Doris Dörrie hat wiedermal zugeschlagen – “Dieses schöne Scheißleben”

Kino4Einfach große Klasse, was Doretta da nicht zum ersten Mal kreierte.

In ihren Filmen finde ich es stets affenscharf, wie sie ewig irgendwelche Kleinigkeiten einbaut – seien es nur Sequenzen von wenigen Sekunden – die heutzutage mehrheitlich von der Masse überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden.

Mich erfreuen solche winzigen Raffinesse immer wieder aufs Neue, denn inzwischen geht es doch BEI UNS nur noch um bombastische Sachverhalte, die letztendlich zum Wohlbefinden der Menschheit führen sollen. Wobei keiner der dafür verantwortlichen Flachzangen auch nur ansatzweise irgendeinen akzeptablen Plan aus dem Hut zaubern kann. In unmittelbarer Umgebung und bei ihren medialen Selbstdarstellungen verkaufen sich jene großen Macher aus Politik und Wirtschaft permanent als netteZeitgenossen. („Nett“ ist für mich etwas ähnliches wie Scheiße – allerdings einer Form von Scheiße, weit entfernt vom Verständnis der Mexikaner und jener Aussage des Filmes.) Schaut man aber hinter die Kulissen der Stare, bleibt von vielen recht wenig Persönlichkeit übrig, wobei nebenher jeder registrieren könnte, wie perfekt sie ihre Unzulänglichkeiten bereits optimal an die Brut weitergegeben haben – Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen – was UNSERE Gesellschaft zum Überleben aber noch weniger braucht. Es geht ja nicht nur mir so, langsam sollte es doch reichen, wo UNS die Altvorderen hinein laviert haben und dies auch ohne unsägliche Leitsprüche der Vergangenheit.

Beginne mal mit einem Dörrie-Streifen von 1985, den sie in damals in Südchina drehte. Wenige Wochen bevor ich dorthin reiste, lief er in der Glotze – viele Totalaufnahmen, kein dämliches Gequatsche, nur mit O-Tönen versehen.

Rotchina live, war dann doch etwas anderes. Anschließend fasste ich einen weitreichenden Entschluss für meine anschließenden Trips. Dazu trug damals auch das Pack von selbstherrlichen Kommunisten Funktionären bei, Parteisekretäre mit zentimeterlangen gekräuselten Fingernägel, wie zopfbehangene Mandarine aus längst vergangenen Zeiten, die uns langweilten mit hehren Sprüchen vom Großen Vorsitzenden…

Nach jener ungewöhnlichen Tour, wollte ich nie wieder in Länder reisen, wo es der breiten Masse viel mieser geht als mir, was in den folgenden Jahren dann auch geschah.

Es existiert wenig Folklore auf UNSERER Erdenscheibe, die ich nicht ab kann, wobei Mariachi schon seit meinen ausgehenden Kindheitstagen einen großen Stellenwert einnahm. Hinzu kommt ja auch der spätere Einfluss auf die amerikanische Popmusik. Wer erinnert sich in meinem Alter nicht an den absoluten Jahreshit und Nonsens-Song (Wikipedia) von 1965: Wooly Bully!

Leider war es in den beginnenden 1960gern nicht einfach, öfters Mariachi und die abgewandelte Form für Weißbrote, den Tex-Mex-Sound, öfters einzuziehen. Dies ging nur sporadisch und dann aber tief in der Nacht auf AFN.

Manchmal erreichte mich zwar der Tip, dass solche Mucke auf irgendeinem Zonensender lief, so alibimäßig unter dem Feigenblatt der internationalen Volksmusik. Was mir aber am Arsch vorbeiging, da ich grundsätzlich keine Ostsender einzog.

Als mich die Scheffin gestern fragte, sie wollte mit einer Freundin in den Film, ob ich mitkomme, da gab es keine Frage. Allerdings passte es mir nicht so richtig, dass sich die beiden Mädels dafür ein Kino in der Touriefalle der Hackeschen Höfe ausgesucht hatten…

Gegen 17 Uhr verpisste ich mich von der Tastatur, wollte nämlich einen Zeitzeugen wegen des Schölerschlößchens nerven, es ging um einen Artikel im TAGESSPITZEL.

Als Gesellschaftstrinker und Quartalssäufer sackte ich mit Herrn Dr. A. und Herrn Dr. W. etwas ab. Hinzu kam heute in der Pinte, dass tolle nostalgische Mumienhits in einer Lautstärke liefen, wo man sich richtig gut unterhalten konnte. Merkwürdigerweise erinnerte mich ein Hit entfernt auch an Mariachi, Kris Kristoffersons „Bobby McGhee“. Wobei mir die Variante von Janis Joplin immer besser gefiel, bis zu dem Zeitpunkt, als mir vor Jahren die Mutation Me & Bobby Mc Ghee  von Rita Chiarelli (Wer kennt die Braut überhaupt?) unterkam. Zwischendurch lief ein Hit, wo der grauhaarige Kiezwolf meinte, das ist doch von Elvis, klar – allerdings von Dilbert McClinton (Wer kennt überhaupt diesen Knaben?) interpretiert. In meinem Archiv stehen ein Haufen Scheiben von ihm, die ich bestimmt 10 Jahre nicht mehr aufgelegt habe, allerdings sind seine Hits momentan immer noch in der Birne abrufbar, was aber rapide abnimmt – erinnerungstechnisch in allen Lebenslagen…

Irgendwann landete ich wieder in den häuslichen Gefilden und wusste anfangs nicht wie es weitergehen sollte. Leuchtete erst mal etwas die Tube in allen möglichen Richtungen ab und dann gings an die Tasten.

