»1636 – ihre letzte Schlacht«

Gestern besuchten wir, in der „Loriot-Stadt-Brandenburg“, das Archäologisches Landesmuseum.
Eigentlich wussten wir ja nicht, was uns erwartete, denn der eigentliche Grund war lediglich die  Sonderausstellung im „Pauli-Kloster“, dass sich jenes Museum in der alten Klosteranlage befindet, war uns natürlich nicht bekannt.
Selbstverständlich verzichtete ich auf das NAVI, denn dieses Nest ist mir schließlich aus alten Tagen in guter Erinnerung geblieben.
Aber Pustekuchen. In den Sträßchen – viele natürlich Einbahnstraßen – kein einziger Hinweis auf die Ausstellung: »1636 – ihre letzte Schlacht«. Nur alles mit dröger Werbung bepflastert, mit all jenem Zeug, von dem ich wirklich nichts für mein Leben benötige…
Wir fanden das Kloster dann durch Zufall, auf dem Weg zu einem Café konnte man es am Ende einer schmalen Gasse erblicken…
Dieser Ausstellungsort ist wohl gelungen, bis hin zum kleinen Museumscafé – unter den Fittichen eines freundlichen Tresenknechtes.
Eine Stunde ging schon für den Einblick in die Jungsteinzeit der Region drauf, zwischendurch kurzes Lustwandeln im Gebäude, anschließen raus in den Klosterhof mit den roten Kriegerschablonen…
An jeder Figur flatterte ein kleines, laminiertes Schildchen mit der kurzen Auflistung von Krankheitsbilder der einzelnen Söldner. Nix besonderes, sie wurden von den gleichen Malaisen geplagt, wie jeder heutige Mitteleuropäer auch. Alles prächtige Burschen und jeder bestens KV*!
15, 20 Leute begutachtete ich, merkwürdigerweise wurde niemand von jener Art Verschnupfungen geplagt, die damals weitverbreitet mit den Kriegszügen einhergingen und man sich beim Rein-und-Raus-Spiel von anwesenden und ebenfalls marodierenden Damen, des ältesten Gewerbes der Welt, holen konnte…
UntitledWarum jemand auf die Idee kam und das Massengrab zu rekonstruieren – weiß der Teufel – um damit die Besucherquoten etwas anzuheben?
Schon möglich.
Recht anschaulich wurde dargestellt, dass mit Krieg nicht unbedingt eine lustige Freizeitbeschäftigung gemeint ist, da hat sich auch heute nicht viel geändert, egal von welcher Seite man auf den anderen ballert. Meine Zweifel in jener Hinsicht, versuchte in den entscheidenden Situation, mein Zugführer wie folgt zu zerstreuen: „Dastens is ganz einfach! Siezens müssen es nur von die Klassenstandpunkt aus betrachten!“
Was nun die Zeit um 1636 betraf, da hat Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, in seinem Simplicius Simplicissimus, recht deutlich ausgedrückt.
– Fast hätte ich etwas vergessen.
In den mehr als drei Stunden im Kloster, hat nicht ein einziger Dummfick mit seiner Kommunikationprothese genervt.
– Es folgen noch einige Bilder und eine bilderhafte Erklärung, was es mit KV* auf sich hat – dieses Kürzel entstand angeblich in der glorreichen Kaiserzeit und hat nichts mit Koprophilie zu tun!
Jeder, der gewisse Aversionen gegen das “Ehrenkleid“ eines „Bürgers in Uniform“ oder „Landesverteidigers“, „Freiheitskämpen“ oder sonst was hegte, keinen Bock auf diesen Dress verspürte und deshalb herum trickste, wird irgendwann erfahren haben, dass sich zum Schluss viele „Experten“ um ihn kümmerten…
So erging es in jenem „Flüsterwitz“ den beiden Jungs vor über 70 Jahren, als sie partout keine Landser werden wollten.
Zum Ende der medizinischen Ableuchtung, während der Musterung, stand nur noch der Augenarzt an. (Georg Grosz hat irgendwo solche militaristischen Lakaien gigantisch dargestellt)
Halbnackt, mit Halbschuhen und in Unterhose harrten sie frierend auf einem langen Flur vor dem Untersuchungszimmer.
Der eine wird plötzlich sehr mürrisch hineingebeten.
Drinnen hocken mehrere Uniformierte an einem großen Tisch, ein Weißkittel mit viel Lametta auf seinen Schultern spring auf und brüllt sofort los.
„Wat solnn ditte? Ham wohl keene Lust, für Führer, Volk un Vaterland zu dienen?“
„Tschuldigung Herr Oberstabstarzt! Doch schon, aba meene Oochen…“
„Erzähln see hier keen Kokolores! Kieken se durch dieset medizinische Jerät durch! An dit kleene Rädchen könnse drehen und drinnen alles fokussieren! Los hängen se ihre Glubschen davor, aber´n bischen dalli!“
Der junge Mann versucht vorsichtig durch die kleine Linse zu schauen und fingert daran herum.
„Stellen see sich nich so blöde an! Na un? Wat seen se ´n sen da?“
„Ooohhh, Herr Oberstabsarzt! Allet nackichte Weibers!“
„Raaauus! K Vauuu!!!“
Draußen erzählt er kurz seinem Freund, was ihm gerade widerfahren war, der wollte sich natürlich wesentlich geschickter anstellen.
Mit einem Mal öffnet sich wieder die Tür, „Looss Zivilist! Komme se rin!“
„Wat´n, wat´n? Wohl ooch keen Lust zum Dienen? Dit werde icke ihnen schon austreiben!“
„Komm se her! Kieken see durch diese Linse und hier am Rädchen könn´s allet fokussieren! Aba een bischen dalli!“
Der Knabe schaut gebannt in das Gerät und fummelt gleichzeitig an dem Rädchen herum.
„ Nuuu? Wat seen´n sen da?“
„Herr  Oberstabsarzt, melde jehorsamst,! Sehe nüscht!!“
„Wat soll der Mist? Nehm´ se dit andere Jlubschooche! Kieken se mit dem durch dit Teil, aba een bisschen dalli!“
„Un nu?“
„Melde jehorsamst! Och mit dit Ooche kann icke nüscht seh´n!“
Plötzlich kreischt der Mediziner viehisch laut los:
„Schwein verdammtes! Seen tus´te nüscht, aber ´n Latte has´te! Ab K Vauuu!!!“

– KV bedeutet – Kriegsverwendungsfähig

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