Fortsetzungsgeschreibsel vom 23. Juli

Eigentlich sollte nur eine kurze Fußnote entstehen.
Hatte an jenem Tage schon vergessen auf die ideologische Gülle von Gesine Lötzsch einzugehen, vom 14. 7. im TAGESSPITZEL.
– Ihre ewige Sülzerei dort, wäre eigentlich ein Grund, endlich auch aus dem Wochenend-Abo dieses Blättchens auszusteigen.
Weiter ging es mit Bodo Ramelow, heute nun war der Genosse 1. Sekretär Klaus Ernst dran. Was interessiert mich, dass dieser Knabe zu seiner Selbstdarstellung einen Porsche benötigt und als rote Euro-Gierkröte sein karges Leben fristet.
Jede Notiz über diesen Verein kommt einer Aufwertung gleich, die nicht nur ich zum Kotzen finde.
Ein Haufen Leuten erzählen mir immer, bei dieser Gruppierung handelt es sich um eine demokratische Partei, das mag ja auf dem Papier auch hinhauen, in der gleichen Schublade liegen bei mir aber auch DVU und NPD.
Nach meinem Gefühl werden Bodo und viele MannenInnen nur deshalb in die Nähe der Schwarzen und Braunen gerückt, weil sie so weit links stehen, dass sie rechts wieder raus kommen…
Sollte man es den Bolschewisten positiv anrechnen, dass sie viele Millionen nur über die Klinge springen ließen, dabei nie auf die Idee kamen, ihre Opfer auch noch als recyclingfähig zu betrachten, wie es bei den Nazis geschah? (Die hatten sich vielleicht nur tiefgründiger mit den ökonomischen Theorien vom Gevatter Marx auseinandergesetzt.)
Aber eine Gemeinsamkeit findet man bei den Dunkelroten, Braunen und Schwarzen doch, im Moment ihrer Machtergreifung werden Verordnungen nur noch über Kimme und Korn diktiert! Für kommende Zeiten bringen die gesamtdeutschen Neobolschewisten alle Voraussetzungen mit, viele ihrer Mitläufer rekrutieren sich ja aus ideologisch verbogenen Altlasten, Spitzeln und Denunzianten.
Da ich in jungen Jahren begann meinen Hass auf diese Bagage zu kultivieren, kommen bei den entsprechenden Stichworten immer mal  wieder lustige Erinnerungen hoch.
Lötzsch und ihr Traum vom kommunistischen Schlaraffenland waren so ein Anlass, für persönliche Erinnerungen an die Schulzeit.
Heute Abend ließ ich zu einer Dokumentation auf ARTE meine Gedanken parallel dazu schweifen. Was waren diese Roten Zecken doch für Rassisten, wenn es nur um unsere Musik ging.
Eine Begebenheit fiel mir auch noch ein. Wochenlang spielten RFE (1964)  mehrmals in der Woche einen ganz speziellen Hit. Nun konnte man ja zwischen 15 und 18 Uhr immer zwischen den polnischen, tschechischen oder ungarischen Programmen wählen, ein Genre – Rock ´n Roll, aber ganz unterschiedliche Hits. Was sich manchmal auf dem Bahnhofsvorplatz leicht nach Rummel anhörte. Bei einer Nummer wurden die Regler der Diodenwummen immer bis zum Anschlag gedreht und kurzfristig rannten auf Zuruf alle in die Bahnhofshalle. Klirrend erscholl dann: Surfin Bird, von den Trashmen.
Dabei flippte immer das gesamte Wartekollektiv aus.
(Die ganze Zeit lief im Hintergrund Phari Mamo – AndoDrom: Die wäre den Kommunisten auch nicht genehm gewesen. – Hier fällt mir ein, vielleicht erinnert sich Höhni noch daran, als wir 1970 Halle nach Jiddischer Musik abgrasten und die Scheffpräsidentenfachverkäufer glotzten dabei wie Schweine in Uhrwerke.)
Nun 1. Teil der Fortsetzung vom 23. Juli
Auf dem Weg zur Justizkasse bekam ich mit, wie man Dackel in Handschellen zu einem wartenden Bullentaxi führte und dort verstaute. Unser Zusammentreffen schien ihm sehr peinlich, da stille Tränen flossen.
Oben gab man mir die Auskunft, allerdings ohne Gewähr – 60 Monate
F ü n f  Jahre!
Das konnte nicht sein!
