Ein Runder Tisch
Was soll dabei herauskommen, wenn eine Berufsgutmenschin als Vorsitzende eines Runden Tisches fungiert, der sich mit einem solch brisanten Thema befassen darf? Helfen ihr dabei die Erfahrung aus Grünen Zeiten oder der Abschluss als evangelische Popin?
Was mir bei diesem Artikel auffiel, es geht um die „Heimerziehung der früheren Bundesrepublik” – nix erwähnt – der andere deutsche Staat!
Ideologisch war (?) ja die Schreiberin zu früheren Jahren auch in einer Ecke angesiedelt, wo man die Zone immer als den besseren deutschen Staat verkaufte. Niemals habe ich seit 1975 (bis zum Mauerfall) erlebt, dass sich sich auch nur ansatzweise ein bundesgermanischer Linxwixer für das praktizierte Unrecht im Osten interessierte, für DKPisten und den Kämpen der SEW waren wir sogar erzreaktionär…
Beim Lesen fiel mir ein, dass ich Anfang der 90er auf merkwürdige Weise auch in den Versuch der halbherzigen Auseinandersetzung mit den Praktiken in Ost-Kinderheimen involviert war.
Der Ex meiner Freundin rief mich an, ob ich bereit wäre für ein Interview zu dieser Problematik.
Nach kurzer Bedenkzeit erfolgte mein O.K.
Den Interviewer nebst Gattin traf ich im Krüppelkranzler, „Blisse 14“, Knete sollte nicht fließen aber einige Getränke. Von Beginn an war mir mulmig, weil der Herr Proffesor Kupfer nur ausweichend auf einige Fragen meinerseits reagierte und dabei noch herumeierte. Hinzu kam, dass ihm mächtig stank, weil ich statt DDR immer Zone sagte.
Für mich war es unverständlich, dass er sich früher nie mit der Situation in Ost-Kinderheimen auseinandergesetzt hatte. Unser Treffen schien nur einen Alibicharakter zu haben – sich mal in dieser Richtung einbringen – denn in jener Zeit schien der Herr noch für den Kinderschutzbund tätig zu sein. Eine Bedingung stellte ich, bevor der Schriftsatz in Druck ging, sollte er mir unbedingt vorgelegt werden. Was wir per Handschlag besiegelten, also verließ ich mich gutgläubig auf sein Wort.
Das gesamte Gespräch wurde von der Gattin stenographiert. Bei der Beantwortung mancher Fragen erschloss sich mir nicht immer der tieferen Grund vieler zu erforschender Begebenheiten. Der Hochschulle(e)hrer (Sozialpädagoche, damals schon a. d.?) schien überhaupt keinen blauen Dunst zu besitzen, was gewisse Zusammenhänge der Zone betrafen.
Wochen später erreichte mich eine bestimmte Zeitschrift, noch während der Lektüre ging ich in die Luft, schneller und höher als das HB-Männchen.
Der Artikel strotzte nur so von selektiven Wahrnehmungen des Herrn Professors und bestimmte Aspekte meinerseits waren sogar weichgespült wiedergegeben worden. Für mich zu sprechen war der alte Knabe anschließend nicht. Wochen später erreichte mich erneut der Anruf vom Ex meiner Freundin, der Artikel hätte mächtig Staub aufgewirbelt und ich müsste mich zu einer Gegendarstellung bereit erklären. Das Treffen war schon im Wedding, in einem Büro vom KSB anberaumt worden. Mir fiel bei diesem Telefonat der unverschämte Part zu, eine gewisse Schuld auf mich zu nehmen, da der Autor sein Gesicht wahren musste. Wollte deshalb zu dem Treffen mit Zeugen für meine Schilderungen auftauchen, was keiner der unmittelbar Beteiligten gut fand.
Vor dem Büro fing mich der illustre Herr ab, ohne Begrüßung plapperte er gleich los: „Ich hoffe, sie wissen, was ich von ihnen erwarte…“ – ließ ihn daraufhin stehen.
Unser Begegnung empfand ich als inneren Reichsparteitag. Von dem Dutzend Ossi-Erziehern mit reichlich Erfahrungen aus Erziehungsheimen und Jugendwerkhöfen, hatte nie jemand etwas von meinen Beschuldigungen, auch nur im geringsten mitbekommen! Das Gesicht wahren vom Professor, ging mir schlicht an meinem verlängerten Rücken vorbei.
Irgendein Fuzzi plapperte nach kurzer Vorstellung sofort los, überging mich dabei und bezog mit einigen Sätzen nur den großen Experten ein.
