Heute schwirrte ein Elektrobrief vom Prenzelgebirge in die Ebene des verschlafenen Dorfes der Wilmer. Wenn ich mir das Angebot im „CL” betrachtet, lebt man hier unten in einer kulturellen Sahelzone. Man könnte meinen, jenes Fleckchen im Bundeshauptdorf ist die heimliche No-Go-Area für Musen.
Allerdings existieren noch zwei intakte Musikläden, der „Badenscher Hof” und das „Rickenbacker“, wo auch Eingeboren des hiesigen Kiezes verkehren. Dafür aber Jazz- und Bluesfans aus allen Ecken dieser Erdscheibe. Wenn ich so manchen zugezogenen Neureichen erlebe, kommt mir oft der Verdacht, die sind in der heilen Welt von Heino und der BILD-Zeitung aufgewachsen. Gut, Fresskneipen gibt es hier bis zum Abwinken, wobei manchmal zwischen Preis und Leistung Lichtjahre liegen (nicht so im “Nea Knossos“), das scheint aber diese Leute nicht zu interessieren, wesentlich ist doch, dass man gesehen wird und das Umfeld es registriert, wenn man mit der elektronischen Kommunikationsprothese lautstark masturbiert.
Nicht zu vergessen, in Scharen latschen mir ewig Frühabendserienfuzzies und abgehalfterte Politiker über den Weg. „Uns Diepchen” scheint auch zu darben, oder er hat etwas übrig für den 1-Euroshop an der Berliner-Straße…
Ach so, die Bordelldichte soll in unserem Kiez mittlerweile höher sein, als in einschlägigen Vierteln von Hamburg. Erinnern möchte ich noch an den untergegangenen Laden von Franz de Brüll. Musik wird da schon ewig nicht mehr gemacht, aber im Keller bei Schummerlicht, wieder geblasen…
– Café LYRIK – Jazz, Chanson, Klassik und mehr
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