Noch etwas zur letzten Rolle Kackpapier!

Fußnote: Hier folgt die Fortsetzung zum Schrieb vom 7. Juli
Gleich Anfang der 1990er erhielt ich den Anruf eines Bekannten, dass aus dem Gelände der ur­sprünglichen Schultheiß-Brauerei, nun jenes Möbellager ausgezogen sei und alles offen stand, ob ich nicht Lust hätte, in vielen dortigen Räumlichkeiten zu plündern…
Ließ mir dies nicht zweimal sagen.
Knallte für zwei Fahrten den Opel Rekord bis unter das Dach mit Zeug voll.
Darunter befanden sich auch zwei riesige Beutel mit jenem Lokuspapier (Bei dessen Verwendung nahm man an, es würde sich um Schleifpapier mit 80er Körnung handeln.), massenhaft Kartons mit Aluminiumbestecken, Schöpf- und Schaumkellen aller möglichen Größen, ebenso Kochtöpfe, die dann ewig zum Farbe mischen be­nutzt wurden.
– Habe niemals verstanden, weshalb in der Zone Aluminiumzeug überall solch Stellenwert besaß, war doch dessen Herstellung außerordentlich teuer!
Jahrelang benutzte ich Teile jene Beute dann als Gastgeschenke. Weltweit gelangte z.B. das Lokus­papier, so als Test, in die verschiedensten Ecken UNSERER ERDENSCHEIBE…
Hinzu kam sehr gut erhaltenes reichsdeutsches Tischler-Werkzeug, Handkurbelbohrer, alte Brust­leiern und auch jede Menge gut erhaltene lange Holzbohrer bis 25 mm Durchmesser. Diese Teile benutzte ich manchmal sogar noch selber, irgendwo in stromlosen Situationen. Bis zu dem Zeit­punkt – war in jenen Tagen Allround-Handwerker in der Zweiten-Hand-Gruppe – als Oberschefff­chen Herby, während einer Suff-Laune, mir einen Koffer von Metabo mit einem Akkuschrauber schenkte. Selbige Gerätschaften waren damals noch arschig teuer!
Später stellte ich aus dem Bohrerzeugs zwei Sets her. Diese landeten dann in Matema, im Südwes­ten Tansanias. Bat das Kind, welches ein Jahr dort in einem Krankenhaus arbeitet, sie irgendwel­chen Tischlern zu schenken, was sie auch tat.
Von einem der Knaben erhielt ich dann eine Danksagung, den sie anschließend übersetzte. Weiß gar nicht, wo der Brief gelandet ist. Jene Zeilen gingen mir damals richtig an die Nieren! Der Mann be­griff im ersten Moment die Welt nicht mehr, als plötzlich ein junges blondes Weißbrot vor ihm stand und aus heiterem Himmel jenes Geschenk offerierte.
Bis dato stellte der Holzwurm immer wieder größere Löcher mit glühenden Moniereisen her.
– Während solcher Schreibereien fallen mir ewig noch Ergänzungen ein.
Wenige Tage später stand ich wieder dort auf der Matte, in voller Kriegsbemalung, was die Kamera­ausrüstung betraf. Innerhalb von anderthalb Wochen wurde das gesamte Gelände mit zwei Kumpels abgelichtet. Angefangen vom Dach bis hinunter in die Keller. Allerdings war nach zwei unteren Eta­gen Pumpe, weil dann sämtliche anderen tieferen Geschosse abgesoffen waren, dies betrifft das ge­samte riesige Gelände der jetzigen Kulturbrauerei. Angeblich befinden sich noch weitere sechs Stockwerke darunter. Im ganz untersten Bodengeschoss soll sich überall riesige Räumlichkeiten be­finden, in denen winterliches Eis eingelagert wurde, ausgesägte aus Teichen und Flüssen der gesam­ten Berliner Umgebung.
Immer noch strolchte auf dem riesigen Gelände der ehemalige olle Heizer herum, dessen Zunge ich jeden Tag mit einem neuen Sixpack löste. Auf sein Anraten hin, ging es den zweiten Tag mit Ta­schenlampen hinunter, anschließend besorgte ich sofort 100 Meter Verlängerungskabel und entspre­chende Scheinwerfer.
So entstanden schließlich weit über 1000 Negative vom gesamten Objekt, welche letztlich nur in den eigenen Archiven landeten. Irgendwann erkundigte sich jemand vom gegründeten Verein, ob man von mir einige Bilder erhalten könnte, für eine Dokumentation. Stellte daraufhin ein Best of von 100 Kontaktabzügen her. Recht unverschämt wollte man mir 5 DM pro Bild zahlen, allerdings sollten dazu auch noch die Negative in deren Besitz übergehen…
Zum Piepen, was der ehemalige Heizungsknecht nebenher erzählte und hierfür konnten wir ewig die ent­sprechenden Belege dafür begutachten.
Ende der 1960er wurde der Braubetrieb eingestellt und oberhalb die gesamten Anlagen vollständig demontiert, was in den Kellerräumen nicht überall statt­fand. Wo es möglich war, wurden in den beiden noch begehbaren Kellergeschossen, Kilometer von Feuchtraumkabeln weggefunden, dafür zeugten auch gigantische Haufen von den Isolierungen. Wenn man es nur auf die kupfernen Innereien abgesehen hatte. Große Motoren waren zerkloppt worden, wegen der kupfernen Ankerwicklungen, ebenso erging es vielen Kreiselpumpen aus Rotguss, wegen ihrer Kupfer-Zinn-Zink-Blei-Legierungen und deren rotierenden Teile aus Messing. Dafür gab es bei den Schrotthändlern richtig gutes Geld.
Endlich konnte ich in sehr großflächigen Räumlichkeiten etwas betrachten, was mir Quaky, unser Schmied in der Tangemünder Schokobude beigebracht hatte.
Durch ihn und die dortigen tierischen Zustände wurde ich sogar zu einem Rattenexperten.
Unter normalen Umständen bewegen sich jene Nager immer nur in den Ixeln (Ixel steht für: Inneneck, das sich zwischen zwei Flächen – Wänden und Decke oder dem Boden – befindet.). In selbigen Kellern, den Stapelräumen, wurden Bier- und Limo-Kästen gelagert. Überall gab es eine gleichmäßige fette Staubschicht, nur an den Wänden entlang, befand sich ca. 20 cm breit, die Rennstrecken der Tiere. Da Mäuse überall kreuz und quer herum huschen, gibt es einen ganz simplen 100 % tauglichen Trick, um festzustellen ob man Ratten irgendwo hat. Dazu wird lediglich ein Streichholz schräg auf dem Boden an die Wand gelehnt. Weil sie sich immer mit ihren Tasthaaren an Kopf und Schnauze sowie den am ganzen Körper verteilten Leithaaren an den Ixeln orientieren, besonders in der Dunkelheit.

