BULION WARZYWNY, Polnische Brühepaste

Hatte eigentlich einen ganz anderen Schrieb begonnen, begann aber gleichzeitig mit einem Kurz­kommentar für jene Gemüsebrühe und verzettelte mich dabei…
Deshalb landete alles hier!
Bin immer sehr misstrauisch, wenn mir etwas außerordentlich gut mundet und ich es mittlerweile auf die chemischen Zusätze schiebe, mit denen heutige “Lebensmittel”-Alchimisten herumexperi­mentieren. Um die niedrigsten menschlichen „Gaumenfreuden“ zu betören, damit sie einen Haufen Kohle einsacken können…
Nun schmeckt jenes Zeug außerordentlich lecker, also wurden meine Skrupel doch hintenan ge­stellt.
Hatte von dem Unternehmen auch zwei andere Pasten probiert, Hühner– und Rinderbouillon, die sich auch als recht wohlschmeckend herausstellten, ließ es aber aus ethischen Anwandlungen sein.
Weshalb?
Dazu einige Anmerkungen!
Zur ersten Begegnung der anderen Art, kam es während eines abschließenden nächtlichen 30 Kilo­meter Gewaltmarsches, östlich von Halle/Saale, als Bereitschaftsbulle, drei Tage vor der Wehrdienstentlas­sung, im Herbst 1968. Unser Trupp von acht Soldaten, hatte den eigentlichen Weg, mit etlichen Normenkontroll­punkten verlassen und landeten, nach einer mächtigen Abkürzung, schließlich im Hinterzimmer einer Dorfkneipe, wobei uns die dortigen Jungs zuschütteten. Reichlich besoffen ging es weiter Querfeld schräg in Richtung Garnisonsstadt. Irgendwann reichte es mir, verkrümelte mich und ließ die Kameraden weiterziehen. Pennte etwas, bis die feuchtkalte Nachtluft meine Ruhepause been­dete. Wankte anschließend in Richtung des größeren Lichtkegels am Horizont, was sich schließlich als richtig herausstellte.
Stieß irgendwann auf einen riesigen Komplex von doppelstöckigen Gebäuden. Anfangs dachte ich erschrocken, dass es sich sich um ein Arbeitslager handeln würde, da den ellenlangen Maschen­drahtzaun oben Stacheldraht zierte. Alles hellerleuchtet und zwischen den Bauwerken überall Be­tonstraßen, aber nirgends Wachtürme. Von drinnen waren aber auch keine Geräusche zu vernehmen. Beschloss jenes Areal nicht zu umgehen, probierte deshalb meine neuerliche Drahtschere aus, das Bajonett der AK 47. Schnitt den Draht entsprechend durch, schlamperte dann weiter, bis ich an einer Pförtnerbude landete. Der Wächter fiel fast in Ohnmacht, weil er dachte, einen Deserteur vor sich zuhaben. Konnte ihn aber sofort be­ruhigen, drückte ihm das Wäffchen in die Hand, damit er selber kontrollieren konnte, ob sich Muni­tion darin befand.
Nach den Schrecksekunden gab es meinerseits die Erklärung, weshalb ich gerade hier auftauchte, entge­gengesetzt des Einganges. In voller Kriegsbemalung und saudreckig, wie er mich registrierte, wurde mir zuerst eine leich­te Waschung empfohlen. Konnte mich kurz etwas reinigen, danach gab es von ihm einen Kaffee nebst Stulle.
Der Mann schilderte mir auch, was die tiefen und sehr langen Gruben bedeuteten, an denen ich mehrere hundert Meter vor dem Objekt entlanggelaufen bin. Meine Abkürzung hatte mich in ein Hühner-KZ geführt, wo momentan Geflügelpest grassierte. In den Kuhlen wurde sämtliches getöte­tes Federvieh, nebst Zugabe von Calciumhydroxid (gelöschter Kalk) verbuddelt…
Sechs Jahre später, Sommer 1974, lernte ich solch Anlage dann von innen kennen, irgendwo bei Schönebeck an der Elbe.
Zu zweit holten wir dort einen Kumpel ab, der als Lebensmittelchemiker in eben solcher Institution arbeitet. Wir erhielten beim Pförtner weiße Klamotten, Mützchen und mit den Gummistiefeln ging es dann durch eine Seuchenwanne
Erste Info: Für die Viecher ward der 24-Stundentag auf 12 reduziert. Dann verstand ich plötzlich weshalb wir auch Staub-Masken bekommen hatten. Wo wir entlang der Legebatterien irgendwo auftauchten, drängelte alles nach vorn. Massenhaft malträtierte Hennen tänzelten auf Drahtgeflech­ten herum, mit blutigem Schorf verziert und partiell federlos.
Trotz des ewig aufstiebenden Staubes, die gesamte Umgebung war sehr sauber.
Dann ging es in das Labor vom Schefff. War anschließend platt, wie eine überfahrene Padde – alles vom Allerfeinsten!
Die schienen hier Forschung zu betreiben, aber um was ging es hier eigentlich?
Massen von allen möglichen Apothekerflaschen mit Glasstopfen standen fein säuberlich in den vielen Wandregalen aus blinkendem Edelstahl. Deren Inhalt von verschieden farblichen Ingredien­zien unterschiedlichster Art.
D. nahm aus einem Glas zwei Pellet, wie er sie bezeichnete, etwa von der Größe eines Zigarettenfil­ters, „hier kostet mal!“
Wollten wir eigentlich nicht.
„Braucht keinen Bammel zuhaben, das Zeug ist vollkommen steril und schmeckt auch gut. Müsst aber mehrere Schluck Wasser nehmen, damit alles in eurem Mund aufweicht. Das Zeug wird euch an das Atomknäcke der Notfallrationen bei der Truppe erinnern! Aus was es besteht, sage ich euch aber erst hinterher!“
Hier noch eine kurze Beschreibung zum Atombrot! Von der Größe ungefähr, wie eine habe Packung Wrigley Kaugummi, allerdings steinhart. Entweder man löste das gesamte Stück in Wasser auf, oder zertrümmerte es mit dem Gewehrkolben und lutschte anschließend die zerkleinerten Stücke, musste dazu aber ewig auch Wasser trinken.
Dem war hier ebenso! Nach kurzer Zeit quoll der Brösel auf mindestens die vierfachen Menge und schmeckte nach Getreide.
Die anschließende Erläuterung kam doch etwas schräg an, wir hatten nämlich die aufgearbeitete Hühnerkacke verzehrt!
Aber mal von Anbeginn!
Weil die Hühner gierig ihr Turbo-Futter verschlingen und sehr wenig davon verdauen, wurde der gesamte Auswurf neuerlich verarbeitet.
Mir blieb lediglich etwas lückenhaft hängen.
Sämtliche Scheiße wurde getrocknet, anschließend zu feinem Staub gemahlen, unter großem Druck auf 140 oder 160 Grad Celsius erhitzt und nach dem Abkühlen mit unterschiedlichsten Proteinen, Arzneimittel und irgendwelchen Spurenelementen versetzt…

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