Archiv für den Tag: 11. April 2018

Rudi Dutschke, „1968“ – lebendige Erinnerung oder tote Geschichte?

Mythos – Trauma – Wirklichkeit
So wurde auf einem Flyer der Berliner Geschichtswerkstadt getitelt.
Dachte mir so, rollste doch auch mal dort vorbei und lauscht den altgedienten Troubadixen*INNEN & usw., wie sie sich an diesem schönen Nachmittag beweihräuchern. War gar nicht so schlimm, allerdings tat die äußerst provisorische Beschallung das Ihrige dazu, sie entsprach jener damaligen Norm. Denn mit der Technik, nebst Verwirklichung handwerklicher Gegebenheiten, hatten es die linken Maulhelden nie am Hut. Der Lautsprecher schien vom Schnäppchentisch aus dem geizgeilen Laden, strahlte seinen unsäglichen Ton gerade so in Kopfhöhe ab und konnte deshalb auch kein bisschen gegen der Hurfürstendamm anstinken. Als Podium hätten mindestens drei Paletten herhalten müssen…
Woran die Veranstalter, bei der zu erwartenden Masse von Mumien, schon wegen ihres Alters hätten daran denken sollen. Fast alles Grauchen und viele Typen der Nickelbrillenfraktion mit fleischfarbenen Badekappen, was hieß, trotz der topaktuellen Problematik, die der vor 50 Jahren glich – heutzutage lediglich auf anderen Ebenen nachhaltig anstehen – harrten keine etwas älteren Teens und Twens im Rudel aus.
Von den Bruchstücken aller Vortragenden*INNEN & usw., fand ich die von Michael Schneider, seinem früheren Studienkollegen, sehr angenehm: “Er war arglos, hatte kindliches Vertrauen zu den Menschen. Ich weiss nicht, ob es mangelnde Menschenkenntnis oder Humanismus war. Aber die Menschen öffneten sich ihm und er verstand es, ihre besseren Seiten hervorzubringen.” Weiß nicht so recht, ob dies Genossen Rudi wirklich immer gelang, da er sich, wenn es mit ihm durchging, er permanent in sein Soziologen-Chinesisch verfiel.
Für mich entsprachen jene Formulierungen schlicht einem geistigen Anspruch, um sich im Rudel mit klassenkämpferisch anmutendem Charme von der drögen Masse abzuheben. Zum Beispiel wurde deshalb über schlichte Beobachtungen nicht so einfach geredet – denn visuelle Informationen verbalisierte man mit Hilfe profunder Definitionen…
Mir bereiteten solche Ausdrucksformen keine Probleme, wurde aber, ab 1969, von so manchem Gastgeber in Ostberlin, oftmals heftig gerügt. Weil mir dieses pseudo-intellktuelle Gehabe solcher Nasen mächtig auf den Zünder ging. Will keine Namen nennen, muss aber in dem Moment zu einer zonenspezifische Eigenart, mancher meiner Bekannten, etwas ablassen. Weil sie solch respektloses Auftreten, dieser studentischen Saison-Revoluzzer, immer wieder als deren Weltmännischkeit vollkommen unkritisch anhimmelten. Zumal es gerade im ökonomischen und philosophischen Sprachgebrauch, oftmals merkliche Unterschiede zwischen Ost- und Westinterpretationen gab, weshalb ich ewig korrigierend eingriff. Was die entsprechend Runde nie groß interessierte, denn gewissen gelernten Ossis ging der marxistische Dünnschiss sowieso am Arsch vorbei und dem Bundi sagte die Rückseite des Mondes auch mehr, als die Lebensweise östlich der Elbe. Außer der Tatsache, dabei so manche emanzipierte Ostkirschen bei Laune zuhalten, wegen eines vielleicht anstehenden Ausflugs in ihren Körper…
Hinzu kam eine ganz erbärmliche Eigenart, die pauschal übertragbar war, diese monologisierenden Leutchen besaßen durch die Bank weg auch keine Streitkultur!
Sie konnten zwischendurch nämlich nicht zuhören! Weiterlesen