Archiv für den Tag: 25. Oktober 2017

Fats Domino geht nicht mehr einkaufen

Nun haben sich fast alle 1920er bereits über den Acker gemacht, nun fängt es an und rafft die 1930er weg. Alles Zeitgenossen, die mich seit meiner vormalig Detektor hörenden, dann während der aktiven Radiobastelzeit begleiteten, in der ich damals ein großer Fan der westlich dekadente Musik wurde, was mir sehr viel Ärger einbrachte. Egal, was die roten Deppen auch anstellten, jene Ätherwellen, was sie Ausgeburten der psychologischen Kriegsführung nannten, fanden bei mir immer sperrangelweite Ohren. Von dem Feeling, welches Western&Country-Klänge, schwarze Musik, besonders Blues, der Rock´n ´Roll und später die härteren Gitarrenklänge konnte ich nie lassen. Fats war für mich immer einer der Größten, besser gesagt, einer der vielen ganz großen Pianisten und Sänger. Allerdings empfand ich ihn auch immer als Ausnahme mit seinen vielen gängigen Gassenhauer. Mehrfach kreuzten sich unsere Wege in den unterschiedlichsten Konzerthütten Westberlins.
Beim ersten mal, gleich nach meiner Übersiedlung konnten wir ihn sauwütend erleben, anlässlich eines Konzertes, 1975/76, in der Philharmonie. Da war mir anschließend danach, irgendwo in diesem Musentempel hinzuscheißen, so als Protest.
Hatte in den anfänglich Tagen nicht registriert, dass der Meister im Dorf herumhing, das Konzert war natürlich ausverkauft. Machte mich an besagtem Abend trotzdem los. Massenhaft standen Leute mit Schildern vor den Eingängen, die alle auf eine Karte hofften. Drehte schon bei, als ich registriert, niemand schlich direkt an den Bushaltestellen herum. Mit meiner brüllenden Nachfrage in Richtung jeden Pulk´s der sich aus dem Bus quetschte, war mir schließlich das Glück doch hold.
Eine junge Frau plapperte nebenher, dass ihr Freund sie im Stich gelassen hätte…
Wenn mich nicht alles täuscht, wollte die junge Frau den Vorverkaufspreis, der sich auf 24 M-chen belief, glücklich bekam sie 30.
An jenem Abend gab es keine Vorgruppe, so enterte gleich die Band ihren Platz. Während der Ankündigung vom big Chief hub grellendes Pfeifen und Johlen an. Fats hämmert sofort los, aber es kam kein Ton über das Gesangsmikro.
Wie frisch gefickte Eichhörnchen wuselten sofort mehre Knechte herum, der Pianist rückte etwas beiseite, spielte währenddessen einhändig weiter.
Nach mehreren Minuten gab es für ihn das OK, kurz darauf das gleiche Problem. Nun stand er aber auf, ging zum hinteren Bühnenrand und redete gestikulierend auf einen höheren Knecht ein.
Wieder Retour auf seinem Platz, nur wenige korrekte Klänge kamen vom Piano, dann vermischte sich alles leichten Knackgeräuschen. Mit seinem freundlichen Gesicht war nun alles vorbei, diesmal wurde die Bühne verlassen. Unmut machte sich nun im Saal breit, allerdings konnte die Band einiges abfangen. Wieder ein Test – alles im grünen Bereich, jemand aus dem Haus tätigte eine kurze Entschuldigung, das Aufatmen nebst breiten Grinsen vom Star sprang auf Publikum über.
Keine zehn Minuten waren vergangen, da versagten die elektronischen Töne vom Piano und Gesang wieder. Fats stand auf, verbeugte sich ganz kurz, winkte sehr abgenervt in Richtung der Zuschauern und verschwand.
Was natürlich mächtige Irritationen hervorrief.
Die Band schaffte sich wie auf der Titanic, als der endgültige Abgang vom großen Meister angekündigt wurde und wir das Geld in den Entsprechenden Vorverkaufsstellen zurückholen konnten…
Voll in Rage ging es zur Garderobe.
Als oller Ostblueser steckte in der Tasche vom Shelly, Gott sei Dank, ein Flachmann.
Trank ihn draußen in einem Zug aus und rauchte noch eine Zigarette. Plötzlich stand meine Kartenverkäuferin neben mir, an ein Wegkommen war in der nächsten Zeit nicht zudenken, deshalb wurde geschwatzt. Irgendwann gewahrte ich, dass sie gar nicht so schlecht aussah. Diese Erkenntnis hatte bestimmt auch etwas mit den wenigen Wochen in Freiheit zu tun und den zwangsläufigen Erfahrungen in alle Richtungen. Weiterlesen