Kurzzeit-Chef will für ein paar Tage Arbeit 640.000 Euro
Sehr lustig finde ich die Tatsachen, dass es DIE Sangerhäuser immer wieder mit Mayers versuchen, mal Klaus, mal Kurt oder Thomas. Alle M´s scheinen in dem Nest eine dauerhafte Lizenz fürs Gelddrucken zu besitzen…
Als ich 1970 in der Mifa einen Job aufnahm, war meine Entlohnung etwas bescheidener, der Netto-Verdienst belief sich damals sogar auf monatlich etwas 300 Mark*. Kam damit gut über die Runden, konnte mir sogar noch Bücher kaufen, aber nur weil ich über ein Jahr keinen Alkohol anrührte und nicht rauchte. Oma erhielt per Monat 100 Eier Kostgeld.
Nach Erhalt meines Facharbeiterbriefes, im Juli, war plötzlich keine entsprechende Planstelle frei. Mein Meister, die roteste Socke in der Firma meinte lapidar, „wenn du mehr Geld haben willst, kann ich Abhilfe schaffen und wir delegieren dich zur sozialistischen Hilfe in die Gießerei.“ Der Traum meiner schlaflosen Nächte, schon wegen meiner langen Loden und dem Gesichtskanten. Man bot mir dort die recht leichte Tätigkeit auf dem Slinger an, einer Sandschleuderanlage. Hockte dabei auf einem seitlich ausfahrbaren Gestänge und füllte im Umkreis von rund 10 Metern die Gießsandformen. Da sich etliche Kollegen aus der Abteilung überfahren fühlten, wurden mir ewig Störche gebraten und nach einer Woche landete ich in einem zugigen Durchgang und musste mit einer rotierenden Pressluftschleifbürste große Gussteile bearbeiten. Alles ohne Feinstaubfiltermaske, sogar die Watte für die Lauscher musste eigens besorgt werden, also haute ich nach weiteren zwei Wochen in Klump. Mein Meister wollte mich ohne sofortige Anschlussarbeitsstelle gar nicht gehen lassen. „Wie du weißt, darfst du in Sangerhausen lediglich bei der Bahn, der Post und dem Schacht anfangen, andere Betrieb müssten sonst eine Konventionalstrafe zahlen, wenn sie dich einstellen! Also wirst du in kürzester Zeit wieder hier antanzen und dann stellen wir die Bedingungen, die dann nicht sehr günstig ausfallen werden, das kann ich dir jetzt schon versprechen!“
Was ich damals nicht ahnte, dass die Mutter meiner Schwester mit Hilfe ihres roten Packs, nicht nur jegliche Wohnungssuche hintertrieb, sie mir auch bei jeglichem Versuch irgendwo in der Republik eine Arbeit aufzunehmen, im Fressen rummährte.
Nach meiner Kündigung erfolgte die Bewerbung beim Starkstromanlagenbau, während der Aushändigung der Papiere erfolgte sofort die mündliche Zusage. Aber Schißchen, Papiere eingereicht, aber nach zwei Wochen kam eine Absage, der Grund dafür war nicht rauszubekommen, dabei suchten sie händeringend Schlosser mit Schweißerpässen…
Anschließend ging es für zwei Wochen an die Ostsee, was ohne Job eine sehr gefährliche Sache war, da die gesamte Küste, bis 15 Kilometer ins Inland als Grenzgebiet zählte. Deshalb konnte ich mich auch nirgends auf einem Campingplatz anmelden, da die Alte garantiert schon bei ihren Genossen Meldung gemacht hatte und die konnten sofort den 249er heranziehen.
Wieder retour, ging das Bewerbungsspielchen von vorn los, diesmal beim Schachtbau Nordhausen – alles endete wie gehabt. Nach ein paar Tagen Berlin, musste ich anschließend feststellen, dass die treusorgende Mutti mich angezeigt hatte, wegen Arbeitsbummelei und sie behauptete, ich läge ihr finanziell auf der Tasche, dabei besaß Oma das Kostgeld bereits im Voraus…
Anfang der Woche in der Stadt hopp genommen, ließen die neugierigen Genossen meine Ausrede, dass ich mich gerade auf dem Weg zur Mifa befand, noch durchgehen, sie verlangten aber den sofortigen Arbeitsantritt.
