Eigentlich gehört das folgende Geschreibsel noch zum Textauszug vom vorangegangenen Artikel, es betrifft nämlich das aufreıßen wie ein Westpaket, deren verschiedenen Handhabungen ich ab und an beobachten konnte, und zwar in den in den unterschiedlichsten Schichten, der klassenlosen Gesellschaft unsrer deutschn demokratschen Replik. Da flogen teilweise wirklich die Fetzen, wenn sich dann alle gleichzeitig, mit viel Geschrei, über das Westpräsent hermachten.
Selbiges Ritual können zwangsläufig nur Eingeborene des sozialistischen Schlaraffenlandes nachvollziehen.
Hinzu kam, in der Regel kokettierten die meisten Leute, bis Anfang der 1960er, noch mit ihren Westkontakten.
Wobei genau beobachtet wurde, wer Markenartikel erhielt.
Was sich als immer schwieriger herausstellte, da laufend die Zollbestimmungen geändert wurden und die Stichprobenschnüffler öfters mit sehr witzigen Einlagen aufwarteten, z. B. Südfrüchte deformierten, anschließend die Pakete dann irgendwo erst noch länger lagerten…
Hinzu kam, jegliche Postsendungen, bei denen die Absendender den gut sichtbaren Hinweis vergaßen: Geschenksendung! Keine Handelsware! – gingen sofort wieder retour. Was irgendwann auch mit Päckchen geschah, in denen auf Zetteln die Inhalte schriftlich fixiert waren.
Jedenfalls hatten wir es der Sturheit unserer Großeltern zu verdanken, dass die Westkontakte nicht abrissen. Die Mutter meiner Schwester, irrte in jenen Tagen bereits als stalinistisches Rotkäppchen durch die Gegend, deshalb hätte sie liebend gern auch jene Verbindung abgebrochen, weil ihre Genossen deshalb ewig nervten.
Wenn mal wieder der Kontaktabbruch zur Westmischpoke auf Trapez kam, mutierte Großmutter augenblicklich zur Furie, schließlich hielt bis zu ihrem Lebensende den Brückenschlag aufrecht!
Möglicherweise wurde Oma in Ruhe gelassen, wegen ihres VdN-Rentnerdaseins.
Glücklicherweise lagen die Geburtstage aufs Jahr verteilt, nebst Ostern und Weihnachten gab es deshalb fast alle zwei Monate eckige Post aus der Gegend des verrottenden Kapitalismus´.
Bei uns lief das Ritual der Westpaketöffnung wie folgt ab.
Es wurde immer gewartet, bis alle Familienangehörigen anwesend waren. In den warmen Monaten geschah das Auspacken in der Veranda, wobei alle in Erwartung um den Tisch hockten.
Von sämtlichen Paketen durfte ich immer die Verschnürung entwirren, was dann sehr einfach war, wenn alles bereits durchschnüffelt ankam.
Das Geburtstagskind erhielt eine etwas größere auserwählte Gabe, die Kleinigkeiten für alle anderen blieben immer gleich. Opa erhielt seine JUNO, Oma ihren Kaffee Hag, ihre Tochter irgendwelche Pralinen, mich versuchte man immer noch zusätzlich ruhigzustellen, mit winzigen Modellautos, so als Ersatz für meine unerfüllbare Gier nach Kaugummi.
Was tat ich später mit diesen rollenden Teilen, wofür mir keine längere Verwendung einfiel? Tauschte sie gegen siffige Micky Maus- und Westernheftchen ein und die schließlich irgendwann, nach deren Entdeckung, drakonische Strafen nach sich zogen, zwar keine Prügel, aber zeitweise mehre Wochen Stubenarrest…
Außer mir bettelte keiner die Hamburger Mischpoke an, wollte zu meinen Geburtstagen immer nur eine Nietenhose haben und dafür auf alle anderen Zutaten des laufenden Jahres verzichten.
Durch ein Motto vom Großvater, zog sich die Zeremonie des Auspackens ewig in die Länge. Er meinte nämlich, jeden Gebrauchsgegenstand erschien er noch so klein und unwichtig, sollte man mindesten noch einmal benutzen, bevor er das Zeitliche segnen konnte.
An solchen Tagen ging es hauptsächlich um das Geschenkpapier!
