Bevor ich übergehe zu: „Leben im Überschall“ und mir dabei die Flöhe aus meinem Pelz schüttle, beginne ich mein Fell zu striegeln. Was heißt, so als Nebeneinleitung wird im Urschleim gequirlt.
Als ich mich Ende der 70er auf dem Zweiten Bildungsweg bemühte mein Neckermann-Abitur zu erlangen, lief mir am BK ein Le(H)erkörper (ein Pädagoche in lila Latzhose und fettigem Haarkranz) über den Weg, der zu jeder Projektwoche eine Theweleit-Hocketse abhielt und damit kokettierte, dass er mit dem Verfasser besagter Männerphantasien, befreundet sei.
Zu eben dieser Zeit durchlebte ich die symbiotische, sexuelle Notgemeinschaft mit einer Buchhändlerin. Das Fräulein jobbte in dem großen Büchertempel am Reuterplatz. Als Angestellte konnte sie jedes verkäufliche Buch für wenige Tage ausleihen, also drückte sie mir eines abends, süßsauer lächelnd, DEN Theweleit in die Hand, “´n Bestseller, solltest du mal lesen!“ Madame schien zu vergessen haben, dass ich grundsätzlich keine Kassenschlager einzog. Aus langer Weile tat ich es dann doch. Drehte mir ein Dreiblatt und blätterte lustlos, zwischen den Boxen liegend, in dieser Publikation herum. Stellte bald fest, da schien jemand mächtig bei Magnus Hirschfeld abgekupfert zu haben. Musste aber trotzdem öfters auflachen, was zu einem Streit führte. Ähnliches geschah auch, wenn ich Camis Frauenliteratur begutachtete.
O.K., dachte ich mir, dass Buch liest du jetzt nicht weiter, meldest dich aber bei diesem Softie an. Am entscheidenden Tag, der Raum erstrahlte in den unterschiedlichsten Abtönungen von Weibermischfarbe, ging es nach meinem obligatorischen Pausenhörnchen zu Kafka. War auch nüscht, den Rest der Woche verbrachte ich sinnvoller.Am letzten Donnerstag sah ich diesen Artikel über Jimi.
Kai Müllers Text brachte mich so auf, dass ich beschloss am nächsten Tag zu dieser Lesung im Brechthaus zufahren.
Ich wollte wissen, wieso muss dieser Vielschreiber und Herr Professor T. ein solches Buch verzapfen, und wie wollte er sich da herauswinden.
Theweleit und Höltschl, „beide profunde Kenner der Medientheorien McLuhans, Lloyd deMause’ und Vilém Flussers, gehen sie der Beziehung von Bewusstseinserweiterung, elektrischem Strom und himmlischen Sehnsüchten nach.“ He?
Kann diesen gewaltigen Satz auch auf den Papst beziehen, der verkauft sich doch ebenfalls als profunder Kenner was die Vögelei angeht und hängt sich deshalb in jede Abtreibungsdebatte mit rein? Wie ist das zu verstehn?
Oder anders ausgedrückt –
Mir kam es vor, als ob T. und H., nur secondhand Informationen etwas intellektuell verbrämt unter das Volk bringen wollten und der eigentliche Jimi dient dabei nur als Aufhänger. Vielleicht hätten sie ihr Ding mit Harald Juhnke aufziehen sollen, wegen der profunden Kenntnis irgendwelcher Medientheorien und sich damit einen Gefallen getan.
Total ins lächerliche stürzte alles in diesem Moment, als T. versuchte, die technische Vielfalt der Musikinterpretationen von Hendrix zu erklären.
Da fiel mir folgendes ein: Ähnliches käme zustande, wenn der Schefff im Vatikan, auch ein profunder Kenner vieler Sexualtheorien und Praktiken sich herablassen würde, um über Ilona Staller etwas aufs Papier zu bringen. Er, darin die visuellen Darstellungen einer Gangbang-Party schilderte und dazu Cicciolinas geiles Tun tiefgründig definierte.
Ob Herr Klaus T. jemals in seinem Leben Musik gesehen und Farben gehört hat?
Später stellt sich heraus, was die billigste Elektrophysik (Übersteuerung mit Hilfe der Klampfe in der Nähe von Kabeln und elektronischen Gerätschaften) angeht, da hat er genauso eine Glatze wie der Moderator.
„Überdies machen dem Leser eine sprunghafte Dramaturgie, kryptische Querverweise und psychoanalytische Nebenstränge die erwünschte Wiederentdeckung des Gitarrenmagiers nicht leicht. Aber das ist der Theweleit-Sound (Viel reden und nichts sagen). Er schreibt, wie Hendrix Gitarre spielt: Das Denken franst aus, als würde es durch Wah-Wah, Fuzz- und Distortion-Effekte (Über dieses Wort stolpert die Zunge des Conferenciers ebenso wie die von T.)
Was soll ich noch ablassen?
T. scheint immer noch der alte linkslastige Softie zu sein und deshalb auf seiner Hausseite mit den alten Japanischen Kaiserfarben kokettiert – rot und schwarz. Der Abend lief ab, wie vor vielen Jahren an den Unis die improvisierten Happenings wo nichts hinhaute. Ich finde schon, wer mit einem ansprechenden Thema hausieren geht und damit auch noch Leuten die Knete aus den Taschen zieht, da sollte es doch etwas professioneller zugehen. Ton war Scheiße, Bildqualität unter aller Sau, das lag sicher daran, weil es sich bei dem Beamer, um ein Produkt aus dem Hause Tschibo handelte. Es kam auch niemand auf die Idee, mal das Licht auszumachen.
Das gezeigte Photomaterial hätte man bedenkenlos Kindern in der Katholischen Kirchen zeigen können, die FSK hätte es ab 6 Jahre freigegeben. Keine Bildchen dabei, auf dem Jimi mit verschmitztem Blick ein Hörnchen einpickt.
Was lässt Kai Müller ab – Ein Buch wie Acid – Wow! Aber in homöopathische Dosen, mir kam es allerdings mehr wie ein Placebo vor.
Weiter: Klaus Theweleit und Rainer Höltschl erkunden die Geisterwelt des Jimi Hendrix.
Wo haben sie das denn getan, aber doch nicht gestern Abend im Brechthaus, oder?
Fußnote: Hatte 1980 Männerphantasien doch noch quer gelesen.
Wieso dieser Herr für seine 1.174seitge Dissertation ein „summa cum laude“ erhielt, weiß wiedermal der Deibel.
Ein gewisser Prof. Dr. Sven Reichardt titelte zu K.T. „Männerphantasien“ – ein Erfolgsbuch der 1970er-Jahre.
40 Jahre nach Veröffentlichung jenes fetten Schmökers, bleibt heutzutage bestimmt nur noch ein verblassender Fliegenschiss in den Annalen nostalgisch angehauchter Frauenversteher und humanistischer Traumtänzer aus Saisonrevoluzzertagen übrig…