Guitar Crusher´s 80th Bithday Celebration (II)

War schon enorm, wer so alles aus der Szene aufgetauchte. Kein Wunder, schließlich lebt Crusher bereits seit vielen in diesem Nest.
– Habe noch in Erinnerung unter welchen Umständen ich ihn das erste mal erlebte, in einem neuen Laden am Hurfürstendamm – deshalb nicht bei “Joe am Ku’damm”!
Auf Grund einer Empfehlung von Manne Chicago waren wir dort gelandet, da ließ ich mich sogar breitschlagen und ging mit in solch eine Touri-Falle. Zu jener Zeit etablierte sich in West-Berlin fast täglich neue Blues-Formationen aus Weißbroten, haufenweise Ossis darunter – sehr gute Leute dabei! Möchte hier nur an Blues-Gunther erinnern, einem gigantischen Blues-Rock-Gitarristen, der anfangs mit sehr lustigem Freiberger Englisch die großen Hits darbot und dann viele Jahre mit Manne C. im Duett auftrat. An jener fruchtbaren Verbindung war ich nicht ganz unschuldig…
Wenn mich nicht alles täuscht, war G. C. bei Dr. Friebes Bluesband als special guest vorgesehen . (Seinen Dr. hat der Scheff nicht in Blues verzapft, sondern in Biologie. Ob es sich bei ihm auch um einen Plagiator handelte, ist mir nicht bekannt, aber seine Mucken kamen immer geil rüber.)

– Bereits längere Zeit kopierten blasse Gestalten aus aller Herren Ländern, schwarze Musik recht optimal, aber mit der Vermittlung des entsprechenden Feelings haperte es immer noch. Dafür musste immer mal wieder ein Renommier-Blues-Nigger herhalten…
{In den ´ 90ern erlebte ich im Tempodrom grottenschlechte Bands aus deutschen Landen. Die krampfhaft versuchten auf der Pisse von Clarence Gatemouth Brown oder John Lee Hooker Kahn zufahren. (Allerdings affenscharf, was die Weißbrote um J. Geils, aus Hookers Song gestalteten. Zu einem Hörnchen kam jener Hit immer besonders gut, sie waren auch eine ausgesprochen elefantöse Live-Band!) Jene Pimpfe ließen die alten Herren oft nicht zu Potte kommen. Ähnliches empfanden wir bei einem Konzert von David HONEYBOY Edwards in der Braunschweiger St. Jakobi Kirche.}

– An dem Abend holte sich Herr Chicago nicht ein, hatte er doch einen Tag vorher, im Bayerischen,  die Geburt eines Kälbchens live erleben dürfen. Wir quatschten, zechten, gingen zum Kiffen raus, lauschten der Musi und schienen vergeblich auf den Gastmusiker zuwarten, der nicht zum verabredeten Termin erschien.
Wir waren schon dabei die Startlöcher für unseren Abgang zu hacken, als mächtige Unruhe  entstand, strahlend kam von Manne: „Endlich, das ist er!“
Zumindest sah er gut aus, ganz in weiß gekleidet mit breitkrempigen Hut – aber völlig neben der Rolle. Gerahmt von zwei jungen Burschen, die versuchten, ihn mit erste Hilfegriffen quer durch den Raum in Richtung Bühne zu bugsieren. Onkel Tom erschien vollkommen zugezogen, anscheinend mit Alk, trotzdem übersah er keine Käthe…
In der nächsten halben Stunde tat sich nichts, deshalb düsten wir ab. Irgendwann tauchte er immer mal wieder auf, meistens im „Yorkschloss“, dann im „BH“, schließlich mit eigener Band und sie wurden zunehmend richtig gut.
Unter den Geburtstagsgästen befand sich natürlich auch Robby, der vor Jahren das „Bluescafé“ in der Körnerstrasse etablierte.
Eine Institution!
Klein aber sehr fein!
Die einzigen Burger, die ich je in meinem Leben einpickte, waren köstliche Robbyburger! Da hatte man wirklich etwas gut schmeckendes zwischen den Fressleisten. Nicht diese übliche, fleischidentische Chemie oder Reste von flachen Hasen von der A100 zwischen gestanzten Pappteilen, die mit viel Phantasie, ganz entfernt an irgendeinen halb getrockneten Mehl(?)pamps erinnerten.
(Mein Trauma, was Fastfood betrifft, stammt aus Madrid, Mai ´79. Eine Woche höhlte ich dort in einem Obdachlosenasyl. In der Nähe existierte nur ein Feinkosttempel von „Burger King“. Weit und breit der einzige Laden, der bereits 6 Uhr 30 öffnete, denn morgens schleppte ich ständig meine ganze Rödelei noch mit mir herum.)

An jenem Abend tauchte auch der Geist von Mr. Stevenson immer wieder dort auf. Rudy hatte sich vor einem dreiviertel Jahr in den ewigen Blues-Himmel verabschiedete. Er war für mich der farbige Marcel Marceau an der Klampfe. Bei weitem kein Virtuose auf dem Instrument, die sparsame Spielweise kollidierte auch nie mit seiner Ausstrahlung, da brauchte sich diese sympathischen Seele von Mensch auch nie einen Kopf zumachen. Man hatte immerwährend das Gefühl, egal mit wem er spielte oder wo er zwischen seinen Kollegen hockte, er war das Zentrum, der ruhende Pol.
So manches mal, erlebte ich es, dass er beim Solo regelrecht ausflippte, dabei die Saiten nur bundweise von oben, dann wieder von unten blockierte und das Instrument wie ein junger Punk malträtierte. Begann das Publikum nun frenetisch zu applaudieren, zu johlen und zu pfeifen, wurde alles mit einem schelmischen Lächeln quittiert. Dabei strahlte Rudy dann wie ein Honigkuchenpferd.
Anschließend lehnte er sich zurück und spielte so dezent weiter, als befänden er sich auf einer langweiligen Stehparty von prüden, amerikanischen Hausfrauen…
Viel zu spät erfuhr ich vom Ableben dieser Blueslegende.
Finde es auch eine Sauerei, dass keiner dieser Klugscheißer und „Konzertbesprecher“ UNSERER Printmedien, auch nur ein Wort zum Tod von Mr. Stevenson verloren.

Von Rudy fand ich nur ein relativ nichtssagendes Bild, dabei liegen irgendwo massenhaft Photos von ihm, ebenso Bootlegs aus dem „Y-Schloss“ und dem „BH“, es tauchten noch zwei Bilder auf, Ben muckte sehr oft mit Rudy.
Vom Crusher ist nur eine Aufnahme halbwegs etwas geworden.
Bei der eigenwilligen Interpretation von: „Hello Josephine“, standen neben mir zwei ältliche Tussen – Pädagochen! – und stritten über Unterrichtsvorbereitungen.
Dachte mir so, wat sin denn det für Arschjeijen, die sich in diesem Alter noch über solch Pille Palle unterhielten…

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