Vom nordwestlichsten Zipfel Sachsen-Anhalts ging es heute in Richtung Stendal, traf aber dort meinen Kumpel nicht an.
Da sich in meinem Besitz immer noch keine Kommunikationsprothese befindet, war er auf die Schnelle dort auch nicht zu erreichen, denn fast alle Einrichtungen der Telekom wurden in der Ecke bereits in die Tonne getreten.
Also ging es weiter in Richtung Tangermünde, um südlich von Stendal auf der B188 über die Elbe zu gelangen, obwohl auf sämtlichen Ortshinweisschildern „Rathenow“ fett überklebt war.
Ab der neuen Brücke lief es die nächsten elf Kilometer recht langsam vorwärts, weil der Verkehr öfters einspurig mit Ampeln geregelt wurde.
Die ganze Zeit pfiff eine recht kalte Brise und nebenbei schiffte es nieselig.
Nicht das optimale Wetter für Katastrophentourismus, deshalb schoss ich die Bilder lediglich aus dem Hirschlein heraus.
Nördlich von Fischbeck, die zwei Kilometer durch den Schönhauser Forst, an Kabelitz vorbei, stank es infernalisch.
Wer wissen will welche himmlischen Gerüche dort wehen, der sollte sich mal einen Heuaufguss herstellen, wenn er jenes Gebräu nicht aus alten Grundschultagen her kennt. Der positiven Aspekt dieser stinkende Brühe ist der, darin können sich noch nicht mal Mücken entwickeln…
Nebenbei will ich noch erwähnen, dass es sich gerade bei dieser Gegend um eine sehr geschichtsträchtige Region handelte – ist fast tausend Jahre her, allerdings bis hinein ins 19. Jahrhundert.
Gebe mal einige Links für müßiggängerische Interessenten. Jene Gegend ist ideal für Fahrradtouren, denn der Distrikt ist recht häufig platt und teilweise gut mir Radwegen erschlossen…
Beginne mal mit der Straße der Romanik, die weit nach Süden mäandert.
Kann von mir behaupten, dass ich fast 100 pro, alle dort aufgeführten Sehenswürdigkeiten aus meinen Zonenzeiten her kenne.
Die Erkundungen begannen als Kind mit dem Großvater, der damals auch meine Neugier für historische Tatsachen weckte, durch Exkursionen und Literatur.
Später, als Zonenhippie oder Kunde, im Stasijargon – „Aktiver Beatanhänger“ (Was gar nicht den Tatsachen entsprach, ich war „Blueser“ mit seinen vielfältigen schwarzen Varianten) – gelang es mir immer wieder, Bekannte für jedwede kulturellen Gegebenheiten zu begeistern. Diese Art von Manipulationen brachten mich bei dem ungebildeten Kommunisten- und Stasipack ewig in die Bredouille und die Mutter meiner Schwester fungierte dabei oft als der beste Helfer der Organe.
Viele merkwürdige Begebenheiten wurden später notiert, die mir im Osten noch nicht mal Arbeitskollegen abnahmen, im Westen dann, Linxwixer sie lediglich als antikommunistische Hetze einstuften – die DäDäRe galt ja als der bessere deutsche Staat…
Natürlich provozierte ich bis zum get no und manchmal mussten dabei andere mit dran glauben. Wie anlässlich einer 200 km Gewalttour in den Harz (ohne jegliches Training zuvor) mit Stoney und Pfeffi, von Freitag Abend bis Sonntag Nacht.
