Fahrradclub kritisiert “radlerfeindliche” Plakate


Mit Plakaten protestieren anonyme Bürger gegen rabiate Fahrradfahrer. Wer genau hinter der Aktion in dem Szene-Viertel steckt, ist noch unklar. (© dpa)

Wieso regen sich denn massenhaft Leute über solche Posters auf und interpretieren irgendwelchen, hirnrissigen Dünnschiss in die Aktion? Dieses geniale Piktogramm sagt doch wirklich alles! Gemeint sind doch nicht die beschaulichen Radler, die auch mal den Gehsteig oder „entgegen der Fahrtrichtung“ den Radweg benutzen.
Auch meine Wenigkeit gehört zu der letzt angesprochenen Kategorie.
Dafür macht es mir als Fußgänger absolut nicht aus, wenn jemand friedlich auf dem Trottoir strampelt, genauso wenig auf dem Radweg – entgegen des „vorgeschriebenen Mainstreams“.
Berlins beschissenste Radwege befinden sich entlang der „Schönhauser“. Sie führen im Zickzack um Bäume, mal rechts, mal linksherum, zwischendurch steht Gerümpel. Man findet irgendwelches Baustellenequipment kreuz und quer liegend. Tratschtanten und Onkels, Besuffkies, ältliche Mammies mit diesen riesigen Krötenkarren, natürlich nebeneinander schiebend, plappernd, vollkommen high, ob ihrer auszufahrenden Brut, sich dabei, um nichts in der Welt für ihre unmittelbare Umgebung interessieren. Rollende Leute, die irgendwoher angeschossen kommen, dunkelrot glühende Jogger aus allen möglichen Richtungen, ab und an ein psychotischer  „Tierfreund“, der sein vierbeiniges Statussymbol zwischendurch das Geschäft erledigen lässt, dabei allerdings die „Flexi-Maxi-Gurt-Roll-Leine“ mindestens drei Meter straff gespannt ist und deshalb andere Mitbürger zum Seilspringen animiert…
Auf Omis die hinter Rollatoren klemmen, Krüppel und anderweitig Behinderte möchte ich gar nicht eingehen…
Und dann kommt er!
Pfeilgerade mitten durch!
Der farbig gestylte Kakadu, muskelgestählt mit karzinogenem Teint, auf der Rübe den hippen Helm und unterm Arsch einen 27-Gang-Karbonrenner für mindestens 6000 EUerchen. Aus den Ohrstöpseln dröhnt Hardcore techno – over 300 bpm und dazu noch den falschen dope geschmissen.
In jenem Augenblick mutiert die Birne zur überdimensionalen Handgranate…
Von solch prallem Leben wie im Prenzelgbirge ist das kleinbürgerliche Wilmersburg Lichtjahre entfernt. Allerdings registriere ich solche rasenden Arschgeigen auch in unseren Gefilden.
Da gibt es Blindenscheffs, die verfügen sogar über eine integriert Vorfahrt. Mit achtsamen Blick beim Abbiegen von der „Bundesallee“ in die „Trautenau“, sehe ich solche Leute noch sehr weit weg, während des langsamen Einbiegens rauschen sie urplötzlich vorbei. Wer mit 40 km/h und mehr durch die City peest, der sollte es aber nicht auf Radwegen oder Gehsteigen tun.
Auf meinem Drahtesel würde ich auch bei Schritttempo, ohne Augenkontakt mit dem abbiegenden Fahrer, nicht vor dessen Karre entlangfahren…
Im hiesigen Volkspark erlebte ich schon mehrmals Greifer-Duos der Bullerei. Diese Helden kaschen durch die Bank weg nur gemütlich radelnde Zeitgenossen. Jagt auf rasende Zeitbomben ist denen scheinbar mit zu viel Kraftaufwand verbunden…
Mir ging es vor Jahren mal ähnlich.
An einem sehr schönen Frühlingstag wollten wir eine Dampfertour von Treptow gen Köpenick unternehmen, so gegen 10 Uhr.
Meine Freundin entdeckte den Anfütterungspreis einer anderen Gesellschaft. Für das gleiche Geld fast zwei Stunden länger, auf der Spree, dem Müggelsee und über die Dahme retour.
Allerdings musste fast eine Stunde totgeschlagen werden.
Mir war nicht nach einem Buch, wollte gewissen Geräuschen aus dem Park auf den Grund gehen und begab mich in Richtung des Sowjetischen Ehrenmals.
Gerade in jener Zeit, in der sich bei warmen Wetter, die jungfräuliche Farbgebung der Natur in dunklere Töne wandelt und dazu schrien überall die geilen Piepmätze.
Ungefähr 30 Meter vom Eingang zum Park entfernt registrierte ich zwei Uniformierte, die gerade ihre Mountainbikes im Bulli verstauten, aber nicht vergaßen irgendetwas zu kreischen.
„Ob ich nicht lesen könnte, denn im Park sei Radfahren verboten…“
Weit und breit kein einziger Mensch, meine Antwort – der zweifache „Effenberg!“ – daraufhin musste ich in die Pedalen gehen. Beide Jungs lüpften ihre Hirschleins wieder aus dem Wagen und „Heia Safari“ gings hinter mir her.
Aus dem waldigen Grünstreifen raus, gewahrte ich auf der Freifläche vor dem Ehrenmal zwei verschieden Hochzeitgesellschaften. Unmengen von Tapeziertische bogen sich unter der Last von bunten Köstlichkeiten, riesige, mit Eis gefüllte Wannen voller Krimsekt und Wodka standen an den Seiten herum.
Krach, Singen, Sprüche, chaotische Klänge aus mehreren Zerrwänsten, Lachen, Tanzen, Saufen und langsam wurden beide Gruppierungen etwas leiser, da sie meine Flucht nebst Verfolgung gewahrten, die „Gesetzeshüter“ hatten sich getrennt und wollten mich in die Zange nehmen.
Zwischen den Hecken kamen sie mir schon gefährlich nahe. Ab und zu hieß es jetzt auch mal eine Stufe zu nehmen. In der Situation luden mich die Feiernden mit hektischen Gesten ein, was ich dankend annahm.
Meine Häscher drehten achselzuckend bei und dann war alles zu spät…
Glückwünsche an beide Brautpaare. „На здоровье!“ „На здоровье!“… и т.д.
Schließlich landete ich bei: „Да здравствует германо-советской дружбы!“
Nach einer halben Stunde ging nichts mehr in mich rein.
Bis zur Anlegestelle wurde dann mein Radel geschoben und Madame verstand die Welt nicht mehr, wieso ich plötzlich diesen Affen hatte…
sueddeutsce.de
MOPO

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