Bei lebenden Individuen ist es schon lange Usus, nur seine „Schokoladenseite“ zu betrachten, sie auszuschlachten und entsprechend aufzupeppen.
Wobei der störende Rest, das weitaus größere Teil eines homo sapiens, als nicht existent gilt.
Nenne hier mal einige Beispiele. Wobei ein anderer Umstand bei folgenden Personen zum Tragen kommt, kleinen Leutchen hätte man für den Rest des Lebens die Beine weg gehauen oder sie währen nach einem Tritt in die Eier zur Bewährung in einem Kastratenchor gelandet.
– Herr Kappes ist eigentlich ein Krimineller, wird aber immer wieder als Aspirant für den Friedensnobelpreis gehandelt…
– Da entsaftet sich ein großer Revolutionär in seiner minderjährigen Tochter, es interessiert fast niemand auf der weltpolitischen Bühne…
– Herr von Guttenberg hatte sich gerade einer strafbaren Handlung hingegeben, ein Griff in die Portokasse und alles ist erledigt…
Wehe dem, der dann noch auf die Idee kommt und auch noch an dem falschen Image kratzt, wenn derjenige gerade (oder endlich) seinen Löffel abgegeben hat.
„Τὸν τεθνηκότα μὴ κακολογεῖν, γῆρας τιμᾶν“ („nicht Schlechtes über den Verstorbenen reden“) – lasse ich nicht gelten.
Schon gar nicht bei der „Grande Dame“ des deutsch/deutschen Literaturbetriebes. Zumal unsereins wegen dem Mist den sie verzapfte – der in Schulen als Pflichtliteratur galt – von den „Genossen“ Pädagochen angepisst wurde.
Wie drückt es Gregor Dotzauer in seinem Artikel aus?
Christa Wolf verstand sich virtuos auf die Kunst des „Ja, aber“ und des „Nein, dennoch“, im Politischen wie im Privaten. – Nicht greifbarer, wie ein glibberiger, stinkender Aal…
Gut, damals war nicht bekannt, dass sie für die Stasi zinkte, allerdings konnte man es solchen Leuten immer zutrauen. Die rote Madame tat es zu einer Zeit, als an ihrer Basis gebastelt wurde. Scheinbar landete sie deshalb immer wieder in der Nähe von Onkel WU und Konsorten.
Was ihre Stasiverpflichtung betraf, verkaufte Genossin Wolf ihren Wandel vom Täter zum Opfer recht gut, nannte es sogar mal Hexenjagd. Ob die Dame überhaupt ihre vollständige IM-Akte veröffentlichte ist auch fraglich. (Ist mir auch egal)
Wer nach dem August 1968 in der „Dreigrammbewegung“ blieb hatte bei mir sowieso bis in die Steinzeit verschissen, solchen Kreaturen nahm ich nichts mehr ab.
Nach dem Mauerfall lauschte ich so mancher Nase, was diese Leute unter einem demokratischen Sozialismus in „ihrer“ DDR verstanden, hielt die meisten allerdings für mächtig krank. Bei ihr beziehe ich die Beantwortung der Frage mit ein, warum sie trotzdem in der DDR geblieben sei? Darauf soll diese große Menschenfreundin geantwortet haben: …dass ihre Leser sie dort gebraucht hätten. – ganz schön größenwahnsinnig.
Das C.W. ihre Anfälle zum demokratischen Sozialismus ausgerechnet 1992/93 in den USA kurierte, lag bestimmt an ihrem stalinistischen Leidensweg. Vielleicht war es für sie so etwas ähnliches wie ein Gang nach Kanossa.
Glück war ihr im Leben auch noch beschieden, ausgerechnet in „God’s Own Country“ erhielt sie das Ehrendoktorat der Ohio State University – da mussten niemals Bedenken aufkommen, dass jemand auf die Idee kam und sie eines Plagiates bezichtigte.
Sie zählte zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern ihrer Zeit, und ihr Werk wurde in viele Sprachen übersetzt.
Klar, kein Wunder! Wenn ich an die vielen Sprachen und Dialekte denke, die bis hin zum Chinesischen Meer gesprochen werden…
Alles liegt bekanntlich im Sinn des Betrachters, Brigitte Reimann (Fast der gleiche Jahrgang) halte ich für ein ganz anderes Kaliber!
Die Fernsehproduktion „Hunger auf Leben“ (2004) mit Martina Gedeck in der Hauptrolle fand ich partiell belanglos! B.R. kam mir darin streckenweise vor wie eine katholische Gemeindeschwester und dies war sie nun wirklich nicht!
Fußnote:
In der Stunde die ich manchmal glotze, kam etwas viel Lobhudelei über die Mattscheibe. In der Abendschau(?) kam Christas Kollege der Erdnuckel „Notar“ ganz lustig rüber…
Ende der Fußnote!
HI, Klaus! Wusste ich´s doch! Der Blockwart: Immer Aktuell – am Puls der Zeit. Ich konnte die einseitige Lobhudellei auch nicht mehr ertragen. Was lag da näher als mal auf Deinem Block vorbeizuschauen. Ich wurde nicht enttäuscht: Grob auf die Zwölf – erfrischend anderer Wind! Vielen Dank dafür, jetzt gehts mir wieder besser. Unsere “Schokoladenseite” aufzupeppen und den Rest unter den Tisch fallen zu lassen ist ne schöne Beschreibung (und eigentlich Schade das es bei mir so wenig Schokolade, dafür so viel Realalltag gibt)der Zustände.
Ich arbeite noch an einer Postsendung an Dich – schönen Gruß vom Frank …