Nach der Seilbahnabfahrt vom Hexentanzplatz gingen wir zum Spachtel in die Mitropa. Kaum Platz genommen, tauchte so ein merkwürdige Nase im Dederon-Anorak auf und fragte, ob der vierte Stuhl noch frei wäre. „Klar, nimm ihn und verpiss dich!“
Er tat uns den Gefallen nicht, irgendwann hing er sich in unser Gespräch rein. Es lief darauf hinaus, was wir hier täten. „Wir gucken uns die Gegend an, weil wir nach dem Westen abhauen wollen.“
Diese Arschgeige musste eine etwas größere Fahndung ausgelöst haben, den Stunden später nahmen sie uns am Ortseingang von Quedlinburg hopp, es folgten stundenlange Verhöre. Schließlich die Aufforderung sofort nach Sangerhausen retour düsen und Rückmeldung bei der VP-Kreisdienststelle erstatten, was wir natürlich nicht taten…
Auf dem Weg nach Berlin zogen mich die Bullen bei Ziesar aus einem Westwagen, führten mich in Brandenburg zu. Dort ging es um ein Geständnis, da ich nach dem Westen abhauen wollte – als Beweis galt meine merkwürdig zusammengefaltete Autokarte, als Deckblatt war der Raum Göttingen/Hannover zusehen. Außerdem wollte mir die pfiffigen Genossen noch Spionage anhängen, da sich auf dem Kartenwerk Markierungen in der Nähe von Truppenübungsplätzen befanden. Bis mir aufging was die Arschgeigen meinten. Irgendein Kreuzchen war natürlich immer in der Nähe von irgendwelchen militärischen Objekten. Schließlich war die Zone von Kasernen der Russen und der eigenen Armee übersät, hinzu kamen die Vielzahl von Truppenübungsplätzen und sonstigen geheimen Orten.
Dabei handelte es sich bei den Markierungen lediglich um Scheunen und Strohschober mit entsprechenden Qualitätsmerkmalen…
Oder nach der Führung auf der Wartburg begab sich das größere Rudel mit Zech und Klampfe in dichtere waldige Gefilde und in der Gegend gibt es viel Wald – aber hinter den Bergen, bei den Zwergen, auch irgendwo die Grenze. Von Anfang an hatten wir wieder diese Dederon-Frommse am Arsch. Stundenlang hantierten sie mit ihren Teleobjektiven, beobachteten uns beim Plumpsack und wenn man mal kurz mit einer Käthe, zum Entsaften im Unterholz verschwand…
Von weiteren Erlebnissen ähnlicher Art, z.B. an der Ostseeküste, will ich nicht weiter eingehen. Meine Liste von irgendwelchen merkwürdigen Begebenheiten ließe sich fast endlos fortsetzen, aber dies würde zu weit führen, weil es ja eigentlich um etwas ganz anderes ging, nämlich die Hinweise, welche die südöstliche Altmark betreffen.
Kloster Jerichow, Schönhausen, Wust (Dort wohnte ich mal über ein Jahr), nicht zu vergessen Tangermünde – (Gehe aber auch nicht auf meine damalige Arbeitsstelle ein).
Will nur kurz noch einige Ergänzungen zu WIKI geben.
Die dort erwähnte Novelle Fontanes („Grete Minde“) sollte man sich irgendwann als Urlaubslektüre einpacken…
– Jetzt zum ausgehenden II.Weltkrieg.
Wobei die vorzeitige Sprengung der relativ kleinen Auto- und Eisenbahnbrücke mit einem riesigen Vorteil für die Stadt behaftet war, da die letzten Kämpfe im Raum Fischbeck stattfanden. Wenn es Teilen der 12. Armee und den SS-Einheiten gelungen wäre, dort überzusetzen, hätte es nicht zu der kampflosen Übergabe an die Amerikaner kommen können, die entsprechend ihrer vorher abgeschlossenen Verträge sowieso schon zu weit ins Feindesland gelatscht waren. Nur der Weitsicht des deutschen Stadtkommandanten ist es zu verdanken, dass dieser backsteingotische Marktflecken fast vollständig erhalten blieb.
Wenn man sich von der Fischbecker Seite zum Sonnenuntergang nähert, dann gleicht die Silhouette fast einer Ansicht von Prag. Irgendwo habe ich noch analogen Photomüll, aufgenommen, als sich riesige Gewitterformationen hinter der Stadt auftürmten und zwischendurch die Sonne blinzelt…
Interessant ist auch der Einfluss vom „Zuckermeyer“ im Rahmen der beginnenden Industrialisierung auf die Entwicklung von Tangermünde, der keine tiefgründige Erwähnung fand…
Nun ist Schluss!
Ehe ich es vergesse, weiter nördlich liegt Havelberg
Katastrophentourismus über die Elbe
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