Alle Dinge sind Gift – und nichts ist ohne Giftigkeit.
Allein die Dosis macht, dass etwas giftig wird.
Der folgende Text sollte eigentlich gestern noch angehängt werden. Zwar passt er nicht 100-pro zu dem „WELTonline“-Teil, hat aber im weitesten Sinne etwas mit Drogen zu tun.
– Es ist schon etwas länger her, dass ich durch die 10. Klasse schlenzte.
Mein Abschlusszeugnis kommentierte die damalige Klassenlehrerin ungefähr so: „Dafür, dass Du mehr Zeit in Kneipen vertrödelt hast als in der Schule, ist Dir trotzdem ein beachtlicher Abschluss gelungen.“
Muss allerdings vorher noch etwas ablassen, was mein Geschreibsel angeht.
– Zu dem teilweise sadistischen Lehrerpack meiner vielen Schuljahre, gesellten sich in in den letzten beiden Klassen richtig menschliche Wesen, die es allerdings mit mir nicht leicht hatten. Da ich kurz nach der Einschulung begann, meinen abgrundtiefen Hass, betreffs der Schule, auf ewig zu kultivieren, was mir bis dahin optimal gelang.
In der 10. Klasse lief ich Lehrern über den Weg, die es sogar fertig brachten, mir etwas zu vermitteln und war anschließend sogar in der Lage einen Idioten wie unseren Stabü-Lehrer zu ertragen.
Als herausragende Persönlichkeiten empfand ich damals meine Klassenlehrerin; den Physikpauker – „Pento“ und die Chemie- und Biolehrerin – „Amalie“. (Bei meinem ersten Klassentreffen nach dem Mauerfall konnte ich mich bei ihr noch bedanken, dass ich froh war, so jemanden wie sie erlebt zu haben. Ihr Durchblick bewahrte mich anlässlich einer alkoholbedingten Malaise, während der letzten Klassenfahrt, vor der Einweisung in den Jugendwerkhof…
„Pento“ war damals schon verschieden. Er verlor unter niemals geklärten Umständen bei einem Verkehrsunfall sein Leben. Freunde behaupteten, an dieser Kiste hätten die Kommunisten Anteile, denn sein Auftreten als Laienprediger passte nicht in ihre kleinkarierte Weltanschauung)
Als Fan der naturwissenschaftlichen Fächer entwickelte ich noch beiläufig ein tiefgründigeres Interesse für biologische Gegebenheiten, die zwar wegdrifteten, aber keineswegs im Zusammenhang mit dem Unterricht von Frau Rötling standen.
Das unstillbares Interesse weckte ein recht merkwürdiger Typ, der auf meine Frage, ob er auch unter die Generalamnestie (Ende 1964) gefallen war, nur lapidar abließ, „ja, so ähnlich könnte man es bezeichnen!“
Tage später kam seine Erklärung, „ich war anderthalb Jahre bei der „grünen SS“ an der Mauer und bin gerade entlassen worden.“
Mir fiel auf, wenn das Rudel zum verschärften Saufen überging, nebenbei Rangeleien begannen, er sich immer klammheimlich verkrümelte.
Bei ihm kam hinzu, dass er auch zu den wenigen gehörte, die mich unbedingt läutern wollten, was mein sonderbares Freizeitverhalten anging. Seine merkwürdige Vergangenheit schien ihm dafür als Beleg zu dienen – der widerliche Erzeuger hatte sich endlich tot gesoffen und Mutti kam mit dieser Situation überhaupt nicht klar. Sie vermisste scheinbar die Gewaltexzesse vom Gatten und begann nun, es ihm gleich zu tun, zechte fast täglich bis zum Umfallen.
Was meinen neuen Bekannten veranlasste, immer öfter bei der Großmutter, in einem kleinen Riethdorf der „Goldenen Aue“ unterzutauchen. Oma war gütig, verständnisvoll und lieb – für viele war sie allerdings ein schrulliges Kräuterweiblein – gar eine „Hexe“.
Ich weiß nicht was in dem Jungen abging. Auf der einen Seite lief er durch die Gegend als autodidaktischer Fachidiot, was Drogen und deren Heilkräfte angingen, dann aber die immer wiederkehrende Scham – nebenher sein Leben als Maurer zu fristen.
Dabei waren Leute mit seinem ererbten Wissen sehr dünn gesät. Wir kamen uns näher, als am Biertisch der Name Theophrastus Bombast von Hohenheim fiel und in der Runde nur mir etwas sagte.
Als 16-jähriger total unbeleckt was Rauschmittel aus heimischen Gefilden angingen und der Mann machte heimlich Selbstversuche, ließ mich verbal daran teilnehmen. Ich raffte es nicht, schon vom Zuhören machte sich in mir mächtiger Bammel breit. Aber meine Zeit war noch nicht reif für das Unbekannte, von dem er so schwärmte.
Nebenbei eröffnete sich auch eine ganz andere Sparte von Literatur. Zum Piepen, was man auch im Osten alles auftun konnte, über Leute die sich damit schon seit Jahrhunderten befassten.
Als wir fünf Jahre später endlich chemische Cocktails einpfiffen, wusste niemand wo mein Spezi abgeblieben war, man munkelte, er sei in den Westen verduftet.
So gingen bestimmte Erfahrungen mit natürlichen Wirkstoffen, aus der schönen Vorharzer Landschaft fast gänzlich an mir vorbei.
Jahre später…
Anfangs verzichtete ich im Westen auf die hiesige Volksdroge, dem flüssigen Nahrungsmittel aus Hopfen und Malz – Gott erhalts!
Wir pickten Hörnchen ein, mit natürlichen Ingredienzien aus allen möglichen Ecken dieser Erdscheibe…
In der „Kalten Heimat“ begannen derweil Kumpels polnische Suppe zu pumpen