Unterbrach harsch alles, „es geht doch wohl in erster Linie um das Geschreibsel und meine dort angeblich verfälschten Darstellungen.“
Ließ noch kurz den damaligen Hergang ab, vergaß aber die Argumente mit der Gesichtswahrerei vom Herrn Professor auch nicht…
Er äußerte sich zu meinen Darstellungen nicht weiter, fand sich irgendwann ganz nah bei den östlichen Pädagochen wieder.
Das Rudel begann, sich auf mich einzuschießen, was ich mir verbat. Begann einfach mit einer Gegendarstellung und stellte, die vorher im Heft, von mir gemarkerten Stellen klar und wies dabei auf die zusätzlichen Bemerkungen von Kupfer hin, die anschließend natürlich eine ganz andere Wertigkeit erhalten hatten.
Plötzlich kam aus der Runde ein mich unterbrechender Kommentar, „dies währen alles infame Unterstellungen, schließlich hätte er in jenen Tagen bereits dort gearbeitet…“
Darauf folgte von mir die Frage, ob sich noch mehr Altlasten, die auch heute noch aktiv waren, hier in der Runde befinden würden. Zum Piepen, wie sich daraufhin deren Larven verzogen.
Von einem damaligen Ost-Erzieher kam nun ein Statement: „Herr S., so renitent, wie sie sich in der kurzen Zeit hier darstellten, da wird es kein Wunder gewesen sein, dass man sie zu DDR-Zeiten in ein Heim einwies!“
Daraufhin tat ich etwas, ganz gegen meine Art unter solchen Flachzangen, ohne einen weiteren Ton abzulassen, verließ ich diese nette Runde.
Dabei betrafen meine Schilderungen in dem Heft eigentlich nur ein ganz normales Kinderheim in Stolberg/Harz. Zu einigen Bermerkungen aus Spezialheimen und Werkhöfen. hatte ich mich allerdings vorher noch bei meinen betroffenen Bekannten rückversichert…
Wobei nicht nur ich die Meinung vertrete, dass es dort Zustände, auch der kollektiven Erziehung gab, die man keineswegs nur mit softer Folterung abtun sollte!
Es gäbe noch viel andere Begebenheiten aus diesem Heim zu berichten, die mächtig schräg liefen…
Auch möchte ich die Tatsache erwähnen, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen von Kindern und Jugendlichen aus dem Ort, alle wussten, was im „Thyratal” ablief. Viele sich trotzdem am Mobbing gewisser Angehörigen des  „Leerkörpers”, der dortigen Schule, gegen Heiminsassen auch beteiligten.
Zum Abschluss noch eine witzige Begebenheit von einem Klassentreffen im Jahre 1990. Als der Geographie- und Mathelehrer abends auftauchte und mich scheißfreundlich, zum Schluß,  per Handschlag begrüßen wollte, tat ich es auf meine mir ureigene Art. Was mir von einigen Anwesenden Unannehmlichkeiten einbrachte, „du haust wieder ab, aber wir müssen weiter mit diesem Mann in der Gemeinde leben!”
Allerdings gaben mir bei steigendem Alkoholpegel viele anschließend Recht…
„Ehe ich in ihre dargebotene Hand einschlage, beantworten sie mir bitte eine Frage!”
Stille –
„Warum waren sie eigentlich gegenüber Heimkindern immer so ein abgrundtiefes Arschloch?”
Mein ehemaliger Russischlehrer, den ich sehr mochte, ließ sich anschließend zu einer sehr witzigen Aktion hinreißen, die mich allerdings außerordentlich verblüffte.
„Herr Simmling! Es hat mir sehr gefallen, wie sie meinen Kollegen zusammengefaltet haben! Ich möchte sie zu einem Schnäpschen einladen und ihnen das Du anbieten…“

Anbei einige Namen von damaligen Heiminsassen. Bis auf „Pfeffi” habe ich alle aus den Augen verloren. Viele entwickelten sich später über Pretzsch oder irgendeinen Jugendwerkhof zum Bodensatz der Ostgesellschaft.
Wer kennt jemand aus der unten angeführten Liste?
Bitte melden!

Gerd Schliebe
Gerd Merkel
Klaus Schlegel
Achim „Aggi” Henschel
Horst Strohbach
Peter Frohberg
Günter Nahr
Gerd Busse
Horst + Klaus Webecke
Bernhard Wahl
der kleine Sommerfeld
Tatjana Beer
Dorthea Timpel
Anita Naujoks und ihre Geschwister
die Pfeffersche
Renate Kröhn