Archiv für den Tag: 7. November 2022

(Lit.I.) Meine Bücherneugier wurde vom Großvater entfacht und betreut, er versagte mir auch nie etwas aus seiner großen Bibliothek!

Nur einmal schüttelte er mit dem Kopf, als ich in Büchern die gotische Frakturschrift erlernen wollte, nahm dazu Karl May, da er drei oder vier Bände in jener Schrift besaß. Die wenigen Bücher in lateinischen Lettern hatte ich mir ja bereits eingezogen. Schnüffelte damals parallel bereits in Schriften von Gerstäcker, Jack London, Cooper, Bret Harte (den kennt sowieso keine Sau mehr)  usw. herum…
Hatte mir dann ausgerechnet Tolstois: „Die Auferstehung“, gegriffen, sein längstes Werk. Es dauerte fast ein viertel Jahr, bis ich es durch hatte. Musste nebenher immer wieder Opas Hilfe in Anspruch nehmen, der sich ewig auf meine vielen Fragen entsprechend einließ und zu Erklärungen weitere Literatur heranzog…
Zwei Jahre später, ich hatte mit ihm ein kleines Baumhaus, am unteren Hang, an einem alten Kirschstamm gebaut. Der Einstieg, in ungefähr drei Meter Höhe, war so eng gestaltet, dass kein Erwachsener mich dort stören konnte. Außerdem wurde das knotiger Tau immer hochgezogen…
Darin las ich dann als Sechstklässler bereits, ganz heimlich NS-Literatur. Die Großvater besaß, weil er sie zeitweise zu Vorträgen benötigte, er durfte sie allerding aber auch niemanden zugänglich machen!
Von ihm kam auch die Einschätzung, Hitlers gefährliches Kampf-Märchenbuch wäre einmalig im deutschen Raum, das meist produzierteste Machwerk gewesen, was allerdings auch am wenigsten gelesen wurde…
Unsinniger weise wurde es, aus ideologischen Erwägungen heraus, seinen freudigen Mitläufern immer wieder brav an deren Volksdeutsche Herzen gelegt. Das eigentlich fragwürdigste Produkt sei aber Rosenbergs: „Der Mythus des 20.Jahrhunderts“, gewesen. Welches ich mir anschließend auch prompt einzog…
Mit jene beiden Schwarten, hatte ich mir als Kind, die erste schwere Heimsuchung auferlegt. Denn erstens durfte es die hochgradig stalinistische Mutter meiner Schwester nie erfahren und anderseits, konnte ich es keinem Schwanz erzählen! Weiterlesen