Der anfänglich Schrieb ist eigentlich von Mitte letzten Monats…
Und dafür die feierliche Verleihung des Brandenburger Freiheitspreises nebst Laudationierung vom Momentan-Noch-Außenminister Frank-Walter und einer tränenrührenden zonen-nostalgischen Überlieferung aus den berühmten Steinmeierlungen…
Eventuell ähnelt die vorgetragene Mär ihmchens Doktorarbeit, denn auch dort schien er es mit Zitaten und belegbaren Betrachtungen nicht so genau zunehmen, wie in seiner neuerlichen Legende aus dem ehemaligen humanen sozialistischen Strafvollzugstempel. Trotzdem muss ich Frank-Walter in einer Sache recht geben, denn es gab es auf dem Zuchthausgelände weder einen Wald, geschweige Bäumchen! Jedoch eine riesige Rasenfläche, ganz grün und mit vielen unterschiedlich kleinen Farbtupfern!
Nach Schichtschluss wurden dort einige Runden marschiert und anschließend mehrere Minuten „Gymnastik“ betrieben. An der Längsseite vor dem Zellenblock befanden sich im Keller die Arrestzellen. Wenn ich mich richtig erinnere waren in den gegenüberliegenden Flachbauten die Tischlerei und Wäscherei untergebracht.
Beim Abmarsch an den Produktionshallen stand ich immer so, dass mein Gerödel dann auf der Grünfläche zu liegen kam.
Auf dem recht gut getrimmten Teil gab es doch einige interessante Pflänzchen. Allerdings interessierten mich die Blümchen weniger, mehr der Löwenzahn, selbiger kam zerkleinert auf die abendlichen Stullen, aus Wegerich und Schafgarbe wurde Tee gekocht.
Meine Kollegen im Werkzeugbau waren die üblichen Schisser, weil sie vor einer kollektiven Strafmaßnahme Bammel hatten, entsprach doch mein sowjetrussischer Tauchsieder dreimal sieben Tage Bunker. Aufgrund dessen verschwand das Teil nach knapp zwei Wochen, da sich beim Brühen der Schafgarbe ein heftiger Duft entwickelte, trotz Öl und Lösungsmittelgestank am Arbeitsplatz.
Setze hier mal einen Nachbau rein – von Herstellung und Inbetriebnahme sei aber strikt abzuraten! Eigentlich genügen ja zwei abisolierte Kabelenden von 2,5 Quadrat, die sich allerdings in ganz kurzer Zeit auflösen, gerade bei Aluminium. Außerdem geht es bei Rasierklingen wesentlich schneller, wegen ihrer großen Flächen. Mit 220 Volt kocht das Wasser in einer kleinen Tasse bereits nach 30 bis 40 Sekunden…
Wer soll überhaupt der unterbelichtete Pastor gewesen sein, der ein Mauerblümchen unter seiner Matratze versteckte, etwas Herr Gauck? Allerdings hätte ich dem ausgebuffteste Trittbrettfahrer unter den Bürgerrechtlern aus der Zone, noch nicht mal solch Quäntchen Mut zugetraut, außerdem war er aber nie in Cottbus.
Da mir auch für ein Weilchen das Privileg zuteil wurde (Nennt man das so?) im Arrest zu landen, kann ich bestätigen, dass es gleich an der Kellertreppe, nach dem stinkenden Kübelentleerungsraum rechts, einen Tigerkäfig gab, ungefähr fünf oder sechs Quadratmeter groß, mittig in der Zelle platziert. Witzigerweise ließen die Schließer immer die dortige Tür offen, damit sich jeder der speziell Einsitzenden an dem Anblick erfreuen konnte…
Ansonsten war mein „Verwahrraum“ recht luxuriös, vielleicht 16 Meter im Quadrat. Von 6 bis 22 Uhr die kunstlederne Pritsche hochgeschlossen, beide Fensterflügel herausgehangen, die für den Raum recht groß waren und schon im Spätsommer für dauerhaft kühle Luft sorgten.
Als einzige Sitzgelegenheit gab es einen, allseitig verschissenen 20-Liter-Kübel mit Deckel aber erst nach drei Tagen. Was Überlebensstrategie betrifft, gewöhnt man sich bekanntlich an fast alles, nach wenigen Tagen hockte auch ich manchmal auf dem Teil. Mittlerweile stank jeder Zipfel an mir, nach der mich umgebenden Zellenluft. Wegen des eigentlich therapeutischen Anlasses muss ich jene vollkommen versiffte und an Pappe erinnernde Pferdedecke für die Nachtstunden noch erwähnen. Durch deren undefinierbaren Düfte, die wirklich jeden Zentimeter wechselten, wurde mir endlich klar, welche ungeheure Vielfalt menschliche Ausdünstungen haben können – für Hunde und Geruchsfetischisten sicher ein grenzenloser Labsal…
Irgendwann erlaubte mir mein Freund, der Texaner, dass ich nach dem abendlichen Kübeln selbiges Behältnis mit kaltem Wasser abspritzen konnten.
Zur Schlafenszeit fehlte mir dann etwas…
Der Brandenburger Freiheitspreis wird an herausragende Personen oder Institutionen vergeben, die engagiert und vorbildlich in den Bereichen Kultur, Religion, Wirtschaft oder Politik zur Verwirklichung des Freiheitsgedankens beigetragen haben. Der Jury gehören an: Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Dr. Jakob Hein, Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Huber, Prof. Dr. Christoph Möllers und Dr. Sigrid Nikutta.
Könnte fast kotzen, wenn ich hier lese, wer versucht auf meiner Pisse Kahn zufahren und für die Verwirklichung des Freiheitsgedankens beigetragen will – deshalb in irgendwelchen Gremien herumhängt, um anschließend medienträchtig Feigenblätter zu verteilen.
WIR gehen lustigen Zeiten entgegen!
Wenn demnächst die künftige Nummer 1 überall aus seinem Sagenschatz, den Steinmeierlungen, zitiert und sich als eine Art Meister Nadelöhr darstellen kann, wie letztens gehabt, im Angesicht von Schnatterinchen, Pittiplatsch, Hoppel, Herrn Fuchs und Frau Elster