Wg. Sangerhausen, muss ich zu zwei „youtube“ Vijo´s etwas ablassen, als secondhand Zeitzeuge! (3)

Der kommende Schrieb betrifft die Korrektur eines Interview´s vom Zeitzeugen, Herbert Gerhard, welches ich vor ein paar Tagen fand, unter der Rubrik: Verfolgung und Widerstand in Sangerhausen 1933-1945. da berichtete er über konspirative Treffs von Sangerhäuser Nazigegnern in der Bücher­stube von Alban Hess. Selbiges hintere Räumchen ist mir bekannt, hatte mich doch der Opa auch öfters dort mit hingenommen. Von ihm lernte ich, mit offenen Augen und Ohren durch die Weltge­schichte zu wandeln, sowie sehr genau zu unterscheiden, was ich von aufgeschnappten Gesprächen weiter erzählen konnte. Oftmals kamen deshalb in mir schwere Konflikte zum schwelen. Mein Großvater besaß alle gedruckten Highlights des III. Reiches, die er zu Vorträgen in Schulen und anderswo hinzuzog, aber niemanden zugänglich machen durfte. So kam es, dass ich, als früh­reifes Bürschchen, mir viele Sachen auch durchlas, mit gerade 13 Jahren, dass erste mal Mein Kampf. Auf Großvaters Hinweis, nicht jenes Buch sei wegweisend für die NS-Ideologie gewesen, sondern Der Mythus des 20. Jahrhunderts, vom NSDAP-Parteiideologe Alfred Rosen­berg, las ich dieses Teil gleich anschließend…
Damit ging es dann weiter, nebenher Kommentare zum Hitler-Stalinpakt usw.
Sehr schnell bemerkte ich dadurch, wie in der Schule geklittert wurde, hinzu kamen die ewigen Ver­drehungen von Tatsachen, wobei sich die Kommunisten vielfach mit M/L-ideologischen Heiligen­scheinen schmückten. Und musste jenen Dünnschiss kommentarlos über mich ergehen lassen, so konnten auch andere nicht an meinen Informationen teilhaben.
Nicht zu vergessen, Opas gedruckte weltweiten Ergüsse von allen möglichen Philosophen. Die ich damals noch gar nicht verstand, mich aber trotzdem mit ihnen befasste, darunter auch Schriften von Michail A. Bakunin und Proudhon

Partiell blieb trotzdem einiges hängen, was später aufgearbeitet werden konnte, dann hauptsächlich in Bibliotheken von kirchlichen Bürdenträgern, beider christlicher Konfessionen.
Muss mich mal kundig machen, wer eigentlich als Meister Gerhard Gesprächspartner fungierte!
Auf der anderen Seite scheint er so eine Art Berufszeitzeuge gewesen zu sein. Ich bin Zeug, um was geht es überhaupt?
Mein Großvater war nicht der Feinmechaniker Faust, er befasste sich mit der Prokura der Kupfer­hütte Artern! Aus jenen Friedenszeiten stammte auch sein Telefonanschluss auf dem Schlossberge.
Wegen jenes Wunderwerkes der Technik, erlebte ich seinerzeit ein sehr tiefes ideologisches Zerwürfnis mit seiner Tochter, als man ihm die Leitung kappen wollte. Den ungenauen Wortlaut habe ich schon mal abgelassen, man findet ihn am Anfang jener Geschichte, wo es um ganz unterschiedliche Handhabungen von Telefonen geht.
Kann mir auch nicht vorstellen, dass Opa nach drei Jahren Zuchthaus, in Gegenwart eines 10jähri­gen Kindes, mit marxistischer Ideologie hausieren ging. Irgendwann erfolgt von seinem Interviewer ja die Aufklärung, dass er ein linker Sozi war und in Sangerhausen eine Rolle zum Vereinigungspar­teitag spielte. Hatte er doch mit Willi H., gleich nach dem I. Krieg in Sangerhausen, eine SPD-Ortsgruppe gegründet. Dass er sich zu jenem Vereinigungsparteitag missbrauchen ließ, ging auf das Konto seiner ewig lamentierenden Tochter, welche damals sehr schnell zu einem stalinistischen Flintenweib mutierte.
Aus irgendwelchen Gründen gelang es ihr, seine ideologischen Vorbehalte, wenigstens halbherzig zu beseitigen. Zumal sie ja wusste, wie abgrundtief ihr Vater all jene dümmlichen Kommunisten verachtete, nicht nur die in seiner Heimatstadt…
Dabei war Großvater noch nicht mal in der Lage, den brüderlichen  Vereinigungshandschlag korrekt auszuführen,  weil er das Schlachtfeld am Fort Douaumont (1916) mit einer total verkrüppelten rechten Hand verließ…
Jenen törichten Schritt seiner Vereinnahmung , 1946, hat er den Rest seines Lebens tief bereut! Weil er danach sehr viel Sympathien verlor, nicht nur in Sangerhausen, sondern auch im Distrikt, bis weit nach Halle hinein. Trug er bis dato sein Herz immer auf der Zunge, ging dabei permanent gegen vorhandenen Ungerechtigkeiten im täglichen Leben vor, bekämpfte ebenso den krankhaften Hang zu ewigen Kompromissen in seiner eigenen Partei.
Viele einfache Zeitgenossen verstanden die Welt nicht mehr, dass ausgerechnet er sich vom Sanger­häuser Oberstalinisten, aus der Stadtvilla am Tennisplatz, vor dessen Moskauer Panjewagen span­nen ließ, auf dem Paule nebst Gattin Martha, als Kutscher hockten…
Hinzu kommt noch die Tat­sache, dass man ihn, am 17. Juni, fast totgeschlagen hatte, auf dem Weg in das Restaurant Walkmühle, wo eine Rede vor Bergleuten angesagt war. Sein Kind äußerte öfters, dies geschah auf Geheiß der Reaktion! Seine Antwort lief immer darauf hinaus: Lanta, was sollte die Reaktion für ein Interesse gehabt ha­ben, einen Sozi, der sich an die Seite dieser streikenden Arbeiterklasse begeben wollte, umzubrin­gen? Die vermummten Leute waren deine Genossen!
Aber dies ist schon wieder eine ganz andere Geschichte!

Fußnote: zu weiteren Sangerhäuser Zeitzeugen:
Vor sehr langer Zeit beschrieb mein Großvater Wolfgang Steffen so, ein netter Mann, aber vollkom­men farblos…
Fotos werfen neue Fragen auf
Ein viertel Jahr dauerte es, bis die implodierte Sprechblase jener Tante eliminiert wurde. Hat überhaupt jemand vom Schleef-Verein, jemals mit ihm ein paar Sätze gewechselt?

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