Zurück in der Kneipe, machten Experten eine Rechnung dieser 5 Totensonntage auf: Zwei Jahre wegen Missachtung der Bewährungsauflagen, zwei Jahre wegen des „Diebstahls“ und 12 Monate Zuschlag für seinen Spruch.
Jene Kalkulation entsprach schließlich den Tatsachen.
Seinen Job als Hauer auf dem „Thomas“ behielt unser Kumpel sogar bei. Zwangsweise allerdings in einer anderen Brigade. Sie hatten ihn für die nächste Zeit im Lager „Volkstedt“ eingebuchtet.
– Ein halbes Jahr später sprach sich etwas herum.
Besagter Schmuck war bei einem Hehler in Halle aufgetaucht. Nach seiner Darstellung, war er von der Eigentümerin dort verklickert worden.
Während einer Vergewaltigung gestand sie es den Kumpels von Dackel, der Rest blieb aber wie gehabt…
Es gab Zeiten in meinem Leben, da machte es mir absolut nichts aus, wenn sich Menschen aus meiner Umgebung bei mir auskotzten über jene Unbill, die sie permanent krallte und weil sie das Gefühl nicht loswurden, alles begann mit ihrer Geburt.
Schon merkwürdig, es existieren Menschenkinder auf diesem Planeten, die gewöhnen sich im Laufe ihres Lebens daran, dass sie von Anfang an nur in Scheiße umher waten. Schließlich scheint es für sie nichts anderes mehr zugeben als diesen Zustand, mal mehr, mal weniger. Irgendwann verliert so ein armes Schwein gänzlich den Boden unter seinen Hufen. Aber erst, wenn die stinkende Pampe  an die Oberkante Unterlippe schwappt, legt es los mit den üblichen, hilflosen Aktionen, um jener Misere wenigstens ansatzweise mal wieder zu entkommen. Beginnt in letzter Not, wie ein Nichtschwimmer ungestüm zu strampeln, ähnlich dem Wassertreten in einem tiefen Gewässer…
Nun darf man aber einen solcherart Ersaufenden nicht mit jenem Frosch gleichsetzen, der in eine Milchkanne plumste und dem nichts besseres einfiel, als bis zum Schluss dieser Tätigkeit  nachzugehen, die er am Besten beherrschte – nämlich Wasser treten! Letzten Endes erstaunt zur Kenntnis nahm, dass die weiße Flüssigkeit begann in einen festen Zustand überzugehen und er, als vermeintlich Abnippelder, schließlich aus seinem Gefängnis hüpfen konnte.
– Wenn mancher Bekannte mal austickte, dessen Schicksal mir geläufig war, hing ich immer wieder zwischen Baum und Borke, weil mich ihre Reaktion zwangsläufig anders tangierte und diese Toleranz löste oft Missverständnisse aus.
Merkwürdigerweise gab mir niemals jemand intimen Informationen: „unter dem Siegel der Verschwiegenheit“.
Die Grundlagen, um mit dieser Art von „Vertrauensvorschuss“ umzugehen, kann man nur zu Hause praktisch erleben, besser gesagt, miteinander erfahren. Was etwas mit gegenseitigem Respekt und Vertrauen zu tun hat.
Beim vermitteln von sehr wichtigen Lebenserfahrung versagte die Mutter meiner Schwester auf ganzer Linie (beschmutzte aber immer alles mit ihrer ideologischer Gülle), diesen erheblichen Mangel füllten allerdings ihre Eltern optimal aus!
Endlich retour zu Dackel – sein Spitzname rührte von einer Macke her. Wenn er Käthen anmachte, hielt er seinen Kopf leicht schräg und glubschte sie dabei mit seinen großen Augen an, halt wie ein bettelnder Dackel.
Allerdings geizte er auch nicht mit gewissen Reizen, lief in Klamotten rum, deren Zwirn teilweise aus dem Westen stammten und galt als zurückhaltender Charmeur.
Selbige Tugend machte ihn öfters sehr unbeliebt in diesen total übermackerten Rudeln von chronisch untervögelten Ex-Strafern, die bei einer noch so abgefuckten Gestalt mit Titten, nach einem Notfick, für bestimmte Zeiten Eigentumsansprüche anmeldete, sei es anschließend nur für die wenigen Stunden, bis so jemand besoffen vom Stuhl kippte. Da konnte jeder schräge Blick der Funke zu einer wüsten Schlägerei sein.