Wo war ich überhaupt stehen geblieben?

Ach so, es ging ja um besagten Film.

Weiß gar nicht, wann es mir plötzlich aufkam, dass ich während des Films sauwütend wurde, weil ich ja als Kind den Wunsch verspürte, Klavierspielen zu lernen und dieses Bedürfnis anmeldete, da Großmutter jenes Instrument sehr gut händelte und ihre Tochter ebenso. Die Mutter meiner Schwester aber auf dem Standpunkt verharrte, dies wäre ein kleinbürgerliches Relikt und ich schließlich Pilot bei der Volksarmee werden sollte. Sie hintertrieb sogar sämtliche Versuche ihres Vaters, mir Mundharmonikaspielen beizubringen…

Die Alte war total krank, denn zu dem Zeitpunkt hatte man bei mir bereits eine Skoliose diagnostiziert. An den D-Tagen ging es zum orthopädischen Turnen runter in die Stadt, nebenbei verpasste man mir am Absatz des rechten Hufs eine Erhöhung von zwei Zentimetern. In den ersten drei Schuljahren, als Ableger einer stalinistischen roten Zecke in der Schule sowieso nicht wohl gelitten und deshalb von Lehrern und Schulkameraden laufend gemobbt, kam nun noch hinzu, dass mich einige nazistisch vorbelastete Schulkameraden auch noch als Goebbels titulierten…

Fünf Jahre später, stand mein musikalische Fortkommen weiter unter einem ganz ungünstigen Stern. Nun im Heim, wollte der Heimleiter mich unbedingt in den Fanfarenzug integrieren. Sein Faible kam noch aus der Zeit als er bei der HJ einen solchen Trötenverein leitete.

Will mal kurz meinen mehrmonatigen musikalischen Werdegang schildern.

Mit der Fanfare klappte es nicht, wegen meiner großen Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen, den anschließenden Versuch an der Landsknechttrommel lehnte ich wegen der zusätzlichen Sperenzchen ab. Aus Protest verkrümelte ich mich in die Folkloregruppe seiner Frau und begann zur Gaudi aller weiteren Delinquenten mit der Blockflöte, was der Tante nicht gefiel. Ich sattelte auf Mandoline um, betätigte mich parallel dazu aber schon in der Laienspielgruppe. Beackerte dann zu Hause meine Oma wegen einer Gitarre. Sie bestellte so ein Teil in der Nachbarkreisstadt, die kostete 160 Märker, sehr viel Knete 1963!

Brachte mir das Spielen fast ausschließlich selber bei, allerdings linkshändig und konnte irgendwann sämtliche Schnulzen vom Westen schrammeln.

Dann tauchte eine junge Erzieherin auf, die mich überredete nochmals von vorn zu beginnen aber andersherum. Sie selber spielte lediglich auf einer E-gestimmten Klampfe Idioten-Barré, allerdings hörte ich von ihr erstmalig etwas vom Bottleneckspiel und das fand ich geil, ließ es aber bald wieder sein.

Dann waren die Beatles und Stones da. Plötzlich änderte sich alles. Auf meine Klampfe pappte ich sofort die Pilzköpfe, obwohl aus dem NEUEN DEUTSCHLAND, allerdings aus einem Antiartikel! Daraufhin wurde das Instrument sofort eingezogen und landete zwangsweise zu Hause.

Damit endete jegliche kulturelle Betätigung meinerseits, was mit neuen Hudeleien einherging.

Dann war da noch mein R100 und der Kasten bereitete mir wieder ganz anders gelagerte Schwierigkeiten…

Das ging mir alles während des sehr schönen Films peripher durch die Birne, dann kam die Krönung!

Ich weiß nicht ob es mit den Düften zusammenhing, die ewig entlang waberten.

Es passieren bekanntlich Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich nicht erklären lassen – so auch gestern. Weshalb mir kurz vor Schluss noch einfiel, dass diese widerliche Frau, die ich ja mal Mutter nannte, heute Geburtstag hatte und ich vor genau 39 Jahren in Gießen landete…

Jetzt reicht es aber!

Nur noch eine abschließende Bemerkung.

Ehe ich an den Counter ging, befragte ich noch andere Zuschauern zur Luftqualität und wollte wissen, ob ihnen auch etwas aufgefallen sei, was ganz bestimmte Geruchsnuancen betrafen.

Es ging anderen Gästen ähnlich.

Leider versagte mein Aufnahmegerät, deshalb hier mein Worte.

„Entschuldige Scheff, ich muss unbedingt etwas loswerden. Dass der gesamte Lokusbereich stinkt wie Wanderscheißhäuser in der Taiga, ist ja die eine Seite, dass sich aber der Gestank während der Vorstellung in den Zuschauerraum breitmacht, fand ich wirklich nicht witzig!“

„Das hat bisher niemand gesagt…“

Vielleicht handelt es sich ja bei den dortigen Angestellten um Geruchsfetischisten

Fußnote:

Am Reformationstag könnte man eine andere Art Folklore einziehen, allerdings in Schweineöde, im Double Inn.

Ab 20.00 Uhr geben sich dort „Barrelmen“ die Ehre.

Die Band und den Laden kann ich empfehlen, kenne beide!

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