Parallel zu 100 Jahre Micky Maus – mal etwas anderes, hübsche Bildchen „lächelnder Henker“, schwebenden Protagonisten mit unvorteilhaften Blicken – ein visuelles Erlebnis für die ganze Familie, besonders für die lieben Kleinen
Bei manchen Sendungen weiß ich nicht soll ich laut lachen, oder nur in mich hineingrinsen. Sitzt in solchen Momenten mein Weib neben mir, erspare ich mir jegliche Art von Reaktionen, schaue sie dabei auch nicht an, weil es nur unter größten Anstrengungen gelingt Lacher zu unterdrücken.
Bei ihr registriere ich nun Gott sei Dank auch diese schleichende Form der Gewöhnung. Noch vor wenigen Jahren sprang sie bei bestimmten Bildern auf, quarzte in der Küche einen Glimmer und tauchte erst bei der Melodie für den Wetterbericht wieder auf.
Mir ist diese Sensibilität schon zu Halbstarkenzeiten abhanden gekommen. Noch während meiner Schulzeit, bekam ich keinen Bissen runter, wenn ich vor der Glotze, in s/w-Bildern, Episoden aus Vietnam registrierte.
(Nun gehöre ich zu den glücklichen, die in den darauf folgenden 44 Jahren jede Menge Leute erlebte, auch in unmittelbarer Nähe, wie sie in irgendeiner weise ihren Arsch zukniffen. Da lasse ich Massen außen vor, die Gevatter Hein zu sich rief, weil sie es mit Alk übertrieben, oder jene Bekannten, welche im Westen anfingen zu pumpen.)
Ich komme mal retour zu den vielen hübschen Bildern, die besonders gut bei unserer Glotze rüberkommen, da ohne Nachregelung alles rotstichig erscheint. Wenn wir größere Mengen Asphaltgyros registrieren, mit Nullinformationsgehalt, aber professionell gezoomt, spring das Mädel immer noch auf und verschwindet. Ich sehe es positiv – so als Puzzleersatz, was gehört zu wem oder was. Nun ist unsere visuelle Anbindung zur großen weiten Welt, ein Steinzeitmodell. Ich glaube, dass es bei HDTV und mehr, bestimmt möglich ist, mit dem entsprechenden Equipment die Blutgruppe, der zur Schau gestellten menschlichen Brösel, oder deren DNA zu bestimmen. Anders kann ich mir diese visuelle Lust aller daran beteiligten Fernsehleute nicht erklären. (Oder sollte es schon wieder von oben Anweisungen geben, dass sich alle auf den kleinen Overkill vorbereiten müssen. Wird bestimmt so sein. Wenn es den ganz bestimmten „Terrorismus” nicht fristgerecht gäbe, jetzt wäre es an der Zeit ihn endlich zu erfinden.)
Nun existieren immer noch Steigerungen. Eine jener Sternstunden von Fernsehjournalismus lieferte heute „Kulturzeit”. Allerdings muss Andrea Meier noch etwas üben, was die „Bestürzungszurschaustellung” angeht, Hanni Fischer, vom Mittagsmagazin ist schon weiter.
Gerade in solchen Momenten, bedauere ich mächtig gewaltig, abgrundtief, dass Bruder Johannes nicht mehr unter uns weilt und nehme es immer wieder mit Erschütterung war. Wie vermisse ich seinen Gesichtsausdruck, als Reinkarnation der ganz makellosen, ewigen Rührung. Jo verkörperte für mich den Marcel Marceau der unerreichbaren Betroffenheit…
Die Meiersche kündigte betreten ein „Werk” des Wiener Fotohistoriker Anton Holzer an: “Das Lächeln der Henker” das Fotos zeigt, die er vor allem in osteuropäischen Archiven fand. Grausame Bilder von Hinrichtungen und ganzen “Galgenwäldern”. (Damals war die Natur noch in Ordnung, keine Beeinträchtigung durch Umweltverschmutzung…)
…ein anderes Foto zeigt eine Soldatengruppe auf dem Kalvarienberg, in ihrer Mitte ein Gehenkter. Eine Szene mit biblischer Anmutung. Viele der Bilder sind nicht zufällig entstanden, sondern wurden für die Kamera gestellt. (Welcher Glanzleistung eines Püchologens haben wir die folgenden Sätze zu verdanke?) Sie sollten sagen: “Ihr zu Hause und ihr, die ihr noch an die Front kommt, seht her wie stark wir sind.” Der erste europäische Medienkrieg lieferte Motive für fotografische Innovationen. Krieg kann eben auch so richtig geil machen. Was ist schon Sex gegen fünf aufgehängte Russen? (Ist in dem vorangegangenen Satz nur die falsche Fragestellung wiedergegeben worden? Was ist schon Sex mit fünf aufgehängten Russen?) Doch was haben wir nun davon, wenn wir jetzt wissen, das diese Soldaten eben nicht nur ihre Familienfotos in der Brieftasche hatten? Holzer meint, die Bilder von damals seien brandaktuell, er hat recht. Im letzten Kapitel schreibt er über den Irak-Krieg. Auch hier wurde viel fotografiert, auch Inszeniertes. Die Soldatin Lindy England zum Beispiel wurde richtig berühmt mit ihren Bildern aus Abu Ghuraib. Wie gesagt, der Krieg befreit den Menschen von den Fesseln der Moral – zu jeder Zeit. Ist dieses Zitat nur platt oder ein Witz?
Sein Photoband kostet keine 40 EU – nur EUR 39,90 [D] / sFr 67,00, Versandkostenfreie Lieferung innerhalb Deutschlands. – Das gab noch nicht mal bei Beate Rothermund, allerdings lieferte ihr Firma andere Pornos.
Ich würde mal sagen, wenn man schon das Porto spart, könnte man dafür doch Kuchen erstehen, und ein besinnliches Happening am 3. Advent veranstalten: Statt grinsender Nicoläuse, mal „lächelnde Henker” betrachten…
Ein Photo erinnerte mich an die Schilderung eines Arbeitskollegen, bei seinen freiwilligen Einsätzen gegen Partisanen auf dem Balkan – allerdings II. Krieg
Voran noch, warum er sich, nach seinem Heimaturlaub unaufgefordert zu solchen Aktionen meldete. Hinter Belgrad lief ihn sein Bruder, im gleichen Zug über den Weg, nach sehr kurzer und herzlicher Begrüßung wollte selbiger nur noch die Runde Skat beenden, dazu kam es aber nicht mehr. Kurz darauf flogen die ersten Waggons in die Luft…
(Für die meisten Mitarbeiter schien F. mit einem mächtigen Webfehler behaftet zu sein, aber ich konnte ihm stundenlang zuhören.)
Wegen seiner unermesslichen Wut über den Verlust des jüngeren Bruders und seiner Selbstvorwürfe meldete er sich zu einem Spezialkommando – „da wurden keine Gefangene gemacht!” Eine Spezialität war das aufknüpfen mir einem „kurzen Schlips” – sprich einer Kette mit größeren Gliedern. Dabei hievten mehrere Leute einen verknoteten Gefangenen behutsam in Richtung des vorgesehenen Hakens. Der Hängende zappelte rum, bis er erstickte, oder es erbarmte sich jemand, der Anlauf nahm, ihn ansprang und sich kurz anklammerte…