Sehr vorsichtig mussten die winzigen Tesafilm-Steifen gelöst werden, ohne den Einwickelbogen zu deformieren.
Es war zum Mäuse melken!
Sämtlichen Teile wurden Oma gereicht, welche sie erst mal etwas glattstrich, später noch bügelte, dann sorgsam aufeinander legte, schließlich wurde seitlich um alles ein schmaler Zettel mit einer Büroklammer befestigt, auf dem standen Datum und Herkunft des Papiers.
Erst nach Vollendung des Aktes der Wiederverwendung, ging es an die gestapelte Beute…
Da es bei uns nur die langwierige erwartungsfrohe Entkleidung der Geschenke gab, kam mir zuhause nie der Gedanke vom aufreıßen wie ein Westpaket, obwohl ich es bei anderen erleben konnte.
Jene Metapher erhielt erst die entsprechende Wertigkeit, während meiner Zeit bei der Arbeiterknüppelgarde. Wenn einem nach Wochen des widernatürlichen Eingepferchtseins, eine entsprechend willige Frau über den Weg lief, diese Käthe hat man dann aufgerissen wie ein Westpaket…
Beginne wieder mit einem entsprechenden Textteil:
…W i r nahmen es hin.(1)
Unter uns allerdings entwickelte sich eine Kultur der Diskriminierung und der Herablassung
gegenüber Schwächeren, Minderheiten. „Fidschi“, „Kanake“, „Neger“. Für all diese erniedrigenden Begriffe und ihre Wirkung gab es kaum ein Bewusstsein. Und ich höre sie bis heute im alltäglichen Sprachgebrauch.
Wer in die Archive steigt, findet auch reihenweise Belege für offen rassistische Übergriffe vor
1990. Die Täter waren meist enthemmte und gefrustete junge Männer. Der Staat hat sie kurzerhand von der Straße geholt, ansonsten schwiegen die Genossen darüber.
– (1) Benutzte Madame da den Pluralis Majestatis (lat., „Plural der Hoheit“) oder meint sie jenes Wir-Gefühl der drögen Massen? Die da oben machen sowieso was sie wollen und WIR können doch nicht dagegen tun? In meinen Kreisen, den aktiven Beatanhängern, Gammlern und Trampern (Stasi-Jargon) war dies nicht generell üblich!
Der Begriff Neger, kam mir als Heranwachsender bereits auf, der war gang und gäbe in den Kinderbüchern meiner Großeltern, ebenso in sämtlicher anderweitigen Literatur. Sogar in einem Buch, welches wir in der Schule als Pflichtliteratur behandelten, in Harriet Beecher-Stowe´s Onkel Toms Hütte!
Erinnere nur an Mark Twain, habe noch nicht mal begonnen, höre hier aber auf!
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem politisch korrekte Verbalwixer anfingen sich pathologisch zu produzieren, war z. B. der Begriff Neger nichts abwertendes, weil er lediglich von negroid abgeleitet wurde. Mir ist niemand bekannt, der damals in dem Begriff eine rassistische Interpretation sah, sehe ich als Weißbrot oder Kalkgesicht, heute nicht anders!
Was den recht unverständlichen Begriff Fidschi, für Vietnamesen, betrifft, sollten sich die ewigen Gutmenschen und Rächer aller Betroffenen von schleierhaften Wortkonstruktionen mal etwas mit der Verballhornung vieler Begriffe befassen, die sich letztlich vollkommen unbedarft entwickeln und erst durch solche Flachzangen eine ganz andere Wertung erhalten. Von denen die eigentlich Betroffenen noch nicht mal etwas erahnen.
Gewisse Begebenheiten im Leben, hat nicht jeder als Zeitzeuge registrieren müssen, weiß wiedermal nicht ob es als opportun gelten kann, wenn jemand mitbekommt, wenn in seiner unmittelbaren Nähe jemand perforiert wird.
Mir wurde jenes Privileg, von 1964 bis 1980, viermal zuteil.
Erstmals erlebte ich eine Messerstecherei als 10klässler, in der heimatlichen Bergmannsklause. Hatte gegen 23 Uhr gerade die Kneipe betreten, als alles blitzschnell losging. Wie es letztlich ausging, konnte und wollte ich in der Nacht nicht verfolgen, musste nämlich sofort wegen meines Alters stiften gehen.
