„KREUZBERG, DAS ANDERE BERLIN“ von Jürgen Enkemann

Muss noch etwas zu dem Büchlein ablassen, welches ich im gestrigen Schrieb bereits erwähnte.
E. lieferte eine gute Recherche ab. Dem grauhaarigen Kiez-Wolf, der mir jenen Schmöker auslieh, sind die letzten beiden Drittel fast unbekannt. Darauf werde ich jetzt noch eingehen, weil mir beide Seiten bekannt sind.
War gerade der Zone entfleucht. Nach 13 Monaten Zuchthaus und die letzten beiden Wochen im Osten, noch zum gesundheitlichen Aufpeppen im Chemnitzer Knast untergebracht, ging es gleich anschließend im Westen, fast lückenlos weiter…
Auf der östlichen Seite von Mauer und Zaun bereits zu einem Pickel am Arsch des ersten sozialisti­schen Schlaraffenlandes mutiert, fiel es mir nicht schwer, zwar nun auf einer etwas anderen Ebene flanierend, mit den nachhaltigen Osterfahrungen, den einstmals begonnenen Lebensweg fast iden­tisch fortzusetzen. Dabei war mir meine tief verinnerlichte Weisungsresistenz immer sehr hilfreich!
Deshalb sagte mir der gesamte Inhalt des Buches etwas.
Fand natürlich in meinem Bermudadreieck der Erinnerungen, etliches Zeug aus damaligen Zeiten. War oftmals an vorderster Front dabei, wollte ja später ebenso, wie ein Kumpel, meine Bude sauteuer möbliert vermieten und dann in einem besetzten Haus für nothing höhlen…
Startete dazu drei Versuch, am Klausener Platz, einem Eckhaus der Haupt/Kolonnenstraße und dem Ufa-Gelände.
Auf der anderen Seite, half mir meine Englischlehrerin bei der Abschlussklausur, weil sie unbedingt wollte, dass ich auf dem Ufa-Gelände mit einstieg, wegen meiner A- und E-Schweißerpässe…
Die aktive Besetzergeschichte hatte sich ziemlich schnell, für mich dann totgelaufen, nahm allerdings weiterhin an allen möglichen Aktionen teil, hauptsächlich von Charlottenburg, über Tiergarten, Moabit, bis runter nach +berg.
(Hier folgt morgen eine Fußnote)
War schon eine irre Zeit, zumal sich zusätzlich auch der Punk in Berlin etabliert!
Immer mal wieder fand ich mich in frauenbewegten Rudeln wieder. Dies geschah oftmals in ganz speziellen Etablissements, wie z. B. das Café Lila, in der Katzbachstraße, sehr schwere Kost für unsereins…
Gut, bis zu einem gewissen Grad konnte ich schon zuhören, wenn es aber um ganz wichtige und konkrete Themen ging, bei denen meine Gedanken willenlos umherirrten, besonders nach einem Dreiblatt, genossen auf den nahegelegenen Kreuzberg, war natürlich alles zu spät. Es war ewig das Gleiche, die Emanzipation erahnenden Mädels drehte sich an solchen Tagen auch immer im Kreis, wie ich es auch von meinen Kumpels her kannte, bei den wichtigen Verbal-Luftschlachten am Tresen. Allerdings fanden die geschlechtsspezifische Plappereien noch nicht auf der Ebene von ML-Chinesisch statt. Außerdem gab es Themen, in denen ich mich vollkommen ahnungslos heraushielt.
Wie sollte ich mich aber auch einbringen, wenn es darum ging – gemeinsam zu menstruieren?
Allerdings ergab sich doch schon die Einbeziehung meiner Wenigkeit. Da ging es mal darum, ob man Typen heranziehen sollte, wegen der BKB, wenn für die Freundin ein Sterilisations-Trip oder einer Abtreibung nach Holland, auf der plötzlichen Agenda stand…

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