Zuflucht in Berlin, anschließend een janz oller Text von mir:
…nach etwa 15 Minuten konnte ich mir am Heuss-Platz endlich wieder den etwas frischeren, leicht nach Benzin müffelnden Ostwind um die Löffel wehen lassen. Dabei fiel mir bruchstückhaft jene lustige Geschichte aus den Achtzigern wieder ein, die mit einer nichtssagenden Zeitungsnotiz begann. Aus der damals hervorging, dass ein Nichtsesshafter die „Ewige Flamme„ am Theodor Heussplatz entweiht hatte. Man verhaftete den Täter, behandelte ihn so weit als möglich erkennungsdienstlich und ließ selbigen anschließend gleich wieder laufen. Vielleicht war dies gar nicht in seinem Sinne.
Den Rest erzählte mir kurz darauf ein Bekannter zu fortgeschrittener Stunde im damaligen Wilmersdorfer „Holzwurm“ – zufälligerweise lungerte er an jenem Tag mit seiner gelblichen Motordroschke am „Heussi“ herum.
Seit Jahren fehlte mir die Pointe. Sie musste etwas mit der Aufschrift an dem eckigen Hinkelstein am unteren Teil des Platzes zu tun haben. Also überkam es mich heute, endlich mal dieses Zementmonster aus der Nähe zu betrachten, denn ewig fuhr ich oben auf der Straße daran vorbei oder mit der U-Bahn darunter durch.
Beim Überqueren der Straße huschten mir ein Haufen in Stein gehauene oder Metall gegossene Banalitäten durch den Kopf. Außerdem ging auch der letzte, in Historie promovierte Kanzler, ewig mit so etwas hausieren. Wenn ich an den Heckmeck dachte, den er veranstaltete, was die „Neue Wache“ Unter den Linden betraf. Ganz zu schweigen von den nun dort verewigten Worten – so zur „Mahnung“ gedacht.
Dr. Kappes setzte sich schließlich mit seinem Lieblingsvers durch. Der bezog sämtliche Opfer totalitärer Gewaltherrschaft rund um den Globus zu jeder nur erdenklicher Zeit mit ein, ebenso unsere jüngere deutche Gechichte (©Birne). Ergo auch den netten SS-Soldaten von nebenan, der im Dritten Reich, in Ausführung seines verantwortungsvollen Dienstes, besoffen vom Wachturm eines KZs gefallen war…
Da ruht am unteren Rand jener erhöhten Rasenfläche, ein Zementquader, ungefähr 2 Meter lang, 1,5m breit und schätzungsweise 1,8m hoch, obendrauf befindet sich eine auf drei Füssen stehende Bronzeschale von zirka 1m Durchmesser, mit der „ewigen Flamme“.
Während mein Blick über die metallene Beschriftung auf der westlichen Seite glitt, kam mir langsam alles wieder, ließ dabei das Fahrrad vor dem Stein auf den Rasen kippen und gab mich der allseitigen Betrachtung hin.
Da man dieses Denkmal schon Anfang der Goldenen Fünfziger kreierte, ging der Künstler sparsam mit einer Aufschrift um. Auf der, zur Straße nach Osten gerichteten Fläche, stehen in großen Lettern drei gehauene Worte untereinander, insgesamt etwa 1,50 hoch:
FREIHEIT
RECHT
FRIEDE
Nun ist diese Aufschrift nicht gerade prickelnd, aber für jeden in UNSERER Galaxie ist etwas dabei. Was soll man von solch „künstlerischer“ Trivialität eigentlich halten?
– An einem arschkalten Wintertag geschah hier folgendes:
Tagsüber hockte jemand oben auf dem Steinquader, am Rand des Feuernapfes. Hielt als Windschutz mit der linken Hand einen Teil seines Mantels als Segel gegen die tierisch kalte Brise, mit der anderen eine geöffnete Dose in die blakende Flamme.
Schließlich tauchte, ob dieses ketzerischen Missbrauchs die Polizei auf.
Da der Koch sich nicht um die Herren unterhalb seiner Feuerstelle scherte, wurden die recht schnell ungehalten. Es entwickelte sich eine Rangelei, in deren Folge zuerst die Büchse abhanden kam. Denn der von unten so arg bedrängte, führte einen Veitstanz auf, um den schnappenden Griffen der Gendarmen zu entgehen. Seinerseits erfolgte auch bald die Kapitulation, da er fast nur noch in der Schüssel herum hüpfte und es ihm scheinbar doch etwas zu warm wurde.
Schließlich lag unser Koch am Boden und ließ in den folgenden Minuten relativ ruhig die gewohnten Rituale von Staatswegen über sich ergehen.
Beim Abmarsch halfen ihm die Ordnungshüter sogar, indem sie seine, an den Betonklotz lehnendes Gedöns von der verschneiten Wiese runter auf den Gehweg feuerten und ihn mit Gewalt vom Platz verscheuchten.
Allerdings beim Aufsammeln und Ordnen seiner Utensilien verursachte der Obdachlose abschließend noch einen Menschenauflauf. Denn nun wurde von ihm lauthals gegen die Polypen gewettert und dabei berief er sich unter lachender Anteilnahme der ihn umgebenden Gaffer, auf die Inschrift der gegenüber angebrachten Tafel.
An der ungefähr 1,2 mal einem Meter großen metallenen Fläche, befinden sich folgende zwei Sätze: DIESE FLAMME MAHNT:
NIE WIEDER VERTREIBUNG!
– Wobei der aufgeregte Mann sich zeternd auf letzteren berief.
Fußnote: Beim Anblick von in Stein gehauenem oder gegossenem verbalen Dünnschiss auf diesem Planeten fällt mir fortwährend nur ein, dass Mahn- bzw. Denkmälern etwas Kurioses an sich haben: Genau so wenig, wie jemand beim Anblick eines Grabmals auf die Idee käme, mit Graben zu beginnen, scheinen auch nur sehr wenige Leutchen eine Inspiration zu bekommen, sich hernach mal etwas Nachhaltiges über den Sinn des gerade betrachteten Denkmal(!)s durch ihre grauen Zellen gehenzulassen…
Dies ist bei solch einem kleinen eckigen Brösel nicht anders als bei überdimensionierten Anlagen! Minderheiten von humanistisch befleckten Traumtänzern scheinen niemals zu raffen, dass sie lediglich krampfhaft versuchen, die sich seit Jahrtausenden ständig wiederholenden identischen Geschehnisse in ihrem Sinne erfolglos aufzuarbeiten. Hauptsache den eigenen beschränkten Profilneurosen wurde Genüge getan. Dementsprechend können die Verwirklichungen solch pathologischer Eingebung nicht monströs genug ausfallen und deshalb müssen selbige teilweise irrwitzigen Versinnbildlichungen auch noch inflationär aus dem Boden gestampft werden, koste es was es wolle.
Als Regel kann dabei gelten: Mit ausufernden Dimensionen solcher Feigenblätter abgedroschener Emotionen werden lediglich Exempel statuiert, um damit das vorhandene, umgekehrt proportionale kollektive schlechte Gewissen der breiten Masse auch noch zu kaschieren