Ist es Unwissenheit von Thomas Fülling, wenn er meint, dass der Potzenplatz einer Tropfsteinhöhle gleicht, nur weil es permanent von der Decke schifft?
Leider ist dieser fromme Wunsch lediglich der Stiefvater des Gedankens! Obwohl ich sogar der Meinung wäre, solch ein gezackter Hohlraum würde auf jeden Fall die dortige potthässliche Touri-Falle ganz schön aufpeppen – zumindest im Untergrund.
Als ob im hundeverschissenen Bundeshauptdorf nachbauliche Regenschauer etwas völlig Neues sind, bekanntlich gehören die seit viele Jahren schon zum ganz normalen Geschehen! Deshalb dachte ich immer, jene löchrige Bauweise entspricht dem Zeitgeist, weil dadurch viele Gewerke sofort Anschlussaufträge erheischen können. Kurz nach Eröffnung solcher Objekte gelangen mir immer wieder ganz tolle Aufnahmen von Spiegelungen. Allerdings gehört dazu noch ein ganz elementarer Nebeneffekt, denn zu den Perforierungen im Dach- und Deckenbereich gehören unbedingt sehr wellig geflieste Böden, sonst könnte sich bekanntermaßen nirgendwo Wasser sammeln, was aber für Reflexionen dringend benötigt wird.
Nun sind solche Bauausführungen gang und gäbe, sodass in mir bereits der Verdacht aufkeimte, dahinter steckt schwere Lobbyarbeit, sonst würde man es mit Bestimmtheit anders bewerkstelligen. – Schwiegermutter war in jene Richtung ganz anders gepolt, wenn es an ihrem Häuschen nur mal irgendwo tröpfelte, verlangte die alte Dame ewig eine vollständige Beseitigung der Malaise, vor allen Dingen sollte es immer von Dauer sein. Gut, sie war Baujahr 1923 und hatte in jungen Jahren noch Friedensware* erleben dürfen.
Nochmal retour zur Leckage am dortigen Kombi-Bahnhof.
Vielleicht sollte man den Vorgang zur Entstehung von Stalaktitten etwas beschleunigen und entsprechend Chemikalien zuführen, um die Jahrmillionen, welche eigentlich zur Entstehung der hängenden Zapfen von Nöten sind, rasant abzukürzen. Beschleunigen ließe sich die ganze Angelegenheit auch noch, wenn der Senat sich entschließen würde und jemanden damit beauftragte, seine Winterrodelbahn ganzjährig zu betreiben. Bereits im übernächsten Herbst könnte man sämtliche Bahnhofsdecken dann schon für eine farbigen Lasershow beim „Festival of Lights“ miteinbeziehen.
Abschließend fällt mir noch etwas ein.
Da hat der Bahnhof Weimars Republik erlebt, die arg verkürzten tausend Jahre unter Adolf dem Gütigen, vierzig Jahre Stalinismus durchgestanden und den Mauerfall, aber binnen kürzester Zeit verwandelten ihn heutige Experten zu einer Tropfsteinhöhle – det is doch jeil!
*Meine Großmutter benutzte zu den verschiedensten Begebenheiten auch ewig jenen Begriff, noch Ende der 50er. Während Opa dann immer herumnörgelte, da es sich lediglich um eine sehr kurze Zeit zwischen zwei Kriegen handelte…