(I) – NZZ, 12.Okt. – Wir sind zum Vertrauen verurteilt

Alle Welt misstraut: der Politik, Journalisten, der Wissenschaft, Muslimen und den Versprechungen von Autoverkäufern.
Muss damit beginnen, letztlich beinhaltet Vertrauen im zwischenmenschlichen Bereich, sei es nur unter zwei Individuen, eine korrekte Wechselbeziehung auf gleicher Ebene. Mir wurde jene Umgangsform nur einmal im Leben zuteil, eine Frau darunter, zu der allerdings auch nie sexuelle Ambitionen aufkeimten. Es handelte sich um meine Oma mütterlicherseits…
Stimmt nicht ganz, fast hätte ich Mar… vergessen, eine sehr attraktive Milf, die damals mehr als doppelt so alt war, wie meine Wenigkeit und ich jünger als ihre beiden Söhne. Allerdings dauerte jenes blinde Vertrauensverhältnis lediglich ein Wimpernschlag! Alles geschah im Sommer 1971 beim Trampen, von Freitag Nachmittag bis Sonntagabend…
Dies wäre aber auch eine ganz andere Geschichte.
Möchte eine Verknüpfung zu dem folgenden Artikel herstellen: Drei Menschen erzählen, wie ihr Vertrauen missbraucht wurde: von der Partnerin, der Mutter, dem Chef – wo eine Frau über ihre Mutter spricht. Dort könnte ich lediglich mehrere gleichlautende Ergänzungen hinzufügen.
Die jahrzehntelange Gehirnwäsche, hatte Spuren in mir hinterlassen, was meinen Erzeuger anging – ein schwarzes Loch in den grauen Zellen.
Erste Aufklärungen erfolgten, da war ich Anfang 20, sie resultierten aus einem Missverständnis heraus. Hatte kurz vor Schichtschluss meine Lohntüte erhalten, ohne drauf zuschauen, auf der Rückseite meinen Wilhelm gemacht, wunderte mich allerdings kurz, weshalb wesentlich mehr Kohle darin lag als sonst und sofort ging es in den Blutigen Knochen zu Lisbeth…
Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass man mir den Restlohn eines Angehörigen, der Mischpoke meines Alten, ausgehändigt hatte…
Natürlich ging jene pekuniäre Verwechselung im Meisterbereich herum, worauf mich auch der Chef von den Rundmachern ansprach. Da lebte ich bereits mehrere Jahre mit Heinz P. in der gleichen Platte, sogar im selben Eingang und wusste bis dato nicht, dass mein Anrührer ein guter Bekannter von ihm war. zu beider Schulzeiten.
Jene Problematik wurde am gleichen Abend, diesmal allerdings im Klosterkeller ausdiskutiert, besser gesagt, der Kollege wurde von mir ausgiebig gelöchert und ich schien anschließend leicht deformiert zu sein.
Danach kam mir kurz, den Kerl mal aufzutreiben. Ließ es aber sein, denn eigentlich existierte er für mich ja nie, wenngleich nun ein ganz anderes Bild von ihm entstand, weil wir zeitlebens von seiner Ex ganz harsch angelogen wurden.
Eins ihres fiesesten Spielchen lief so ab.
Wusste die Alte nicht weiter, ging sie zur Bodentreppe und kam triumphierend wedelt, mit der dort hängenden Nagaika zurück, jetzt werde ich dir den Hosenboden versohlen, wie es deine Vater früher tat.
Dabei hatte er nie solche Ambitionen gehabt, der schrie noch nicht mal vor seinen Kindern herum.
In meinen wüstesten Träumen tauchte er immer als Untier auf, welches hemmungslos prügelte, vollkommen unpolitisch war, sich mit allen Leuten stritt, ewig soff und allerorten als arbeitsscheu galt…
Wenn ich es gewollt hätte, Heinz war bereit, vor meiner Mutter endlich ihr Lügengebäude zum Einsturz zubringen, legte darauf aber keinen gesteigerten Wert.
Großmutter mochte ihren Schwiegersohn eben sowenig, statt mal im Garten etwas zu tun, hockte er lieber neben seinem Koffergrammophon, hörte Swing- und Jazzplatten, las dabei oder pflegte penibel und sehr ausgiebig seine Fingernägel…
Über zwanzig Jahre versank der Mann dann wieder in den Tiefen meiner Hirnwindungen.
Zu beginn der 1990er begann eine Bekannte, zu insistieren, um irgendwann wirklich deine Ruhe zu finden, solltest du endlich beginnen, deinen Vater zu suchen!
Gott nochmal, der Typ war für mich gestorben!
Dann kam es doch zu einer Wende, allerdings aus finanziellen Gründen…
Hatte mich Ende 1989 aus meinem Mietvertrag freikaufen lassen, für 15 000 Steine. Davon gingen ein Tausi für Getränke und Fressereien an Silvester drauf, bezahlte meine außenstehende Verbindlichkeiten und streckte den Rest auf mehrere Monate. Dann gab es wieder Schwindsucht in der Geldkatze und mir fiel ein, dass der Alte früher für seine Kinder Alimente gezahlt haben musste, nachdem er in den Westen abgehauen war.
Erkundigte mich daraufhin bei der Gräfin v. d. S., nach den Möglichkeiten, an die eventuelle Kohle heranzukommen. Die meinte prompt, bist wohl verrückt? Das geht gar nicht, sollte irgendwo Geld deponiert sein, stände es euch zwar zu. Aber bedenke, falls dein Vater noch leben sollte, vielleicht als Sozialfall, da würdest du für ihn zur Kasse gebeten! Nur keine schlafenden Hunde wecken!
Sie wollte sich aber ganz unverbindlich beim Sterberegister seiner Geburtsstadt erkundigen, ob er überhaupt noch lebte.
Wochen später – kein Eintrag vorhanden!
Damit reichte es mir wieder, auf weitere Suche wurde meinerseits verzichtet.
Ein halbes Jahr später, erreichte mich aus Erfurt die Anfrage, zwecks einer Erbschaft.
Man will es kaum glauben, aber in der Woche, als die Gräfin ihr Nachsuchen startete, hatte er den Arsch zugekniffen!

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