Gestern erhielt ich vom Scheff aus dem ehemaligen amerikanischen Sektor ein digitales Rauchzeichen zu einer witzigen Hausseite – eigentlich Werbung in Richtung Grafikdesign – aber nicht mit dem üblichen Reklame-Lala-Scheiß bestückt, sondern vielseitig informativ.
Gleich anfangs wird auf den neuen Kurrent-Font von Georg Salden hingewiesen.
Irgendwann in den 1980ern begann ich während meiner Neckermann-Abizeit am Berlinkolleg, wieder Sütterlin zu schreiben.
Minimaler Input bei maximalem Output war nicht nur bei mir angesagt, dass aber laufend irgendwelche Leute auf meiner Pisse Kahn fahren wollten, ohne jemals etwas von ihnen zurückzubekommen, dass stank mir irgendwann. Deshalb besann ich mich auf diese alte Schrift. Anfangs wurden mit ihrer Hilfe lediglich besonders wichtige Gedankengänge notiert, was man zunehmend als unsozial kritisierte, hinzu kam meine vielfache Verweigerung an Gruppenarbeiten teilzunehmen…
War es bereits ein Sakrileg, wenn ich an der Schule und später an der FU, montags mit der FAZ zu bestimmten Seminaren erschien, erfuhr alles noch eine Steigerung. Beim Gebrauch der alten deutschen Schrift kam es sogar vor, dass ein paar Linxwixer mir deshalb bereits einen Fascho-Touch unterstellen wollten…
So mancher Dummfick von damals wird es heute bestimmt auch anders sehen, wobei diese Bewertung keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt, weil sich etliche Leute nach Diplomen und evtl. angehängten Titeln zu noch krasseren Dödeln entwickelten…
Der erster Versuch, meine Unterschrift in Kurrentschrift auf einem Dokument unterzubringen, ging voll in die Hose, als ich auf der Warnowwerft einen Werksausweis beantragen musste, der seine volle Gültigkeit nur im Zusammenhang mit dem Personalausweis erlangte und natürlich einen anderen Signatur aufwies. (Fragten die Vopos der Betriebswache stichprobenartig mal nach dem Ausweis, hatte ihn aber nicht bei sich, dann hieß es sofort abtraben…)
In dem Zusammenhang bereitete mir ein anderes Vorkommnis mächtigen Trouble. Als der Fragebogen natürlich erneut ausgefüllt werden sollte, ließ ich meinem Unmut freien Lauf und bestand auf ein anderes Papierchen. Denn mir wollte partout nicht in die Birne, dass man von einem 16jährigen zukünftigen Stift, Baujahr 1948, wissen wollte, ob er Angehöriger der Deutschen Wehrmacht, Waffen-SS oder SA, Mitglied der NSDAP, HJ oder einer anderen nationalsozialistischen Organisation war… (Diese merkwürdigen Fragebögen für Kaderakten blieben noch bis in die 70er Jahre im Umlauf.)
– Bis 1974 wurden mehrere Personalausweise von mir in der Waschmaschine versenkt. Da es die einzige Möglichkeit blieb, bei der Neuausstellung seine langen Haare auf dem Passbild ohne größere Schwierigkeiten zu sanktionieren. Allerdings bestand angeblich ein Verbot die entsprechende Unterschrift in Kurrentschrift zu leisten. Ich konnte mich drehen und wenden wie ich wollte, jeder neue Krakel ging durch – aber nix mit alter deutscher Schreibschrift.
Jene Deppen in der Zone kamen mit dem Argument, dass man kein Relikt aus dem III. Reich zur Wiedergeburt verhelfen wollte, ähnlich der Betrachtungsweise von bundesgermanischen Linxwixern – dabei erfolgte das Verbot von Kurrent- und Sütterlinschrift ausgerechnet im Nazireich.