Zu Ratten fällt mir noch etwas ein.
In der ehemaligen Heizung von der Schoko, befanden sich unter den Öfen größere eckige Höhlen, dort standen früher große Loren, für Asche, die dann zum Leeren weggefahren wurden. Dort wur­den jetzt Styropor-Halbschalen für Rohre gestapelt und darin hatte ich mir einen Schlafplatz ge­staltet. Hauptsächlich wurde dort gepennt, wenn nach irgendwelchen Situationen kein Bus mehr fuhr, ging ´s in die Bude zur nächtlichen Augenpflege…
Ratten sind ja intelligente Viecher, sehr scheu und ungemein verfressen, aber ganz friedlich, wenn sie in Ruhe gelassen werden. Nun geschah folgendes, wenn mein Nachtlager aufgeschlagen wurde, zumal die Halle mehrere 100 Quadratmeter maß. Gefüllt mit ungemein viel nützlichem und unnüt­zem Zeug, Maschinenteilen, Schrott, Holz für die Tischler und sonst etwas. Beim Eintritt sofort To­tenstille, kurz vorm Einschlafen legte immer massenhaftes Pfeifen, Gequietsche los, nebst undefi­nierbarer Raschelei aus allen Richtungen, aber immer nur bis zu einer angemessenen Entfernung, von vielleicht zwei bis drei Metern. Nach vielleicht 30 Minuten kehrte dann relative Ruhe ein.
Schlimme Sachen passierten, wenn z.B. während der Frühstückszeit, plötzlicher Reparatureinsätze angesagt waren und sich deshalb niemand mehr in der Werkstatt befand, aber noch irgendwelche Fressereien auf dem Tisch herumlagen. Spätestens nach 10 Minuten tauchten die Nager auf.
Quaky unternahm manchmal etwas gegen solch Invasionen, er besaß eine Lebendfalle, worin sich allerdings sehr selten eine Ratte verirrte! Passierte es dann doch einmal, lande das Tierchen dann im Stahleimer, der mit einem Metallsieb gedeckelt wurde. Dazu wurde ein viertel Liter Benzin ge­schüttet und angezündet. In der anschließenden Todesqual schrie solch solch Vieh extrem lautstark wie ein Säugling, aber hinterher ließen sich mehrere Wochen keine Ratten mehr erblicken…
Einmal erlebte ich den Beginn solch einer solchen heißen Zeremonie. Gebot dem Todesurteil sofort Einhalt, mein Meister gestattete mir sofort den Bau eines Käfigs, 80 X 60 X 50 cm Größe. Der neue Mitbewohner,
Cäsar, auf dem Schreibtisch, gefiel natürlich unserem Stalin gar nicht. Für den raben­schwarzen Salontiger brach bald noch eine schlimmere Zeit an, als für ein paar Wochen der Misch­lingflohcontainer auftauchte, den nannten wir Krishna…

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