Anderthalb Jahre später, im Warnemünder Kurhaus, sonntags zum nachmittäglichen Tanztee (15 bis 21 Uhr), könnte ich jetzt mit einem Belege für einen offenen rassistischen Übergriffe kommen. Als keine fünf Meter von unserem Tisch, aus unserer Runde jemand, von einem stark pigmentierten Kubaner abgestochen wurde…
(Beide Jungs haben es überlebt, aber nicht der vom 30. April 1979 in Lissabon, er verblutete sehr schnell neben uns, ebenso der fette Italiener an der Mommsenstraße 1980.)
Mache ich aber nicht, denn letztlich eskalierte bereits an unserem Tisch die Situation, durch Miss- und Unverständnisse, fehlende Empathie auf beiden Seiten, ihr fehlgeleitetes Eifersüchtig machen und kurzfristig übermäßigen Alkoholgenuss seinerseits. Alles aber kein Grund, jene verzwickte Situation mit einem gezücktem Messer zu klären…
Das spätere Opfer war zu seinem ersten Urlaub von der Truppe gekommen. Hatte sich zwei tagelang bei seiner Freundin endlich mal wieder sexuell ausscheißen können und wollte an dem Sonntag eigentlich mit seinen alten Freunden nur saufen, die Braut aber nebenher auch tanzen…
Warum ließ sie ihren Typen an dem Tag nicht solo ziehen, wenn er sich lieber die Kante geben wollte?
Innerhalb kurzer Zeit wurde recht heftig gestritten und die Schere ihre Bedürfnisse ging dabei recht weit auseinander.
Sie ließ sich schließlich von einen Kubaner zum Tanz auffordern.
Ihr Freund bestellte daraufhin eine fette Lage Bier und Schnaps.
Madame registrierte alles mit wachsender Gereiztheit, der Urlauber bestellte eine weitere Runde. Sie begann daraufhin sehr lasziv zu tanzen und ihr momentaner Partner stieg dazu noch wesentlich schärfer auf deren Ansinnen ein.
Bald konnte man ihre Tanz als visuellen Geschlechtsakt interpretieren…
In dem Augenblick näherte sich antanzend noch ein Pärchen, alle vier, zwei Kubaner (Mein Kumpel M. und ich kannten beide, hatten sie vor Beginn dieses spießigen FDJ-Bums sogar begrüßt.) und die beiden Blondinen, drehten nun noch mehr auf.
Warum auch nicht, schließlich kann mit Tanzen auch sehr viel latent unterdrückte Erotik plötzlich frei werden, so auch in dem Fall…
Am Tisch begann sie zu lästern, der Molli wurde zunehmend saurer, wollte eigentlich abhauen.
Von einem seiner Freunde kam dann etwas, es klang so ähnlich: „Wenn du jetzt abhaust, kann es sein, dass der schwarze Genosse deiner Braut irgendwann einen Braten in die Röhre schiebt. Mann, mach dich zu deiner Alten!“
Schwankend ging er die paar Meter, zu seiner Braut und klatschte sie ab.
Madame ließ in dem Moment sofort von ihrem kubanischen Tänzer ab, drehte sich leicht um, schlang dabei lachend ihre Armen um seinen Hals und beide wollten sich drehend in Richtung Mitte verkrümeln.
Der vorherige Tanzpartner stand Bruchteile von Sekunden, bedeppert wie Falschgeld herum, in dem Moment fragte ihn sein Kollege etwas, worauf von dem ein Kopfschütteln erfolgte.
Darauf löste der sich flugs von seiner Partnerin, tat einen Schritt in Richtung des weg tanzenden Paares und stach zu…
Daraus entwickelte sich anschließend die längste und brutalste Saalschlacht, die ich bis dato erlebt hatte…
Fußnote: Man gebe rechts in die Suchleiste, uter dem Kalender, Konsumnutte ein, dann treten mehrere Texte zutage, die sich mit ähnlichen Themen befassen.
Hier nun der vollständige Artikel von Antje Sirleschtov: Rechte auf den Straßen – Woher kommt die Wut in Ostdeutschland?