Dackel schloss sich auch niemals irgendwelchen Horden an, die gemeinsam mit eins, zwei oder mehreren Frauen, zum allabendlichen Entsaften eine Ziegeleiruine aufsuchten. (“Am Brühl“ – 10 Minuten vom Bahnhof entfernt) Trotz immenser Staubentwicklung fanden diese nächtlichen Happenings in dem recht ungewöhnlichen Ambiente, zwischen Schrott, Maschinenteilen, Ziegeleigedöns, Feldbahnanlagen sehr viel Anklang. Dort herrschte sogar ein gewisser Luxus, ganz harte Typen konnten hinterher mit eiskaltem, fließenden Wasser aus Wand, auch duschen.
Probleme gab es manchmal mit Anwohnern zweier größerer Baracken aus „Reichsarbeitsdienstzeiten“ weniger Meter entfernt von den Darren, oberhalb des Hanges. Da es sich um das Revier von asozialen Halbstarken handelte, bestanden sie natürlich auf gewisse Mitspracherechte, betreffs der weiblichen „Gäste“. In der Regel wurden sich alle sehr schnell handelseinig, allerdings nach Rangordnung und immer der Reihe nach.
Wenn Dackel in unserer Runde hockte, hielt er sich bei Gesprächen im Hintergrund. Kam mitunter recht linkisch daher, was öfters zu Belustigungen führte, die ihn zu kränken schienen und er deshalb, in den folgenden Tagen, durch Abwesenheit glänzte. Registrierte aber in seiner Umgebung jede Kleinigkeit, egal aus welcher Richtung.
Ewig der Jüngste in diesen Runden, nahm ich ihn das erste mal war, als er mir ein Bier spendierte  mit dem Spruch: „Du hast sehr weise reagiert! Weil du im richtigen Moment deine Schnauze gehalten hast!“
Natürlich ließ ich schon mal etwas ab, allerdings war mir diese Welt der Amnestierten so fremd, dass ich laufend neue Eindrücke verarbeiten musste, die absolut nicht in mein bisheriges Weltbild passten. Auf der anderen Seite gab sich der Bodensatz aus allen Teilen der Republik ungemein offen, auch mit ihrem ewigen Leck-mich-am Arsch!
Dackel registrierte eines Tages, dass ich für Bekannte öfters irgendwelche Anträge aufsetzte und bat mich um ein Gespräch.
In der Nähe vom Kiosk auf dem Bahnhofsvorplatz kam eine umständlich vorgebrachte Bitte, es handelte sich um die Formulierung einer Eingabe an den Rat des Kreises, Abt. Inneres, letztendlich an die Knechte der Stasi.
Nach seinen kurzen Ausführungen ward mir ganz anders.
„Vergiss es! Du kannst alles unter Ulk verbuchen!“
„Sag mal Dackel, was soll denn dabei mein Part sein?“
„Tschuldigung! Das Allerwichtigste habe ich natürlich wieder vergessen – Ich kann weder Lesen, noch Schreiben…“
Meine innere Wut und aufkeimende Hass veranlassten mich zur Hilfestellung bei dieser delikaten Angelegenheit.
Mir schien sonnenklar, selbige Posse hatte weitreichende Folgen.
Am nächsten Tag freute sich mein Kumpel wie ein Schneekönig, als er mich auf dem Weg zur Bahnstation gewahrte.
Voller Zuversicht war sein Campingbeutel schon mit Wegzehrung vollgestopft, mehrere Flaschen Bier und ein kleine Granate, ab ging es in Richtung Eschental.
Da man das entstehende Gesuch als Provokation sonder gleichen auslegen würde, hatte ich in der Schule schon vorgearbeitet, Klassenkameraden genervt, wie ein Blöder gewisse Formulierungen gesammelt und notiert, die jetzt noch entsprechend zusammengebastelt werden mussten.
In dem Antrag ging es darum, dass der Unterzeichner auf das „großzügige“ Angebot der Amnestie verzichten wollte, um sofort wieder einzufahren und lieber die wenigen Wochen der regulären Haftzeit abzusitzen. Da er bei den anstehenden, massiven Schwierigkeiten nicht im Stande war, sämtliche Amnestieauflagen einzuhalten.
Sämtliche Behörden ließen Dackel ins Leere rennen, parallel dazu begann von allen Seiten ganz billiger Psychoterror.
März 1973 widerfuhr mir gleiches, als ich meinen Ausreiseantrag loswerden wollte. Einen ehemaligen Klassenkameraden (Karl-Heinz ST.), mittlerweile bei der Abt. Inneres gelandet, lernte ich dabei als Brechreiz auslösenden Büttel kennen.

Fortsetzung folgt

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