Frappierend, was nach wie vor alles Adolf dem Gütigen und seinen Schergen angelastet wird, gegen diese gefährliche Dummheit ist immer noch kein Kraut gewachsen…
Vor 14 Tagen widerfuhr mir auf einer kleinen Radtour von Frohnau nach Hermsdorf etwas witziges. An jenem Tag herrschte eine Affenhitze, deshalb erstand ich an einem winzigen Lottoladen ein kühles Mineralwasser, gesellte mich draußen an dem Stehtisch zu einem älteren Typen nebst seiner kleinen Teppichratte, der rauchend eine Gerstenkaltschale pichelte und einem Kaffee schlürfenden Pin-Knecht. Von dem Alten gab es eine Auskunft auf meine Frage, die ich ihm niemals zugetraut hätte. Wollte nämlich wissen, was es mit dem Turm am S-Bahnhof Frohnau auf sich hat.
„Also Scheff, natürlich kann icke dir die Antwort jeben, aber kieke mal dort! Hundert Meter weiter, da jeht die Straße nach links ab und gleich dahinter findeste unser schnucklijes Heimatmuseum. Bin in meinem Leben schon oft in det Ding jewesen, heute jehe icke mit meene Enkel rin…“
Eine befriedigende Antwort erhielt ich auch noch, anschließend gings in das Museum und ward baff.
Den Macher in dem kleinen Teil ist ein bewundernswerter Spagat gelungen, sie haben es fertig bekommen, 10 000 Jahre Geschichte der Umgebung interessant gerafft darzustellen.
Kurrentschrift gab es auf der Schultafel eines kleinen Volksschulklassenzimmers und für sämtliche ausgestellte Schriftstücke in Sütterlin existieren Übersetzungen.
Was man z.B. im Jüdischen Museum und dem DHM immer noch nicht erwarten kann. In beiden Institutionen habe ich bereits mehrfach auf dieses Manko hingewiesen, solche Kleinigkeiten scheinen den dortigen Kuratoren am Arsch vorbeizugehen, sind ja schließlich ihre Pyramiden und dafür haben sie bereits Ruhm und viel Ehr’ eingesteckt. Logisch solche Leute haben immer nur das ganz Große im Blick, dabei sind es die Kleinigkeiten, welche im Leben die I-Tüpfelchen ausmachen. Sind eigentlich arme Schweine, wenn sie zeit ihres Lebens mit diesem Manko umherirren müssen…
– Abschließen noch der Tip für ein interessantes Büchlein. Es befasst sich kurz mit der Entwicklung von Schriften im europäischen Raum sowie Kurrent und Sütterlin im Besonderen, Schreibübungen inbegriffen!
Zu einem Photo muss ich noch etwas ablassen!
Dort habe ich nämlich nicht den Teil vom Eingangsbereich eines Luxusbordells abgelichtet, wo mancher annehmen könnte, dass die entsprechenden Therapien im inneren Bereich politisch korrekt abgewickelt werden, frei nach Kapitel 3, Vers 3 des “Grundgesetzes”, der immer noch behelfsmäßigen Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland {vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 21. Juli 2010 (BGBl. I S. 944)}, der da lautet: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden…
Bei dem Laden handelt es sich um ein Hundesalon!
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Was in Bundesgermanien der “Bund für deutsche Schrift und Sprache” ist, nennt sich in der Schweiz ganz schlicht: „Freunde der deutschen Kurrentschrift“.
Heutzutage existieren nur noch recht wenige Menschen die etwas zusagen haben…
Ansonsten redet die dröge Masse sowieso aneinander vorbei, dabei geben sich die Lauscher noch nicht mal Mühe, wenigstens einzelne Wortfetzen zu erheischen – gut, bei BND-Knechten wird es anders aussehen.
Was soll man da eigentlich noch aufschreiben und dann noch in Sütterlin/Kurrent?
Noch mehr Wissenswertes zu Frakturschriften abseits der Denke von Linkswixern und rechten Ideologen:
http://bit.ly/159AF7n
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46408241.html