle meinten, dass sie mogelte, weil sie sich auf dem Stuhl zu weit nach hinten lehnte. Baff starrten wir auf ihre freigelegten Milchdrüsen, die auf dem angehenden Bäuchlein wie „mächtig, gewaltige“ Flaschenkürbisse prangten. Kreischend ergriff sie anschließend das Glas und kippte den Inhalt dem Nächstsitzenden ins Gesicht.
“Fakt ist! An diese Brüste kommen solche geilen Tiere wie ihr nicht…!”
In dem ganzen Durcheinander setzte Icke noch etwas drauf.
Während Rosemarie sich oben herum wieder ordnete, nestelte er an seinem Hosenstall herum.
“Icke hab zwar nich solch große Titten wie die Olle, kann aber mit wat anderem dienen, wat sicher ooch keener von euch hat!”
Dabei kramte er seinen erigierten Jogi raus und hielt ihn an die Tischkante, dabei konnten wir sehen, dass sich auf seinem Schwanz ein tätowiertes Bandmaß befand.
Das einhergehende Kreischen und Lachen brachte die Trapo auf den Plan, wir mussten augenblicklich bezahlen und wurden vom Bahnhofsgelände verwiesen…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert