Gestern, Thema: Mauer/Nachtrag – HUNDESCHEISSHAUFEN IN BERLIN – ERINNERN MANCHMAL AN SACHERTORTEN

Was Alfred Polgar vor rund 80 Jahren abließ,
kann ich leicht nachvollziehen –
Die Fremde ist nicht Heimat geworden.
Aber die Heimat Fremde.“

Im Restreich Deutscher Nation Ost, befand sich ab 1945, auf 13° 24′ 36″ östlicher Länge und 52° 31′ 12″ nördlicher Breite, eine politische Insel.
In Teheran und Jalta von der kurzzeitigen Anti-Hitler-Zweck-Kriegs-Gemein­schaft USA, Großbritannien und Sowjetunion gegen Nazideutschland vorbereitet – besiegelt im Sommer 1945 in Potsdam, an einem korrekten Runden Tisch des Schlosses Cecileinhof. So richtig ist mir nie klar geworden, warum anschließend Frankreich auch ein relativ großes Stück vom Kuchen Berlin und dem Reich bekam. Aber dies war einmal Politik, ist nun Geschichte und hat außer den Franzosen eigentlich nie jemanden interessiert.
Da politische Entscheidungen oft mit Eitelkeiten zu tun haben, ferner beeinflusst werden durch eingebildete Kränkungen, wobei besonders Großmächte anfällig sind, taten sich die westlichen Besatzer auch im zerstörten Marktflecken Berlin sehr schnell zusammen – nun als Koalition gegen ihren einstigen Verbündeten aus dem Osten. Infolgedessen entstanden die so genannten „Westsektoren“, auf einer Fläche von über 400 Quadrat km, mit über zwei Millionen Einwohnern. „Der kapitalistische Coca-Cola-Sektor“, wie es damals manch „witziger“ Politiker aus dem illegalen, sowjetzonalen Regierungssitz in Pankow, kurz und knapp formulierte.
Durch ein Missgeschick vom Klapperstorch in der SBZ (Sowjetische Besatzungszone) abgeworfen, lernte ich später in den dortigen Schulen, dass man diese „imperialistischen Sektoren“ mit einem Pfahl im Körper „unser Deutschn Demo­kratschn Replik“ vergleichen konnte.
Möglicherweise resultiert aus dieser Metapher mein eigentlich, kindliches Trau­ma. Weshalb ich auch immer tiefer in „westlich/dekadente Anschauungen “ abglitt, und meine Phantasien dabei recht weit ins Kraut schossen. In der Umgebung Aufgeschnapptes und der Ire Bram Stoker übten infolgedessen, einen nicht geringen Einfluss auf mich aus. Als großer Fan von ihm war mir schließlich bekannt, dass nur mit Hilfe eines etwas größeren Zahnstochers die Möglichkeit bestand, das schändliche Treiben eines Vampirs zu beenden. Indem der nach Knoblauch stinkender Held, Kreuze schlagend, jenem blutgierigen Wicht dieses angespitzte Holz in sein Herz, oder was sich sonst dort befand, hineinrammte.
Hat ziemlich lange gedauert, bis dieser politische Pfahl zum Schluss die erhoffte Wirkung zeigte…
Es nützte nicht viel, dass Dachdecker, Tischler oder sonst was für Hilfsarbeiter mit rasantem politischen Aufstieg in der Zone, alle Wundränder dieser großen ideologischen Verletzung immer wieder mit Unmengen von Stacheldraht flickten. So en passant wurden die Massen auf beiden Seiten von jedem und allen auch noch verscheißert. Aber ausnahmslos konnte jedermann, wenn er es nur wollte, mit seinen Komplexen und Macken hausieren gehen und sie beharrlich auf Kosten der Allgemeinheit ausleben, auf seine spezielle und bekloppte Art. Das galt für Ost und West, von unten nach oben und zurück. Dieses merkwürdige Lebensgefühl wurde gemäß der Verfassung des jeweiligen Landes „demokratisch“ garantiert und entsprechend interpretiert.
Eines Tages (Ich glaube es begann am 13. August 1961) rammten uniformierte Handwerker im Osten, wohlgeformte Autobahnteile zum Trocknen in den märkischen Sand. Gott sei Dank, vom Westen aus betrachtet, vor den kunstvoll geknüpften Stacheldraht. Von fast 100 englischen Landmeilen Sektorengrenze, waren Innerstädtisch, ungefähr 40 km aus Beton.
