da bestimmt nur wenige in „Blumen blühen auf Befehl“ die Zeitungsausschnitte lesen können, weil alle Zeitungsschnipsel in Frakturschrift vorliegen.
Ähnliches betrifft sehr oft Dokumente in Museen und Ausstellungen.
Immer wieder kann jeder feststellen, dass ein Haufen Zeug präsentiert wird, welches neben Frakturschrift sogar in Sütterlin abgefasst wurde.
Wenn ich mit Freunden solche Sachen anschaue, stellte es für mich kein Problem dar die Übersetzungen zuliefern. Oft habe ich aber dann zusätzlich recht distanzloses Pack an der Backe kleben. Das Entziffern bereitet manchmal doch leichte Schwierigkeiten, wenn es sich um krakelige Schrift handelt und fremde Leute auch noch schnurrig werden, weil es ihnen zu lange dauert, dann ist aber alles zu spät. So geschehen vor zwei Jahren im DHM bei Hitler. Ich hackte entsprechend zurück und ward wenigstens für kurze Zeit die Leute los.
Ganz schlimm ist teilweise die eben angesprochen Situation im „hochgelobten“ Jüdischen Museum.
Dort ist mir allerdings noch ein anderes Missgeschick widerfahren.
– Kurz vor Betreten des Objektes rauchte ich noch eine vorläufig letzte Zigarette und da fiel mir plötzlich ein, dass ich meine Weste hätte zu Hause lassen sollen. Anna beruhigte mich, da es bestimmt Schränke gäbe, wo man das Teil einschließen konnte – aber Anschiss.
Vor uns mehrere Rudel von Schulklassen, vielen sah man an, dass sie keinen richtigen Bock hatten für einen stundenlangen Aufenthalt in den Ausstellungsräumlichkeiten.
Warum bringen Pädagochen eigentlich niemals den Mut auf und befragen ihre Schüler vorher, ob sie überhaupt Interesse für solche Art von Schulausflug aufbringen würden?
Gerade dort fragte ich mich mal wieder, was wird nun höher bewertet, gruppendynamisches Verhalten gepaart mit geheucheltem Geschichtsinteresse oder der von oben verordnete Philosemitismus…
Auch diese Kids wurden hochnotpeinlich von den Sicherheitskräften kontrolliert.
Es wäre für uns besser gewesen, in dieser Situation beizudrehen.
Als wir endlich an der Reihe waren, konzentrierten sich alle auf die Weste. Wegen des Kindes unterdrückte ich meinen anfänglichen Groll. Kurz darauf hingen drei Security-Knechte an dem vor ihnen liegenden Corpus Delicti und die Kontrolle uferte vollkommen aus.
Als ich äußerte, dass mir dies alles zu viel sei und die Klamotte retour haben wollte um zu gehen, rückten sie das Teil nicht sofort wieder raus, sondern schnüffelten weiter, bis alles peinlich genau untersucht hatten.
Meine abschließende Bemerkung ließ ringsherum alle verstummen.
„Danke für diese Erfahrung! Mir kam gerade das Gefühl auf, dass sie mich eben wie einen Palästinenser behandelt haben…“
Wie gesagt es existiert dort viele Originale in Vitrinen. Bei den Papieren sind häufig die gedruckten Passagen in Frakturschrift gehalten und die handschriftlichen in Sütterlin. Hinzu kommt oft die merkwürdige Präsentation der Dokumente in tiefen, betonierten Schaukästen im Mauerwerk, alles verglast mit fettem Sekurit und drinnen sind viele Teile weit nach hinten ausgestellt. Um alle einigermaßen betrachten zu können, bräuchte ich zuweilen mindestens drei Brillen mit verschiedenen Sehstärken. Hinzu kommt die sparsame Ausleuchtung der Schriftstücke, da lässt sich natürlich nichts verändern, wegen der Gefahr des Ausbleichens aller Papiere.
Allerdings stellt sich mir sofort die nächste Frage. Aus welchem Grund sind Kuratoren ewig so geil auf Originale, zumal sie doch keiner lesen kann, sei es wegen der Schriftart oder den Sehschwächen von Besuchern? Letztlich würden doch gut ausgeleuchtete Replikate vollends genügen.
Bei einigen großen Ausstellungen, im alten Westberlin, wurde mir zugetragen wie die Vorbereitungen abliefen. Damals spielte Knete noch keine entscheidende Rolle, in Konkurrenz zu Ostberlin konnte aus Töpfen ohne Boden geschöpft werden.
Nach tagelangem Brainstorming lag lediglich die Erkenntnis vor, wie viele Quadratmeter Ausstellungstücke vorhanden waren und die Summe der vollzupappenden Fläche an den Wänden, abzüglich der Stücke für Vitrinen…
Dann weiteres Brainstorming – zum Schluss kam in der Regel etwas vollkommen chaotisch heraus ohne den berühmten Faden.
Eigentlich kann ich mich nur an eine große und sehr gelungenen Ausstellung erinnern (alle meine Bekannten ebenso), an “Pharaonen-Dämmerung” im Sommer 1991.
Sicher wurde sie nur deshalb ein Volltreffer, weil zwei französische „Laien“ alles in ihre Hände nahmen…
Kommt hinzu, beide waren bestimmt Kiffer und keine Alkis!?
Die Vermutung lag nahe, wegen der Geräuschuntermalung in den Räumlichkeiten – sie benutzten dazu „Passion“ von Peter Gabriel – eine geile Mucke zum Harzen