Wiedereröffnung vom „Café Haberland“ im oberen potthässlichen Glaskasten der U-Bahnstation „Bayerischer Platz“

Eigentlich bin ich dort nur zufällig gelandet, weil die Flüchtlings-Veranstaltung der „Auen-Kirche“ um einen Tag verschoben wurde.
Im Café sollte es hauptsächlich um das neue Konzept der Bewirtschaftung gehen und dann im Anschluss noch eine Lesung geben: “Spazieren in Berlin”, Baujahr 1929, von Franz Hessel. Da mir der Schilderer unbekannt war, außer der netzlichen Kurzinfo, ging es dort hin.
Wusste aber nicht, dass die Veranstaltung nur über Anmeldung lief. Sechs Leute lungerten außerhalb der Reihe bereits dort herum. Schließlich erschien eine gemeldete Frau mit ihrem Freund im Schlepptau, der Typ sollte dann auch warten, bis wiederholt eine Absage erfolgte. Nach einer Zigarettenpause vorm Eingang, gingen beide an den Empfangsdamen vorbei, mit dem Spruch, dass sich ihr Bekannter ober auf den Boden setzen wollte. Da kein Einspruch erfolgte, schloss ich mich beiden an und ließ die gleiche Begründung ab. Ruckartig tapperten die sechs Wartenden auch die Treppen hinauf, im Restaurant wurden noch etliche Klappstühle verteilt.
Eine Tante der örtlichen Initiative “Quartier Bayerischer Platz” eröffnete klitternd den Abend, redete viel sagte aber nichts konkretes, hieß abschließend den neuen Interimspächter willkommen, der, wie sich herausstellte, den Laden bereits übernommen hatten. Ansonsten bleibt wohl doch alles so wie gehabt.
Beginne mal mit meinem Gefühl, welches mich während der Einweihung vor einem Jahr bereits krallte. Was soll denn dieser hässlich Kultur– und Restaurant-Tempel eigentlich darstellen?
Um eine totale Verglasung zu gewährleisten, wurde die Statik recht merkwürdig gestaltet, deshalb stehen mehrere Säulen auch im oberen Schankraum zwischen den Tischen herum.
Wurde der Entwurf etwa von einer koksenden Architektengang im Puff entworfen? Auf der anderen Seite mögen neureiche Bauherren jene pimmelartigen Stützen auch. Kann jeder in Randberliner Gefilden begutachten, wenn in althergebrachten Villenvierteln Lückenbebauung erfolgte, einfach zum Kotzen dieser moderne Heimwerker-Schick heutiger Bausparfüchse.
Wenn ich mir nur vorstelle, wie viel Knete monatlich allein durch den permanenten Betrieb der Raumkühlung flöten geht, bei den Heizkosten in den restlichen Monaten wird es nicht anders aussehen.
Also, nach knapp einem Jahr ging der Café-Pächter im umgestalteten U-Bahnhof Bayerischer Platz in die Knie.
Als ganz billiger Sparwitz kann die Begründung des ehemaligen Pächters gelten, aus seiner Sicht war die fehlende Bereitschaft der zechenden Zunft daran Schuld, für die angesagte gastronomische Qualität auch entsprechende Preise zu zahlen, deshalb ging sein Konzept mit Kaffeespezialitäten, Wein und Snacks nicht auf. Zweimalig besuchte ich den Laden, auf altdeutsch gesagt, die Qualität des Angebote war unter aller Sau, einschließlich der dargeboten Dienstleistungen des Personals.
Dabei ist in meinen grauen Zellen hängengeblieben, das die Kaffeehauskultur bei der BVG mit Tradition behaftet sein soll, fragt sich nur wer da welchen Maßstab anlegte!
Für mich stellte sich gleich zur Eröffnung die Frage, welchen Stellenwert sollte diese multifunktionale Restauration eigentlich bekommen? Selbiger Laden wurde nämlich keinem der angedachten Kulturmerkmale gerecht, weder der eines gutmenschelnden, mit etwas Philosemitismus behafteter Erinnerung an das vergangene Bayerische Viertel, nebst seiner vertriebenen und gemeuchelten Bewohner. Eine fair durchdachte Geschichtsbetrachtung ist den monströsen Apparaturen auch nicht zu entnehmen, läuft alles mehr auf den Alibicharakter heutiger Historienbetrachtungen hinaus und alles sollte mit bezahlbarer Gastronomie vermengt werden?
Wer waren denn die ahnungslosen Optimisten, denen solch Wolkenkuckucksheim vorschwebte? Gehört dazu etwa auch die BVG-Schefffin Sigrid Evelyn Nikutta, eine gelernte Pücholochin, die mal als Begründung abließ, welche berufliche Qualifikation sie als ganz große Macherin der Verkehrsbetriebe auszeichnen würde: Sie könne mit Menschen!
Oder standen mopsfidele ältliche Jungs und Mädels der Initiative “Quartier Bayerischer Platz” dahinter, die meinten, in der Hütte einen modernen Seniorenclub zu etablieren?
Den Vortrag fand ich gut, auch die Tatsache, dass ab und an kurze Ergänzungen einflossen. Allerdings hätte der Mann den Hinweis fallen lassen können, er wolle in einem Text von 1929 den Begriff „Neger“ nicht in den neuzeitlichen Sprachgebrauch übertragen – es erfolgte kein Widerspruch!
Bis zur Pause blieb ich nur, da mir die Schilderungen von Hessel gefielen, ansonsten war das restliche Drumherum mehr als gewöhnungsbedürftig. Dazu gehörten die lauten Geräusche der Kühlanlage, das ewige Gequatsche des Personals, alles verbunden mit entsprechender Geräuschkulisse hinter dem Tresen, die so in einer Kneipe halt anfallen. Hinzu kamen Verkehrsgeräusche von den beiden Ampelkreuzungen unmittelbar an den Enden des Gebäudes.
Fau K. aus S. hatte aus ganz anderen Gründen einen Zappen, kurz nach ihrer Ankunft 19 Uhr 30 orderte sie ein Glas Wein, was sie bis 21 Uhr nicht bekam. Mit anderthalb Stunden Wartezeit beglückte mich noch nicht mal der abgetretene Pleitier, als ich im letzten Jahr auf der Terrasse seiner harrte…

Fazit:
Der Verein will offenkundig so weiter wursteln wie bisher, die gastronomischen Rahmenbedingung erscheinen noch unprofessioneller und das gleich von Anbeginn, schon eine nicht zu unterschätzende Leistung.
Letztlich läuft alles irgendwie – bei Senatens ist es auch nicht anders und Änschie´s lustigen Verein will ich da gar nicht miteinbeziehen

Zwei positive Ergänzung gibt es abschließend noch.
Unter dem merkwürdigen Café befindet sich das „Brutzelstübchen“, nach wie vor mit gleicher Qualität, abgesehen davon, dass Wurstmaxe manchmal etwas brummig ist, aber dies hat man für umsonst.
Ansonsten existiert in Richtung Sonnenuntergang, 100 Meter von der U-Bahn entfernt, auch seit einem Jahr: „Mr. Gyros“!

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