Kurz nach 3 Uhr weckte mich mein kleiner Eduscho-Transistor. In der „Tonart – Lounge“, spielte Uwe Golz fast eine Stunde Ry Cooder. Alles begann mit einem J. B. Lenoir-Stück, von dem es in den 60-er Zonenzeiten eine Scheibe als Bückware gab. Ab 1964 besaß ich alle Blues und Rockplatten, die von Westinterpreten raus gekommen waren, sogar die zwei Beatles-Singles mit Tony Sheridan und kurz darauf deren einzigen(?) LP, obwohl ich die Beatles nicht ab konnte, außerdem gar keinen Plattenspieler besaß…
Nein, es stimmt nicht ganz, weil mich 1967/68 die Kommunisten zwangsweise nicht nur von den Ätherklängen der westlichen Hemisphäre fernhielten – der ergiebigsten Zeit von englischer und amerikanischer Popmusik – war es mir auch nicht vergönnt, in jenen Monaten nach Platten Ausschau zu halten, weil ich vollkommen sinnlos meinen „Ehrendienst“ bei der Arbeiterknüppelgarde in Halle vergammelte…
Musik hat immer eine große Rolle in meinem Leben gespielt, nichts prägte mich mehr, als Bob Dylan und die Schdons, abgesehen von der unbändigen Lust auf Klänge, die irgendwo auf UNSERER Erdenscheibe intoniert wurden…
Wobei natürlich schwarzen Mucken und die ungemein breitgefächerte US-Folkszene mit einflossen.
Viel Jahre war ich sogar ein Fan von Joan Baez, was sich später ruckartig erledigte, als sie mit der Ex-Ostberliner „Betroffenheits-Bettina“ umher tingelte.
– Dies wiederum fiel mir vergangenen Freitag ein, anlässlich des neuen Streifens der Coen-Brothers: “Inside Llewyn Davis“. Ein geiler Film, besonders muss ich die politische Unkorrektheit positiv hervorheben und die filmische Leistung des Katers! Für ihn sollte ein Katzenfutterhersteller eigentlich einen alternativen „Oskar“ ausloben, für die beste tierische Hauptrolle!
Etwas muss ich noch einfließen lassen, betreffs des 18-monatigen Vakuums von „westlich dekadenter Musik“. Es gab Kumpels, den ging es ähnlich wie mir, was die wenigen Urlaubsstunden im Heimatdorf betrafen. Kaum angekommen, wurde sofort eruiert, wer neue Platten aus dem Westen besaß oder vom Radio aufgenommen hatte – dabei besaß fast niemand ein eigenes Tonbandgerät. Was gab es deshalb in den meisten Elternhäusern immer wieder für Probleme…
Ein ganz anderer Umstand bereitete beiläufig noch zusätzlich ein Haufen Zoff. Man riss zwischendurch seine Käthe wie ein Westpaket auf, nicht etwa, weil man zu faul zum Wixen war, sondern, um gleich anschließend, irgendwo bei Kumpels, unbedingt die neueste Rockmusik hören wollte und sich dabei die Kante gab…
– Retour zur „Tonart“. Dies alles kam kurzfristig wieder hoch und natürlich die andere Seite auch, war doch die „Chicken Skin Musik“, einer der der ersten LP´s, die ich mir im Westen zulegte, schon wegen des alten Tex-Mexers, Flaco Jimenez, der dort mitmuckte…
– Bei „Aus den Archiven“ – Konrad Adenauer: Zum Ende einer Epoche, gings aus den Federn. Fand nebenher diese Sendung sogar interessant.
– Nach dem Frühstück kam es im „Radiofeuilleton“ recht dicke: Gegen Massenüberwachung! Die Aufrufe ehemaliger DDR-Bürgerrechtler…
Der Theologe Friedrich Schorlemmer lobt Initiative gegen NSA-Überwachung
Herr S. ist sich treu geblieben. Wie in ganz alten Tagen scheint er abermals die Zeichen der Zeit abwartend beobachtet zuhaben und dies seit über einem halben Jahr. Am Ende seines Interviews lässt er sogar die Katze aus dem Sack, „ich habe schon lang drauf gewartet…“, für den Rest weist Fritzchen die Verantwortung wieder von sich, andere sollen handeln! Klar, schließlich ähnelt seine Leichtgewichtsklasse der vom Herrn Gauck oder Genossen Platzeck. Immer im letzten Augenblick, wenn die Leute an der vordersten Front mal ausspannen müssen, weil zu viele Zauderer
noch am Überlegen sind, wann endlich ihr gefahrloser Einsatz erfolgen kann, stehen solche Individuen plötzlich frisch, frei und fröhlich an erster Stelle und reißen den Rest an sich.
