Stadtleben-Party-Dach

Der Tagesspitzel

Eigentlich bürgt der Name „Wlada Kolosawa” für eine Art von Qualität, die mir nichts sagt. Finde ich aber O.K., wenn jemand seine Brötchen so verdient, sei es nur, dass er Fragen beantwortet die eigentlich niemand stellt und daraus Artikel fabriziert. Diesen Ulk verbuche ich unter der Rubrik: Zeitgeist. Gut, die Euros liegen auf der Straße, man muss sich nur bücken.
Mit diesem Artikel hat jemand versucht einer Leiche neues Leben einzuhauchen, oder?
Gott noch mal, wo habe ich alles Feten gefeiert, schon zu Zonenzeiten kannte die Phantasie keine Grenzen und alles ohne Kommunikationsprothesen und Emils.
Scheinbar gäbe es ohne Handy und Bit-Möhre diese Zusammenkünfte überhaupt nicht. Wenn mir die im Artikel beschrieben Klientel über den Weg läuft, kann ich immer wieder feststellen, die haben oft halb so viel Jahre auf ihrem Buckel, sind aber schon doppelt so tot…

Dann fiel mir eine Form von Fete ein…
1981, als der SPD-Politlangweiler Ha-Jo Vogel kurzzeitig Regierenden Bürgermeister spielen durfte, hing ich auf dem Berlin-Kolleg rum. Lag in meiner sozialen Hängematte und tat nicht übermäßig viel, um ein Neckermann-Abitur hin zulegen.
In der ehemaligen Reichshauptstadt ging es damals überall drunter und drüber.
Nebenbei jobbte ich und reiste viel, eigentlich hätte meine Knete reichen müssen – monatlich standen mir über 900 Märker zur Verfügung – Höchstsatz an Bafög und 300 Glocken von einer Stiftung, diese Knete gab es zusätzlich für „Opfer des Stalinismus”.
Meine Zweizimmerbude, Küche + Bad, 68 m², kostete monatlich 107 Märker, kalt. Ungefähr 40 Eier gingen für Strom und Gas noch drauf, Telefon um die 15 DM, einschließlich der Befreiung von den Grundgebühren – 20 Pfennig kostete die Einheit damals und man konnte sie auf 24 Stunden strecken.
(Allerdings musste ich bei einer Rechnung, am Jahresende ´81, 752 Mark hinblättern. Ein polnischer Freund wohnte mit einer Bekannten zwei Monate bei mir, die Tusse quatschte die letzten beiden Nächte mit der Verwandtschaft in den USA, Kanada und Australien. Dabei zog meine Untermieterin in den wenigen Wochen ihres Aufenthaltes fast 4000 Mark an Land, machte viel auf Solokabine in einer Peepshow am Zoo. Erstand für 3500 M-chen „Mickey Mäuse” – 7 Mark pro Stück, verstaute sie penibel in 25er Packs, ausgehöhlter Billigfilzer aus Babs-Boutique, telefonierte aber auf meine Kosten. Anschließend machte sie hinter der Oder den Reibach, ein Trip entsprach der wöchentlichen Entlohnung eines dortigen Arbeiters.
Im nächsten Frühjahr ereilte mich ein Anruf von ihr, ob ich bereit wäre, sie für 10 Mille zu heiraten – kein Wort über die Ferngespräche. Mit meinem zufällig anwesenden Kumpel, wurde anschließend, nach einem guten Hörnchen, gebrainstormt, wie man der Alten einen mitgeben konnte. Unser Plan kam dann doch nicht zur Ausführung, das wenigste war dabei dieses Delikt, was Paragraphenkomiker „Beischlafdiebstahl” nennen.
Es ging darum, ich sollte die Braut flach legen, ihr anschließend den Pass entwenden, eine Kopie anonym an die polnischen Militärmission senden, versehen mit dem Hinweis, dass diese Teil von ihr käuflich erstanden wurde…)
Während jener lustigen Zeiten der Hausbesetzungen, Demos – „High sein, frei sein, Chaos muss dabei sein” – , nebenher in der Schule unter einem Haufen gutmenschelder Saisonrevoluzzern, landete ich in einer Gruppe von Hashdeppen, die sich monatlich zu „Brückenfeten” einfanden, um abzuhängen.
Jeder brachte seinen Teil mit, Getränke, Schokolade, Zech und die entsprechenden Utensilien für den Dope und irgendwer von den Organisatoren auf dem Fahrradanhänger die Musik, bestehend aus einer 66Ah Starterbatterie, nebst Radio und riesigen Boxen, die hingen immer an der anderen Uferseite in den Brückenkonstruktionen – das gab ein Sound über dem Wasser!
Nur Erinnerungen an die letzte Party unter dem Britzer Hafensteg hängen mir noch an, denn dort befand sich in unmittelbarer Nähe die Spitze der Grenze zu Johannisthal. Umschlossen vom Britzer Zweigkanal aus östlicher Richtung, der dort auf den Teltowkanal aus Südosten trifft und am Zusammenfluss nach Westen abbiegt. Nördlich des Zusammenflusses gibt es noch mehrere Verzweigungen, die den Britzer Hafen bilden und besagter Steg. Die Uferböschungen beider Kanäle in Richtung Niederschweineöde, mit Mauer, markierten den mächtig verdrahteten Grenzverlauf.
In jener Nacht, gegen 22 Uhr, tauchten das erste mal zwei junge, sympathische Ordnungshüter auf, die uns abgenervt daraufhin wiesen, dass ihnen pünktlich, aus der angrenzenden Laubenkolonie, ein spezieller Freund auf den Sack ginge. Auch fanden beide, diese besonders duftende Luft sehr angenehm. Ungefähr 1 ½ Stunden später, gab es den zweiten Appell, aber immer noch sehr freundlich.
Kurz darauf konnte ich mich überzeugen, wie weit die „Floyds” übers Wasser waberten. Da war es klar, nach einer schweren Arbeitswoche und dem wöchentlichen Umtrunk, wollte sich ein Heinofreund den ehelichen Pflichten hingeben und dann dies.
Mit einer Schnecke gerade beschäftigt, mich ähnlicher Anwandlungen des Hormonaustausches hinzugeben, als hinter dem Zaun zwei Tölen rasend anfingen zu bellen. Fast gleichzeitig gingen Signalraketen hoch, Flutlicht ging an, weit hörbares Stimmengewirr, befehlsgewaltiges Brüllen gleichzeitig ertönten Schüsse aus automatischen Waffen – dann ein infernalischer Schrei, der in Gewimmer überging…
Über kurz oder lang beruhigten sich die Köter, die gleißende Beleuchtung wurde gedimmt, mehre Autos tauchten auf, endlich relative Ruhe aus der Richtung. Schließlich noch umher irrendes Licht aus Taschenlampen…
„…du Arschkeks, da drüben ist vielleicht jemand verblutet und du denkst nur an das eine…”
Egal was ich in diesem Moment abgelassen hätte, es wäre mit Sicherheit falsch gewesen
Alle verkrümelten sich anschließend sehr schnell

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