Nachdem Anfang der 1960er zu Weihnachten „Sissi“ im Westfernsehen lief, verpasste mir Zwiebel den Kosenamen der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, was ich zum Kotzen fand. Aber je mehr ich mich ärgerte, um so mehr hänselten die anderen in der Schule, darum Kopf runter und durch. Letztlich blieb nur mein Kumpel übrig, der mich die ganze Zeit über „Sissi“ nannte.
Letztmalig vernahm ich diesen Spitznamen im Frühsommer 1990 in der berühmten Sangerhäuser „Klemme“ zum Frühstück, als wir uns dort zufällig im Gedrängel am Tresen trafen. Jürgen war nicht gerade amused wegen meiner Reaktion, als unser ehemaliger Deutschlehrer, nun Knecht, die Bestellung aufnahm und mich dabei anquatschte. Worauf ich gut vernehmlich entgegnete, „wenn du rote Sau noch einen Ton ablässt, dann haue ich dir eine in die Fresse!“ Allerdings gab es ringsumher sehr wohlwollende Kommentare in meine Richtung.
„Sissi, hör auf, der ist doch jetzt ein alter Mann!“ Und dies ist auch schon wieder ein viertel Jahrhundert her…
Später sah ich nur zwei Filme mit Kalle Böhm, „Augen der Angst” (Peeping Tom) und „Martha“ von Fassbinder. Beides herausragende Streifen! Sicher werden sie, ob seines Ablebens, bestimmt nur die „Sissi“-Kamellen in der Glotze bringen.
Ist mir letztlich egal, den in der Woche habe ich mein Glotzenplansoll bereits übererfüllt – in fünf Tagen drei Filme auf ARTE gesehen und bin dabei nicht eingepennt!
Es begann am heiligen Sonntag mit: „Der Kommissar und sein Lockvogel“, ein geiles Kontrastprogramm zur Europa-Wahl-Farce auf den anderen Kanälen. Nach dem Film ließ ich dann bei der ARD, vielleicht 5 Minuten, Jauche aus dem Gasometer plätschern – das reichte vollkommen! Bei mir meldete sich Sodbrennen an, habe dann, ohne weiteres Unwohlsein aufkommen zulassen, gerade noch den gewissen Knopf betätigen können.
Mittwoch dann: „Monsieur Lazar“.
Gar nicht mal so gutmenschelnd, wie anfangs gedachte, aber doch ein Märchen, denn wo existieren heute und hier noch solche Pädagogen? Mir ist kein Lehrer dieses Formates bekannt. Scheinbar auch der Grund, dass der gesamte Film in der Mediathek nicht abrufbar ist – eigentlich mehr als Schade!
Gestern nun „8 Uhr 28“.
Tat mich zu Beginn doch etwas schwer mit der leise beginnenden Thematik und griff nebenbei zum Tagesspitzel, legte ihn aber dann doch weg.
Die filmische Mucke war auch toll.
Mir fällt abschließend noch etwas ein.
Während des Abspanns von „Der Kommissar und sein Lockvogel“ wurde ein Zitat eingeblendet.
Im Nachhinein hätte es aber besser zum letztgenannten Movie gepasst, denn selbiges lautete: „Car la vie est un bien perdu quand on n’a pas vécu comme on l’aurait voulu – Denn das Leben ist ein verlorenes Gut, wenn man es nicht so gelebt hat, wie man es hätte leben wollen.“
Richtig, auch wenn es sich nur um wenige Tage handelt, von denen man sogar den Rest des Lebens zehren kann.
Bei mir sind es die Sommermonate im Jahr 1974, als ich die meiste Zeit illegal in einem kleinen Camp verbrachte, im südöstlichsten Zipfel der Bieszczady. Dort schlugen wir uns mit recht wenig Knete durch, Alkohol war verpönt, dafür gab es aber oft amphetaminhaltige Kost…
Es war die einzige Zeit in meinem Dasein, wo ich wirkliche Freiheit genießen durfte! Alle dafür lebensnotwendigen Utensilien befanden sich in meinem Jeansanzug, Parka und dem I.Weltkriegstornister.
Mein Vernehmer aus dem minus 5-Sterne-Stasihotel, „Roter Ochse“, Hauptfeldwebel Klopffleisch, konnte dies anschließend gar nicht nachvollziehen…
Karlheinz Böhm geht nicht mehr einkaufen
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