A. R. Penck geht nicht mehr einkaufen

So richtig konnte ich nie etwas mit seinen Streifenmänchen anfangen, noch weniger mit den oft abgehobenen Interpretationen vieler West-KunstSachverständige, auch was Bekannte mit Zonen-Migrationshintergrund abließen, war schon manchmal recht krankhaft…
Zweimal lief ich ihm über den Weg, erstmalig Anfang der 1980er, das war glaube im Deutschlandhaus, dann nochmal im Frühjahr 1990. Mann, ging er uns da auf den Zünder während einer ganz wichtigen Zusammenkunft unter dem Fernsehturm! Dort ging es um die nun aufkeimende Demokratie.
An allen gläsernen Eingangstüren wurde auf DIN A 4 Blättern appelliert, heute Abend nicht zu rauchen. Was eigentlich sehr vernünftig schien, denn der größere Raum war gerammelt voll.
Vorn hockten vier Leute auf dem Podium, Heiner Müller, der ließ ewig eine Whiskypulle kreisen und erinnerte mit dem fetten obligatorischen Stinker zwischen seinen Zähnen an einen Starkasten. Rechts von ihm hockte Sascha Anderson und noch eine Figur, an der linken Seite schaffte sich Penck (Wenige Sekunden dachte ich erst, dies wäre mein alter Spezi H.E.P.) als Trommler, aber vollkommen abgedreht, dies lag aber bestimmt nicht nur an der Schottischen Single-Malt-Kaltschale…
Eingekeilt hockte ich mit einigen Leuten des Forums (Für die hatte ich aus etlichen Westberliner Firmen Steinzeit-PC´s, Drucker, Kabel und immer wieder stapelweise alle möglichen Papiersorten aufgetrieben.) in mitten der Zuschauermenge, ringsherum drängelten sich noch Massen von Leuten an den Wänden und alles in einer Luft, die man hätte schneiden können.
Irgendwann langte es, nicht nur wegen der gequirlten Scheiße von vorn. Wenn die sich schon multiple Demokratie-Orgasmen holten, dann steckst du dir auch einen Glimmer mit etwas THC an. Bereits nach zwei Zügen geiferte mich die schräg vor mir sitzende Jungtussi an, ob ich am Eingang die kleine Bittschrift nicht gelesen hätte. In ihrer barschen Art erfolgte zusätzlich eine heftig vorgebrachte Weisung, sofort die Zigarette auszumachen.
Nach meinem süffisant und gut verständlich für die Umgebung vorgebrachten Konter, gab es in unmittelbarer Nähe einige, die hernach recht unverschämt grienten, zumal in den Tagen die beiden Hauptdummschwätzer an den Tischen, noch als intellektuelle Vor- und Nachwende-Götter gehandelt wurden.
Jener Disput lief ungefähr so ab:
Weeßt´e Mädelchen, du erlebst jerade eene Sternstunde für die kommende Orjentierungslosigkeit! Da hast´e jahrelang schweijend den Kommunismus jenießen dürfen und nun wollt ihr O s t l e r D e m o k r a t i e lernen. Der verbale Dünnschiss, den Mülla und Andason dort jerade verzapfen, bekommt letztlich nur eene andere Nuance! Theoretisch ist D e m o k r a t i e noch ville bunter als der jerade absterbende Sozialismus hier in de Zone, jilt aber och nich für alle! Deshalb rooche icke jetze, wie der jroße D e m o k r a t Müller. Wat sachs´te nu?
– Scheiß Besserwessi! Dann sach du es ihm doch, dass er aufhören soll mit seiner Raucherei!
– Bist du denn bekloppt? Warum soll icke ihm det denn saren, schließlich befriedje icke ooch nur ein ähnliches Bedürfnis!
– Typisch Wessi!
– Icke lasse mich nur von Menschen beleidijen. Nebenbei bemerkt, nix janz mit W e s s i! Bis 1975 habe icke hier in diesem roten Schlaraffenland jelebt, wat sach´ste nu?
Leichte Verblüffung und Ruhe.
Allerdings begannen anschließend immer mehr Leute Zigaretten anzuzünden…

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