Allerdings habe ich so manches Mal dieses drahtige Makramee, von einer Plattform aus bewundert. Man muss es ihnen lassen, sie haben sich immer sehr viel Mühe gegeben. Besonders wenn nach gewisser Zeit, 101%-ige Genossen auf westlicher Seite, von einem durchschnittlich, gerade mal 2 Meter breiten Streifen DDR-Staatsgebiet aus, der Wand ein gleißendes Weiß verpassten. Anschließend, das frisch gestrichene Mauerwerk kurz an ein erstarrtes Leichentuch erinnerte. Diese perfekte Grundierung war immer sofort Basis für teilweise durchgeknallte Happenings.
Zu einer Zeit, als die Ruine vom „Haus Vaterland“ noch auf dem Potsdamer Platz stand und dort an das „Tempodrom“ noch nicht zu denken war, befand ich mich stoned in einem Rudel, das nächtens die Mauer illuminierte. Ganz simpel, Mollies hergestellt aus Flaschen einer Feinkost-ALDI-Biersorte. Diese Teile lagen richtig geil in der Hand. Es würde zu weit führen, wenn ich mich hier über die unterschiedlichsten Flammenarten auslassen würde, die bei den mannigfaltigsten Wurftechniken entstanden, es war einfach genial… (Scheinbar in weiser Voraussicht wurde dem Beton deshalb Unmengen von Asbest zugesetzt.)
Fast eine halbe Stunde dauerte es, bis alle möglichen westlichen Uniformträger unser pyromanisches Treiben ruckartig beendeten, angeführt von englischer Militärpolizei. Denn Westberliner Polizei durfte unmittelbar vor der Mauer keine Maßnahmen ergreifen, sie betätigten sich bis zum Schluss nur als Büttel der Alliierten.
An einen schizophrenen Aufruf des DGBs, kurz nach dem Mauerbau, möchte ich hier auch noch erinnern: „Wer im Westen mit der Ostzonalen S-Bahn fährt, der finanziert Ulbrichts Stacheldraht“. Vielleicht war es wirklich nur die Unwissenheit der Gewerkschaftsfunktionäre, denn jener Spruch war nicht koscher. Schließ­lich tat jeder Bahnfahrer damals etwas für die Erhaltung von Arbeitsplätzen in den Stahlwerken von NRW.
Zu meinen Ostzeiten raffte ich es nie, wenn mir gegenüber irgendwelche Flachzangen abließen, der „Antifaschistische Schutzwall“ sei auch zu „meiner Sicherheit“ errichtet worden. Erst nach meiner Übersiedlung – in Westberlin habe ich geschnallt was damit gemeint war – aber scheinbar wieder alles falsch verstanden. Von der westlichen Seite gab dieser Spruch mir plötzlich einen Sinn. Die Floskel stimmte. Richtig, zu meinem Schutz! Die Mauer hielt mir jahrelang die Leute vom Hals, wegen denen ich als Ableger eines Stalinistischen Rotkäppchens schon mit 14 Jahren das erste Mal versuchte in den West zu gelangen. Nur gut, dass ich es elf Jahre später nochmals probierte. Denn dadurch war es mir vergönnt, von den 10043 Tagen Trocknungszeit der senkrecht stehenden Zonen-Autobahn, wenigstens die letzten rund 700 Wochen, vom 23. Oktober 1975 bis zum 9. November 1989, auf der bunten Seite jener Betonplatten, in der drittgrößten türkischen Stadt (Was würde Jan Sobieski heute dazu sagen?) den absterbenden Kapitalismus zu genießen.
Es war ein langsamer, aber ein sehr schöner Tod – der bedauerlicherweise abrupt beendet wurde…
auch durch solche Nasen aus der „Heldenstadt“ Leipzig, die mir Mauer und Zaun auf Distanz hielten. Jene, die dann montags durch die Strassen torkelten, irgendwelchen Blödsinn krähten und sich an riesige Transparente klammerten. Auf einer dieser mobilen Schlagagitation hatten ehemalige Genossen folgenden Spruch gepinselt, den ich bezeichnend fand! Zu dem mir allerdings nichts mehr einfiel, der da lautete: „Lieber Helmut nimm uns an die Hand und führ uns in Dein Wirtschaftswunderland.“
Zugegeben, in jener Zeit gab es schon überall sehr breite Schneisen die bei ALDI führten…

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