Gestern Nacht steckte mir im Wirtshaus der Tonknecht von Andreas Dresen noch ganz kurz, was sie alles abgeräumt hatten…
(In jenem Outfit kam der Scheff gestern nicht von seiner Fete.)
Dieser Dresen-Film ist bisher der einzige, den ich noch nicht sah, wird bestimmt auch nicht geschehen. Scheint wohl mehreren Kinogängern so zugehen, eigentlich genügt es, wenn man ewig registriert unter welchen Umständen die Leute in der Umgebung ihren Löffel abgeben. Freunde und gute Bekannte darunter, von denen man es noch nicht mal ahnte, dass sie sich schon länger auf dem Trip in die ewigen Jagdgründe befanden…
Welche Nase hat denn im STERN u.a. diesen Satz verbockt?
…So gelang Dresen ein sehr authentischer Film, der nichts beschönigt und gerade deshalb Mut macht…
Wie muss man denn einen Film mit eben der Problematik betrachten, um ihn authentisch zu empfinden und auf was soll er denn Mut machen?
Wenn jemand auf seinem langen Weg in Richtung Urne von Kindesbeinen an, ewig seine Angst vorm Leben kultiviert hat, wird er doch kurz vor Toresschluss niemals versuchen, plötzlich noch einen anderen Weg zugehen…
Mutig finde ich lediglich, dass A.D. versucht sich dem Thema zu nähern und alles in 110 Minuten – sofort ist es ein erschütterndes Krebsdrama (focus), für andere ein schmerzliches, am Ende dennoch tröstliches Werk…
Hier folgt ein Link zur Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG, dort findet man auch Pressestimmen, manche recht merkwürdig…
Und noch etwas: Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bedauern
Vor 30 Jahren interessierte mich das Drumherum zum Sterben noch.
Damals lebte ich in sexueller Notgemeinschaft mit einer Buchhändlerin. Bevor sie in esoterische Gefilde abtauchte, versorgte mich die Frau reichlich mit Literatur aus ihrem Laden, u.a. lernte ich dabei Elisabeth Kübler-Ross kennen und fand ihre Literatur eindrucksvoll.
In jenen Tagen hing ich am Berlin Kolleg herum, fand für die Themen von E.K.-R. fast keine Gesprächspartner, ewig war irgendwie nur Klassenkampf angesagt. Gut, manchmal konnte ich als Quotenmännchen in der Kneipe mit den Mädels zwar über Politik und Juckreiz an den Schamlippen diskutieren, aber nicht über den Weg in die ewigen Jagdgründe, das wurde gnadenlos verdrängt. Meine Art mich ihren Auseinandersetzungen zu nähern und Lösungen anzubieten, wurde immer falsch verstanden. Wehe du hast dich in solchen Augenblicken unkeusch zu den geschlechtsspezifischen Umständen geäußert, dann war aber alles zu spät…
„Ist alles keine Problem! Ich komme nachher mit zu dir und schaue mir die Stelle mal an, habe nämlich Ahnung davon…!“
Sofort warst du ein mieser Sexist oder hirnverbrannter Phallokrat
Vor vier Jahren fanden sich mehrere Hanseln zum „Klassentreffen“ – zehn/zwölf ehemalige Kollegiatinnen und Kollegiaten, diesmal fiffty-fiffty was Männchen und Weibchen betrafen.
In den letzten dreißig Jahren hatte sich aber alles umgekehrt, spezielle weibliche Themen gab es gar nicht mehr – nun wurde oft über Krankheiten und Tod gehechelt.
Durch emsiges Wirken von Bruder Hein existierten im Rudel bereits mächtige Schneisen, durch Suff, „Ätsch“, immer wieder Krebs und Suizide…
Nun besaß ich nicht der geringste Trieb, mich ewig an solchen Gesprächen zu beteiligen. Tat es aber zwangsläufig, da ich über breitgefächerte Kontakte verfügte zu den unpolitischen Kleinbürgern und den ehemaligen Outsidern.
Erlebte bei meinen kurzen Schilderungen immer wieder „Ahhs“, „Oohhs“, Betroffenheit und „das wussten wir wirklich nicht!“
Da haben sie irgendwie das „Neckermann-Abitur“ hingelegt, studiert, promoviert und manche fühlten sich als „Experten“ ganz oben angekommen, aber damals hatten die meisten Leute nicht geschnallt, was unmittelbar neben ihnen ablief.
Speziell ging es länger um meinen zeitweisen Dealer…
„… und wirklich mit Rauschgift gehandelt…?“
„Leute, der Junge hat nebenher gepumpt…“
„…der war doch aber immer so nett!“
„…war mit uns auf jeder Demo.“
„Zeitweise wohnte er sogar in einem besetzten Haus!“
„Logisch war er immer sooo nett. Ypsilon ist nur deshalb am BK gelandet, wegen des Elternunabhängigen Bafögs. Natürlich hing er auf jeder Demo mit herum, weil er sonst keine Freunde hatte. Während der Jahre in besetzten Häusern wurde seine Wohnung arschteuer weitervermietet…“
Wenn andere ewig über Krankheit und Tod labern, könnte ich jedes mal ausflippen, bei mir wird verdrängt!
Retour zu den LOLAs.
Zur Geisterstunde vernahm ich aus den Nachrichten noch etwas von der Verleihung, war froh, dass man Christian Petzolds ficktiefe Fast-Flucht-Schmonzette fast ignorierte, mag seine Filme absolut nicht, zweieinhalb genügten. Was will er eigentlich mit seiner verfilmten Betroffenheitslyrik vermitteln? Spiegel-online nennt es sogar: DDR-Liebesdrama “Barbara” alles kommt noch fetter!
Christian Petzold galt als Deutschlands kühlster Regisseur. Mit dem phantastischen DDR-Frauendrama “Barbara” dürfte er diesen Ruf abstreifen. Der Film mit Nina Hoss in der Hauptrolle wird im Berlinale-Wettbewerb schwer zu schlagen sein.
Mir ist vollkommen schleierhaft, weshalb diese seichte Zonenfabel – etwas zeitgeistliches im Stile von Hedwig Courths-Mahler im ersten deutschen Schlaraffenland der Arbeiter und Bauern angesiedelt – in ACHT Kategorien nominiert wurde? Pushen da noch irgendwo Altlasten aus der Normannenstraße?
Trotzdem gab es Silber „für den besten Spielfilm“, Chris soll es gefälligst positiv sehen! Silber ist immer die allerhöchste Auszeichnung für den ersten Verlierer.
Die Enttäuschung war Petzold anzusehen, der mit verschränkten Armen auf der Bühne stand, als seine Produzenten den einzigen Preis für «Barbara» entgegennahmen. (dpa)
Finde ich mehr als verwegen, dass in dem Artikel, CP in einem Atemzug mit Fatih Akins genannt wurde!
Abschließend etwas aus der MOPO: Christian Petzold strahlte wacker, aber so ganz wollte es ihm nicht gelingen.