Jheronymos Eckehard Post

Nach diesem Geschreibsel folgen noch mehrere Werke des oben genannten surrealistischen Malers und Illustrators. Zu dem Photo mit ihm und seiner Darstellung von „Stalin”, unserem rabenschwarzen Stubentiger, muss ich in eigener Sache noch etwas ablassen.

Leider befindet sich auf diesem Bildchen nur etwa ein viertel unserer Wandergruppe - Tour vom KIFFhäuserdenkmal nach Bad FrankenhausenDas mir jenes Schwarzweißbild wieder in die Hände fiel, ist der Mutter meiner Schwester zu verdanken, ihrer freiwilligen Emsigkeit. Da sie immer mal wieder solche Aufnahmen in der „Villa” (Kreisdienstelle der STASI) ablieferte, manche natürlich mit entsprechenden Kommentaren versehen, Namen von Freunden und Bekannten. Zwei gefüllte Schuhkartons mit vielen sehr witzigen Ablichtungen (Von Kindheitstagen bis Anfang 1974) beseitigte das Arschloch (der prügelnde Beschäler meiner Schwester) während meiner Zeit im humanen sozialistischen Strafvollzug.
Nebenbei ist es die einzige Aufnahme, die mir mit meiner Jacke blieb, vom Sommer 1971, in der Nähe des KyffhäuserDenkmals, “Ecke” hockt zentriert vor uns.
– Monate dauerte es (Ab Anfang 1970) bis ich die vielen Kilo Shetlandwolle zusammen hatte. Als größtes Hindernis stellte sich die orange Grundfarbe heraus, wegen der Menge. Dafür wurden die umliegenden Kreisstätte besuchte, bis hin nach Halle…
Eigentlich sollte an die Klamotte ein breiter blauer Kragen, die ergatterte Wolle reichte gerade für die beiden Bündchen.
Die Kanadischen Flagge am linken Arm brachte mir anschließend sehr viel Ärger ein. In Nierenhöhe hatte ich in stundenlanger Arbeit, auf Millimeterpapier einen rund 20 cm breiten Streifen von der Bemalung eines Kanadischen Marterpfahls dortiger Indianer übertragen. Deshalb kam anschließend die Idee mit der Flagge…
In den mehrere Wochen dauernden Knüpferei gab es mehrfach organisierte Freizeit auf dem Amt. Anlässlich der erfolgten Anzeige meiner Mutter(!), wegen asozialen Verhaltens. Ihre Genossen wollten genau wissen, wovon ich meinen Lebensunterhalt bestritt, obwohl bei Oma das mehrmonatliche Kostgeld bereits im Voraus beglichen war.
Außerdem lebte ich in den Wochen sehr gesund und preiswert. Ward den Volksdrogen vollkommen abhold, soff und rauchte überhaupt nicht und pickte ebenso nix Chemie ein. Wagte in der Zeit auch keine größeren Wochenendtrips im Schlaraffenland, weil mich die Genossen ewig an den 249er erinnerten…
Reichlich Taschengeld gab es für Teile meiner wertvollen Buchbestände, was den beiden Angestellten vom christlichen Antiquariat ebenfalls Unannehmlichkeiten einbrachte, da sie meine dekadente Lebensweise begünstigten.
Mielkes Knechte mir alsbald die Arbeitsaufnahme in der MIFA ans Herz legten. Wobei man mich nicht entsprechend der Bewerbung als Maschinenschlosser und Schweißer einstellte, sondern zur Bewährung in die Produktion steckte! Diese Witzbolde! Dafür musste ich die ersten beiden Wochen auf dem Firmengelände als Halbkreisingenieur arbeiten. Landete anschließend in einem sehr schlecht gelüfteten Räumchen, wo im heißen Trichlorethylen-Bad die Entfettung von Kleinteilen stattfand!
Deshalb gab es keine Zeit mehr, die Jacke mit einem Innenfutter zu versehen. Irgendwann war ich vorher noch ein paar Tage aushäusig, kam zurück, da lag das geknüpfte Teil ordentlich auf meiner Bettcouch. Musste feststelle, dass Großmutter mir die restliche Arbeit abgenommen hatte und demzufolge mächtigen Ärger mit ihrer Tochter bekam!

Mit dem Teil ging ich immer sehr sorgfältig um. Vier Jahre später, kurz bevor ich aus der Zone stiften ging, bekam sie ein polnischer Freund für vier Flaschen Wodka…
Schnurrig wurde die neugierige Meute damals, als ich begann Vinylscheiben zu verklickern. Die Stasijungs waren ja reichlich bekloppt, aber nicht von gestern, sie kannten die Preise schließlich auch. Für Raritäten aus der Zone, Ungarn, Polen und dem Tschechland gab es vom Mähdrescher aufwärts. Für Westscheiben lagen die Preise zwischen 120 bis 150 Eiern, es befanden sich aber keine verbotenen darunter. (Später erhielt ich, bevor es illegal in die Polnischen Urwälder an der Ukrainischen Grenze ging (Sommer 1974), für mein Dreieralbum Woodstock 450 Ostmark…)
Mit einer leichten Finte wurde alles umgangen. Die Kumpels schauten sich die Platten an, bezahlten dreiviertel des Preises vorher und den Rest ließ ich mir öffentlich in der Meute geben.

