COCAINE-TIMUR UND SEIN TRUPP – ’78

Natürlich wurde am Biertisch auch darüber spekuliert, wie man schnell eine dicke Ma­rie machen könnte, um anschließend für immer in die Karibik zu verduften – Licht, Luft, Sonne, Käthen und das beste Gras wo gibt.
Was aber, wenn man bürgerlich gehandicapt ist?
Irgendwann gehen einem diese eckigen Seifenblasen mächtig auf den Keks.
Trotzdem tauchte immer mal wieder jemand auf, für den es ein Bedürfnis schien, uns zu langweilen, um sich dabei verbal einen runterzuholen. Jene Nervensäge spielte damals ein junger Typ, ebenfalls aus Ostberlin, sein Lebenslauf glich Bummis, nur schien er etwas besser drauf zu sein. Eines Tages kam er ganz aufgeregt an unseren Tisch, gab zum Besten, dass ihn ein älterer Herr für eine Woche nach Thailand einlud. Schien nichts Ungewöhnliches zu sein. Klar, konnte ja schließlich jedem passieren.
Von Achim kam nur: „Entweder du bist jetzt auch für die Frauen­welt verloren, oder dein netter Herr weist dich als Kurier für harten Dope ein. Na dann viel Spaß!“
Richtig wütend verschwand unser reiselustiger Genosse.
Hier möchte ich alles arg verkürzen.
Er kam braungebrannt retour, um ein paar Wochen später wieder gemeinsam nach Bangkok zu jetten. „Und Leute – nix mit schwul und so.“
„Dann das andere!“
„Ihr Idioten seid doch nur neidisch…“
Diese geschwätzige Flachzange stand vor seinem letzten Trip nochmals im Zil­lemarkt auf der Matte, „Ätsch – ihr Blödmaxen, ich mache jetzt eine Reise über Thailand quer durch die USA. Ich werde euch schreiben!“
Mittlerweile schon ein weit gereister Weltmensch, flog unser Traveller allein von Bangkok über San Francisco nach New York. In NYC wurde er gefragt, ob er einen kleinen Lederkoffer für den netten spendablen Herrn mitnehmen könne, den selbiger, welch Pech, leider ein paar Tage vorher vergaß. Natürlich konnte er.
Ihn übermannten in der Situation sicher Erinnerungen aus Kindheitstagen. Denn als Ableger roter Zecken schien er bestens mit „Timur und sein Trupp“ vertraut. Kernaussage jenes Bolschewiken-Bestseller für Heranwachsende: Jeden Tag eine gute Tat. Warum soll­te er da nicht seinem Reisesponsor einen Gefallen tun?
In Frankfurt wurde unser Spezie hopp genommen, mit von der Partie waren sei­ne beiden Sitznachbarn aus dem Flieger. Als unbedarfter Drogenkurier und guter Pionier bekam er nur vier Jahre aufgebrummt. Allerdings war die Angelegenheit noch mit einem kleinen Haken behaftet, denn er stand wegen jener Gefälligkeit beim deutschen Zoll mit 280 000 DM in Kreide, für illegal eingeführten Koks.
Ein dreiviertel Jahr später.
Mit Freunden lungerte ich in Europas größter Diskothek dem „Sound“ rum. Plötzlich stand Achim aufgeregt neben mir: „Alter, wir haben eben unseren weit gereisten Freund getroffen, der eigentlich noch in Tegel hängen müsste. Der meinte nur, als ich ihn anquatschte, dies wäre eine Verwechselung, allerdings verdünnisierte er sich daraufhin verdammt schnell.“
Tja, es gibt Leute, die versuchen nie, über ihren Schatten zu springen.
Da schien er doch schon wieder jemandem einen Gefallen zu tun, aber einen, der tödlich ausgehen konnte. Wir nahmen an, dass unser Timur nun für den Trupp des Rauschgiftdezernats auf dem Strich ging.

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