Tag der DOITSCHEN unEINHEIT

Dieser althergebrachte Feiertag, am 17. Juni, hatte damals noch etwas besonderes, allerdings nur für Teile der Westseite. Meine damit allerdings nicht die zusätzliche Möglichkeit, sich während der ersten Sommersonne, zusätzlich im Freien die Kante zugeben.
Lag jenes Datum zu Mauerzeiten auf einem Wochentag, musste ich oftmals Bekannten Kulturtips geben, für Fahrten in die Umgebung von Berlin. Am meisten wurden dann die historischen Gege­benheiten in Potsdam frequentiert, weil der gelernte Ossi, bekanntlich auch an jenem Tag den staatlich vorgegebenen Arbeitsplan erfüllen musste. Deshalb sich nicht soviel neugierige Besucher, gerade in den Gefilden von Sanssouci herumtrieben, was natürlich auch für Museen galt. Die letzten Jahre ging es dann etwas weiter in die sächsischen Gebiete, deren Reisen plötzlich, durch den Kre­dit der Bayerischen Vereinsbank, sehr erleichtert wurden. Jene polit-ökonomische Begeben­heit, war für mich und viele meiner Bekannten, allerdings mit einer einschneidenden finanziellen Belastung verbunden. Bis zu jenem Termin, war es möglich, Bußgelder, die bei Verkehrsdelikten in den Korri­doren anfielen, von einem Bürger der DDR begleichen zulassen. Wenn mich nicht alles täuscht, lie­fen jener Transfer über das dortige Außenhandelsministerium ab. Auf 180 DM belief sich irgend­wann die höchste Summe eines Knöllchen, welches zu blechen war. Hatte damals, kurz vor dem Hermsdorfer Kreuz, bei sehr lauter Mucke, mächtig getrieft. Letztlich kam der hohe Betrag zustan­de, weil ich wiedermal die Klappe nicht halten konnte.
Noch ein Schlüsselerlebnis, hin­sichtlich jener Geldstrafe. Kurz darauf war es nicht mehr möglich, dass ein Ostberliner meine Knete in seiner Währung, 1 zu 1, blechen konnte. Nach der Kredit-Ein­fädelung von FJS, stand auf den Bußgeldbescheinigungen etwas in jener Richtung drauf, das gefor­derte Entgelt muss in der Währung des Passinhabers gezahlt werden! Dieser Tip stammte unter Ga­rantie aus dem Westen!
Mein Deal für jene privaten Geschäfte, mit einem Kumpel, lief wie folgt ab. Ein alter Potsdamer Kumpan, der in meiner damaligen Stammpinte, dem Charlottenburger „Zillemarkt, sich dort als Tresenschlampe prostituierte, gab mir den entscheidenden Hinweis. Dort tauchten öfters Junkies auf, die entsprechend Wünsche auf Einkaufszettel notierten und dann die gewünschten LP´s in den Kauf­häusern wegfanden, denen tut es ja nicht weh, schließlich glichen deren Versicherungen ihre Ver­luste aus. Allemal besser, als einer Omi einen an ihre Ommel zuknallen, wenn solch Patient Kohle für den nächsten Schuss benötigt…
Ein paar Stunden später wurden dann die Geschäfte erledigt.
Folkblues-Scheiben, mit schwarzer Musik, gab es bereits für einen Heiermann! Gerade diese Platten waren im Ost-Süden ungemein beliebt. Als meine Verrechnungseinheit galten sie 25 Ostmark, wei­ter­verkauft lag der Preis dann bei 100 und mehr MDN. Bei immer wieder angesagten Oldies musste natürlich etwas mehr gelöhnt werden.
Eine recht merkwürdige Sache widerfuhr mir noch im Osten, wobei ich das entsprechende Verhal­ten, der Mutter mei­ner Schwester, zu meinem Glück, nicht verstand. Bevor ich mich illegal ins Tchechland und weiter nach Po­len absetzte, wurde ein Ausverkauf getätigt. Meine Glotze, eine 24bändige Brockhaus-Ausgabe von 1894, meine beiden Grammophone nebst über 100 Schellack­platten, alles was ich an Vinylscheiben besaß, darunter sämtliche östlichen Lizenzpressungen west­licher Interpreten und sauteuer erstan­dene West­platten, gingen dabei über die Wupper. Für das 3er  Woodstock – – Album erhielt ich damals 450 Mark, bar auf die Kralle.
Wie dumm muss diese Frau gewesen sein, dass sie meinen Wandel nicht regis­trierte. Stellte sie doch sonst peinlich genaue Spickzettel für ihre Stasi-Genossen her. Was mein neuesten Westpubli­katio­nen und die erlauschten Namen meiner Bekannten betrafen…
Sämtliche flachen Rundlinge meiner deutsch/deutschen Kompensationsgeschäfte trugen meine Freundinnen nach Ost­berlin, teilweise unter Protest.
Prompt widerfuhr der Schefffin, in unseren Anfangsjahren solch Missgeschick. Sie reichlich dezent gekleidet, sicher zu unauffällig, wurde ausgerechnet bei jenem Grenzwechsel kontrolliert, was vor­her nie passierte. Hatte an dem Tag Electric Ladyland anbei, welches man ihr sofort abnahm, weil das Cover eine pornografische Gestaltung aufwies. Für jenen sehr un­günstigen Fall, sollte sie das Album den Grenzern schenken, der Spruch kam selbstverständlich nicht gut an, deshalb wollte sie die Platten erst gar nicht mitnehmen. Die andere Variante bestand darin, irgendjemand, der in den Westen zurückging, ihm das Teil einfach zu schenken. Also das gesamte Prozedere wurde wieder rückgängig gemacht, im unteren Ausreisebereich des U-Bahnhofes Frie­drichstraße bekam ein Hol­länder die Platte aufgedrückt, verständnisvoll notierte er ihre Telefon­num­mer. Anschließend erledig­te sich alles weitere sehr schnell. Draußen am Tränenpalast wurde sie noch von einer alten Dame mit zwei riesigen Taschen angesprochen, die sich in Begleitung zweier Mädels, in ihrem Alter befand. „Junge Frau, ich muss mich bei ihnen noch bedanken! Als ich sie ge­wahrte, wusste ich, sie werden Ärger bekommen und drängelte ich mich sofort hinter sie. Deshalb haben diese dummen Bengels mich nicht kontrolliert!“
Am nächsten Tag rief der Holländer sofort retour und ich lud ihn tourimäßig ein. Schließlich lande­ten wir reichlich bezecht bei Lucy Leydicke, so lernte er freudig ein Stückchen altes Westberlin kennen, was ihm sonst nie untergekommen wäre…
Dies war nun etwas zu diesem unsäglichen Tag, an dem nachfolgende Generationen immer noch darauf lauern, dass irgendetwas zusammenwächst – Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert. (A.E.)

Hier noch ein Schrieb, wo es zum Schluss auch irgendwie um Leydicke geht…

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