Fußnote: Genau in dieser Zeit schenkte mir der Vater eines Bekannten ein total zotteliges Bergziegenfell, es sollte aus dem Himalaja stammen. Bekam es mit der Bemerkung, dass ich es nicht fertig bringen würde, daraus eine Mütze herzustellen.
Nichts leichter als dies, in ein paar Stunden war es vollbracht.
Irgend jemand meinte damals, als er mich das erste Mal mit dem Teil auf dem Haupt sah: „Mensch Alter, mit diesem Toupet auf deiner Rübe erscheint ja Angela Davis wie ein Glatzkopf!”
Zum kompletten Erscheinungsbild gehörte letztendlich ein größerer Beutel aus Jute, der immer gut sichtbar auf dem Rücken hing, mit der Aufschrift: IHRE KLEIDUNG GEFÄLLT MIR AUCH NICHT – die Schriftart dafür entlehnte ich der Headline vom Zentralorgan der SED. IHRE KLEIDUNG GEFÄLLT MIR AUCH NICHT! Mit diesem Säckel über der Schulter kam es vor, dass mich sogar alte Leute ansprachen, weil sie mein Outfit sehr originell fanden. Einmal allerdings geriet ich an einen vollkommen humorlosen Knecht, dies geschah in der Hauptstadt.
Auf dem Alex wartete ich auf den kambodschanischen Schlagzeuger der Weimarer Gruppe “Bayon”, er sollte mir aus Westberlin einen Shell-Parka mitbringen. An der Nuttenbrosche vor dem Centrum-Warenhaus hielt ich Ausschau nach ihm, als Vopos wegen anstehender Langeweile begannen Ausweise zu kontrollieren.
Jener staatsbürgerliche Akt, lief egal wo ich mich gerade befand, immer wie folgt ab.
Dieses OstDokument steckte bekanntlich in einer Klarsichthülle. Auf der Vorderseite, konnte man den hübsch kalligraphierten Spruch lesen: Wessen Geist nicht blitzt, dessen Stimme donnert! Auf der Rückseite sammelte ich die kleinen Strafzettel des §33? (Fußgänger dürfen die Autobahnen nicht betreten! Wurde man beim Trampen dabei hochgezogen, war man mit 5 Ostmark dabei...)
Über meinem Passbild prangte ewig irgendein anderer Kopf, in gleicher Größe. Dessen Ablichtungen immer aus Illustrierten stammten, meistens handelte es sich dabei, um witzige ausschauende Affenkonterfeis…
Anlässlich solcher Kontrollen, kamen permanent ähnlich lautende Anweisungen, eingebläut wahrscheinlich aus einer Dienstvorschrift. Bürger Simmer! Entfernen sie erst mal den gesamten Mist aus diesem wichtigen Dokument unsrer Deutschn Demokratschen Replik!
Wobei ich mir natürlich immer sehr viel Zeit ließ, alles auch einherging mit entsprechenden Bemerkungen meinerseits und umstehenden Kumpels auch die entsprechend Kommentare abließen, weil ich dazu vor mich hin plapperte…
Der kontrollierende Genosse schien entsprechend geschult und ließ sich, bis zu einem gewissen Zeitpunkt, nicht provozieren.
Konnte meine Fleppe wieder einstecken, drehte mich dabei um, wobei nun sein Einsatz erfolgte, als er meinen Beutel gewahrte.
Ob ich mit dem Spruch auch sein Ehrenkleid meinen würde. meine Ignoranz veranlasste ihn, seine Frage noch mal zu wiederholen.
Es gibt Momente, da weiß man nicht genau, wie man reagieren soll. Ihn mit abschätzigen Blick musternd: „Eh, wem die Jacke passt, der zieht sie sich an! Eh!”, etwas leiser, „Eh Schäks (ugs. Hallenser Dialekt, Junge oder auch Bruder), lass mich in Ruhe und verpiss dich!”
Darauhin klackten Handschellen, ruckartig gehörte mein Date der Vergangenheit an, denn ich wurde bis zum nächsten Morgen dem Revier am Alex zugeführt...
Irgendwann, schätzte so gegen 7, 8 Uhr, schmiss mir jemand meine Schnürsenkel und den Koppel in die Zelle: Machen sie sich fertig, sie werden entlassen!
Freudig gings ans Werk, hatte eigentlich damit gerechnet, noch den ganzen Sonntag in der Keibelstraße zu verbringen. Weil sie in solchen Fällen, nebenher noch die Überprüfung hinauszögerten, ob man in einem ordentlichen Arbeitsverhältnis stand.
Jenes Prozedere konnte sich schon von Freitag Abend bis Sonntag hinziehen! Bin nie dahinter gestiegen, wie sie jene Nachforschungen an Wochenenden bewerkstelligten.
Auf dem Weg zur Effektenkammer verlangte ich noch ein Frühstück, was mir letztlich recht unwirsch kredenzt wurde und bis zu endgültigen Entlassung, alles mit ellenlangen Pausen einherging.
Endlich war es dann soweit – aber Pustekuchen!
Im Hof verfrachtete man mich in einen Streifenwagen, wir wollten sicher gehen, dass sie die Stadt auch wirklich verlassen!
Solchen Service hatte ich bis dato noch nie erlebt. Es ging durch Treptow, Oberschweineöde, Adlershof und weiter nach Süden. Hinter Schönefeld wurde mir dann doch etwas mulmig, die Fahrt endete schließlich abrupt kurz vor dem Ring, dort schmissen sie mich auf der Piste raus: Sie wissen ja, §33 der Straßenverkehrsordnung besagt: Fußgängern ist das Betreten der Autobahn verboten! Wir haben unseren anderen Genossen hier bereits Meldung gemacht!