Der Kaderleiterin, Frau Z., war mein Kommen bereits gemeldet worden, sollte deshalb die Bewerbungsunterlagen als Reparaturschlosser und Schweißer gleich ausfüllen und am nächsten Tag die Arbeit aufnehmen – was aber nicht ginge, da mir die entsprechenden Klamotten fehlten…
Am darauffolgenden Montag stand ich auf der Matte, im Büro der Kadertante lungerte noch ein unbekannter Typ herum, der Parteisekretär, sie gaben mit viel sinnlosem Gelaber kund, dass sie mir den zugesagten Arbeitsplatz nicht geben könnten. Beide verlangten vorerst eine Bewährung in der Produktion, wenn ich dieses Angebot ablehnte, genügte ein Anruf, dann würden sich sofort die Organe einschalten. Scheiße, da hatte mir der rote Gebauer in der Mafa, die Delegierung zur Abendschule verweigert, ich kungelte daraufhin mit einigen Lehrern und erhielt von ihnen eine halblegale Zusage und nun dies.
Nahm zwangsläufig den Job eines Halbkreisingenieurs an, allerdings wurde die Tätigkeit als Hofarbeiter in der gleichen Woche beendet und man steckte mich in ein kleines Kabäuschen, wo ich mit einem älteren Kollegen in heißen Chlorethylenbädern ölige Kleinteile von den fettigen Bestandteilen befreite. Alles ohne Masken und vernünftiger Abluftanlage! Lediglich ein kleiner Ventilator im Fenster sollte die gefährlich Luft raus pusten, was aber in den seltensten Fällen gelang, da auf jener Seite ewig der Wind draufstand.
Wenn alle klauen, fehlt keinem etwas – so ausgiebig wurde es in der MAFA nicht praktiziert. Innerhalb kürzester Zeit registrierte ich, wie andere Arbeitskollegen sich ihre indirekten Lohnerhöhungen verschafften. Da gab es Witzbolde, die nur solange in der Bude schafften, bis sie die gesamten Teile* für einen Drahtesel weggefunden hatten. Ganz Verwegene bezogen die ganze Familie mit ein…
Während meiner vorherigen Arbeit stellte ich UHF-Antennen her, dies ging nun nicht mehr, schließlich eignen sich Fahrradspeichen nicht so richtig für Dipole. Anfangs versuchte ich es noch mit Schläuchen und Mänteln, die musste aber ewig ein Kumpel mit seinem LKW herausschmuggeln. Letzten Endes spezialisierte ich mich durchweg auf Blitzventile aus der Gestattungsproduktin, im Werk wurde viel für “Meckermann” fabriziert…
*“Ein Stück Blech, ein Stück Draht, fertig ist das Mifa-Rad.“
Wer Mifa fährt, ist Dresche wert!
Für Hansi noch ein Anhang, da er zu der Zeit bei der Truppe war, wenn ich mich richtig erinnere…
Fußnote: Dieser Schrieb stammt aus einem Konvolut: „Geschichten vom Arsch der Welt und anderswo“, verzapft anfangs der 1980er. In den beginnenden 1990ern gab ich das Zeug mal einem Lektor in Ostberlin, der meinte nur, „Ede, diese Geschichten können wir nicht veröffentlichen, so etwas wollen unsere Ex-DDRler jetzt wirklich nicht lesen!“
Von Gerulf kam damals etwas ähnliches rüber, der meinte zusätzlich noch, dies würde auch kein Westverlag drucken wollen, weil momentan Friede, Freude, Eierkuchen angesagt ist, da wollen sie kein Kamel haben, das ihnen die Plinsen wegfressen will!
Beginnend 1963 bis 1974, enthalten sämtliche Berichte immer wieder die gleichen Attribute. Hinzu kam, wenn man öfters umzog, blieben die Akten bei den entsprechenden Bezirksbehörden liegen. Wobei letztlich nach irgendwelchen Anfragen aus Kreisdienststellen der Stasi, Betrieben oder Armee, sich alle auf vorhandenes Material beriefen. In dem Schrieb vom 29.9.1971, (Auf unsere Fragen über das Ziel seiner Bewegung brachte er zum Ausdruck: Er sehe seinen Freundeskreis als Auffangbecken von Nutten und sonstigen gestrauchelten Personen, denen er soziale Hilfe und Unterstützung angedeihen lasse, um sie sozial zu unterstützen um ihnen im Leben Halt zu geben…) bezog sich Hauptmännchen Rauch auf einen Bericht, der in den ersten Wochen meiner 10.Klasse zustande kam, denn in dem Gespräch ging es niemals um jene niedergeschriebenen Aspekte! Damals hieß es ungefähr so, dass ich mich mehr mit Nutten und sonstigen gestrauchelten Personen abgab, als mich um die Entwicklung zu einer sozialistischen Persönlichkeit zu kümmern, deren Voraussetzungen ich schließlich in meinem Elternhaus mitbekommen hätte!
– Ein befreundeter Anwalt, der sich über mein Aktenkonvolut sehr amüsierte, meinte in dem Zusammenhang, „eigentlich bist du doch der erste Steetwoker da drüben gewesen!“
Hinzu kam die Mosaik-Spitzelei der IM´s, die in den seltensten Fällen ureigene Berichte ablieferten, entsprechenden Stichworte gaben nämlich vielfach die Führungsoffiziere vor. Das musste sein, weil es nur dadurch möglich war – wenn sie jemanden etwas ans Zeug flicken wollten – aus den gesammelten Nichtigkeiten einen entsprechenden Fall zu konstruieren, der dann genügte um missliebige Individuen einzulochen.
Während meiner Stolberger Heimzeit (1963/64), enstand auch noch eine andere Legende, dass “ich ewig Leute um mich scharrte“ oder „sie taten es“ und dadurch „wurden alle von mir permanent negativ“ und sogar „staatsfeindlich“ beeinflusst. Lustig ist auch die stets und ständige wiederkehrende Einschätzung, dass ich kein „Russenknecht“ werden wollte. Unter welchen perversen Umständen damals jene hasserfüllte Äußerung entstand – alles unter Federführung der Mutter meiner Schwester – interessierte von Anfang an niemand, kam aber beim entsprechenden Stichwort, wenn irgendwelche roten Arschgeigen mal wieder an mir Maßnehmen wollten und als geflügeltes Wort in meiner Kaderakte immer sehr gut zur Geltung…
Als stilisierte „Anführer“ einer Gruppe „westlich/dekadenter Beatanhänger“, war außerdem immer Ärger vorprogrammiert, der allerdings ohne meine Hilfe* nie zustande gekommen wäre. Dabei machte ich fast sämtlich Touren in der Zone und in Polen im Alleingang, allerdings wurde bestimmten Kumpels gesteckt, wo sie mich dann beim Pop irgendwo antreffen konnten…
Ganz unbedarfte Gesellen und Gesellinnen, die mir meine Erlebnisse oft nicht abnahmen, kamen anschließend nie wieder auf die Idee, sich nochmals auf eine gemeinsame Tour zu begeben.
Für Höhni z.B., waren solche Begebenheiten absolut nicht nachvollziehbar und prompt erlebte er sie auf einem Kurztrip nach Erfurt. Gerade aus einem PKW gestiegen, die Rucksäcke noch nicht richtig geschultert, wurden wir auf dem Weg zur Tram-Haltestelle verhaftet…
Hinzu kam, mein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn passte bereits in den letzten Schuljahren den meisten Pädagochen nicht. Natürlich hätte das Stalinistenpack mich liebend gern auf ihrer Seite gehabt, schon wegen meines Organisationstalentes und andere Leute für irgendwelche Gegebenheiten zu begeistern, für Kultur, Kunst, Literatur und viele andere Kleinigkeiten, allerdings außerhalb jener beknackten ideologischen Vorgaben.
Was haben mir Funktionäre und die Organe für schwere Vorwürfe gemacht, wenn aus meinem Umkreis, Subjekte begannen Schulabschlüsse nachzuholen oder später zu den Bausoldaten gingen…