Weshalb ließen die Ex-DDR-Bürgerrechtler ihre weichgespülte Beanstandung ausgerechnet in der Schülerzeitung veröffentlichen? Hatten vorher andere Printmedien etwa eine Kosten/Nutzen/Analyse erstellt? Denen war es scheinbar die Druckerschwärze nicht wert, da nach ca. 7 Monaten kein Interesse mehr bestand, weil man damit keine Quotensteigerung erzielen konnte.
Mir letztlich egal, ich meine damit nicht nur das laue Protestchen, sondern auch die Beweggründe der Medien. Für den Kommentar vom F.S. sollte man sich wirklich Zeit nehmen, um hinterher etwas einzuschätzen. Meiner Auffassung nach, wäre bei einem Vortrag im Fernsehen keinen Gebärdendolmetscher nötigt gewesen, was sollte der denn gestikulieren? Lediglich die Symbolik für eine endlose Kette von Sprechblasen mit warmer Luft, das hätte ich auch übersetzen können…
– Sollte es mir bedenklich erscheinen, weshalb der frühere Schatten (C.D.) von F. Schorlemmer nicht mitunterzeichnet hat?
– Als die „Kulturnachrichten“ endeten, schaltete ich sofort ins Netz um.
Was sollten mir eigentlich jene Worte sagen?!?
Mit Blick aus seinem Elfenbeinturm, meinte dazu ein Zukunftsforscher: Deutsche sehen zuversichtlich ins neue Jahr
Die Zuversicht der Deutschen beruht auf den vier Wohlstands-Fs: Familie, Freunde, Freiheit und Frieden.* – (Ein urst super geiles Axiom!)
So sieht es der Hamburger Wissenschaftler (Welchiger Art eigentlich? Ist er vielleicht Pomologe im Alten Land?) Horst Opaschowski. Das dritte Jahr in Folge hat er Bürger nach ihren Zukunftsaussichten gefragt. Demnach sei die Zuversicht der 1.000 Befragten auf einem neuen Höchststand. 44 Prozent erwarteten das kommende Jahr mit großer Zuversicht und Optimismus. Vor allem jüngere Menschen seien positiv gestimmt, meint Opaschowski. Zwar gebe es auch Skeptiker, die Zahlen seien aber stark gesunken.
Bei wissenschaftlichen Ergebnissen, von solch tiefgründiger Kaffeesatzleserei, war ich natürlich gespannt, was sich für ein großer Experte hinter dem erwähnten Namen verbarg.
WIKI gab hinreichend Auskunft.
Ehrfurchtsvoll sog ich alles ein, Diplom, Dr?!-Titel und viele Dekorationen. Aha, ein Zukunftswissenschaftler, Publizist und Berater für Wirtschaft und Politik…
Ein ganz wichtiger Mann also, der auch noch mehrgleisig fährt. Publiziert für die Massen gutgemeinte Prognosen, berät nebenher Wirtschaft und Politik, damit hinterher optimistische Voraussagen entstehen können. Ob es nicht ein bisschen gewagt erscheint, wenn er bei 80 Millionen Deutschen und Deutschinnen, mit und ohne Migrationshintergrund, nach dem Aushorchen von 1000 Befragten und Befragtinnen kurz und bündig zu dem Schluss gelangt, dass über 36 Millionen bundesgermanische ZeitgenossenInnen voller Zuversicht das nächste Jahr angehen wollen. (Da wussten sie aber noch nicht, was für eine Regierung gebastelt wurde.) Möglicherweise kann man ja heute auf die Mithilfe der NSÄ zählen, logisch, dann wird alles etwas genauer…
Da schlägt doch glatt mein Zweckpessimismus in zarten Optimismus um.
Vor allem das mit der Jugend beruhigt mich ungemein, die seien positiv gestimmt, damit ist sicherlich die verblödende Smartphone-Generation gemeint! Solange für sie genügend elektronische Unterhaltungs-Pille-Palle produziert wird, geht es denen bestimmt gut.
*Ich würde es ja so sehen: Die Zuversicht der Deutschen beruht auf den drei Wohlstands-“F“s und einem „E“: Ficken, Friede, Freude, Eierkuchen.
– Kein Axiom! Sondern subjektive Ergebnisse meiner selektiven Wahrnehmungen bei Jugendlichen und Teilen der angepassten Massen im Vormumien-Stadium, drückt letztlich so etwas – wie pseudo-hedonistische Lebensfreude aus
Fußnote:
Bisher gab ich mich immer noch der trügerischen Hoffnung hin, bei „dradio“ handelt es sich um eine Station mit gewisser Seriosität