Betrifft unseren Kater in Melkow.
Als eine der wenigen im Ort besaßen wir für unser Glotze einen selbstgebauten Konverter, deshalb sahen sich die Gören aus der Nachbarschaft bei uns täglich die original englischsprachige Sesamstraße im Dritten Programm vom SFB an. Alles nahm solche Ausmaße an, dass die Kids spätnachmittags, wenn niemand daheim war, in der Kneipe nachschauten, um sich den Hausschlüssel zu besorgen.
Vom Dorfschulzen hagelte es darum Verwarnungen, wegen der Verbreitung von Westfernsehen. Keiner von uns reagierte auf diese Anmachen.
Ein weiteres Mal trat der Gendarm auf den Plan, als der rührige Nachbar von gegenüber ihm etwas steckte.
Die fernsehgeilen Monster hatten sich, wie üblich den Schlüssel aus dem Wirtshaus besort und beim Aufschließen nicht auf unseren Kater geachtet. Aufgeschreckt von den Kleinen, die ihn kreischend einfangen wollten, tat der nichts eiligeres und huschte auf die Birke vorm Haus. Der Älteste auf den Baum hinter dem Tier her, bis er sich nicht mehr weiter traute, wobei er den Dachhasen in den Wipfel gescheuchte hatte, der nun ganz oben ängstlich angekrallt, zum Gott erbarmen mauzte. Zur Katzenrettung aus der Kneipe geholt, bot sich ein Bild zum Quieken. Um den Baum herum mehrere Wänste, die mit ihren heiser gewordenen Stimmchen immer wieder riefen: „Staaaliin komm!… Stalin komm endlich runter!… Staaaliiin!…”
Unsere Rettungsaktion gelang mit zwei gegenseitig angestellten Leitern. Binnen kurzem fühlte die dämliche Miez wieder Boden unter ihren Pfoten und wir bekamen am folgenden Tag Besuch vom Gendarm. Dieser legte uns ans Herz, dem Kater doch einen vernünftigen Namen zu geben. Nun wurde begonnen, ihn besoffen zu quatschen. Es fing damit an, dass man Katzen nicht beliebig umbenennen könnte, außerdem müsste in dem Namen unbedingt ein „I” vorkommen. Nach längerem hin und her drehte er wütend bei. Ohne große Kompromisse einzugehen, waren wir ja bereit, unserem Mäusejäger einen anderen Namen zu verpassen. Mit ersteren, wusste der Polizist nichts anzufangen, den zweiten schien er schon mal gehört zu haben.
Unsere Namensvorschläge lauteten: Trotzki oder Lenin.
Letztendlich blieb Stalin, Stalin! Eigentlich war dieser Namen nicht korrekt gewählt, denn später stellte sich heraus, dass es sich bei Ihm um eine Sie handelte, der Beweis wurde erbrachte, nach dem der Distriktbeschäler nicht nur seine Pfoten im Spiel hatte…

Nun zu einer Auswahl der Malerei von Hieronymos E. Post…
Der Scheff

Ein Gedanke zu „Jheronymos Eckehard Post

  1. Witschel

    Hallo Ede,

    sehr schöner text – kann mich an dein outfit noch sehr gut u.gern ernnern 1
    soll dich übrigens von hucky (Libutzki/ Edersleben) grüssen -heute in d. Stadt getroffen.

    Witschel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert