Obwohl bereits in meinen beiden ersten Schuljahren eine Aversion zu keimen begann, gegen irgendwelche Übernahmen von Leitungsrollen als Jungpionier, versuchte es die Mutter meiner Schwester immer wieder, mich davon zu überzeugen. Irgendwie sollte ich ihren Funktionen nacheifern. Viel später ging mir dann auf, dass sie mich lediglich verdonnern wollte, ihre nie in Erfüllung gegangenen Träume zu verwirklichen…
Das Muttertier flippte Anfang der dritten Klasse total aus.
In jenen Tagen hing an der Wand eine längere Leiste, auf der wöchentlich unter der Ägide vom Klassenlehrer, dem ewig angesoffenen Pionierleiter und den kleinen dusseligen Funktionsträgern der Mitschüler, auf der jedem Klassenkameraden ein Pappbildchen (DIN A5) zugeordnet wurde.
Nummer 1 war plötzlich der Sputnik, zum Ende hin, ging es weiter bis zum Schlusslicht eines Güterwaggons und einer Weinbergschnecke.
Mir kam das Privileg zuteil, mein Namensschildchen mit einer Reißzwecke unter das rote Licht zu zwacken. Natürlich musste alles mit dem anschließenden Meineid vor der Klasse einhergehen, mich in der kommenden Woche bereits zu bessern…
Zuhause bekam ich zufällig mit, wie sich Opa über jene Symbolik des Wettbewerbes lustig machte, nebenher auch noch seine kleinen Spitzen gegen die Kommunisten abschoss. Er wollte von seiner Tochter nämlich wissen, wer eigentlich auf jene merkwürdige Idee gekommen war, diese sehr wichtige Reichsbahnbeleuchtung mit gewissen Unpässlichkeiten der Schüler gleichzusetzen.
Was mich in den folgenden Tage antrieb, entsprechend zu reagieren und auch nicht gewillte war, an meiner Situation im Klassenverband etwas zu ändern.
Irgendwann glitt ich mit meiner Art soweit ab, dass man mich wegen irgendwelcher sehr wichtigen höheren Aufgaben in Ruhe ließ.
Erst im Kinderferienlager gab es wieder erwachsene Deppen, die versuchten, auf mich Druck in selbige Richtung auszuüben. Da konnten sie tun und machen was sie wollten, ich ließ mich von der damit gekoppelten Verantwortung und vor allem, der anstehenden Vorbildfunktion, nicht ködern. Begann lediglich meine später ausufernde Verstocktheit zu kultivieren. War nämlich nicht bereit, mich in irgendeiner Form, diesbezüglich zu erklären.
Letztmalig nervten die Erzieher im Heim damit, landete deshalb im sog. Heimrat und sollte kurz darauf, bereits zu dessen Vorsitzenden gewählt werden. Interessant fand ich lediglich, dass man mir Einblick in manche Akteneinträge von Neuankömmlingen gewährte, was allerdings vollkommen nach hinten losging. Hatte aber auch sehr schnell geschnallt, dass sämtliche Mitglieder des Heimrates, bloß für das Erzieherkollegium spitzeln sollten.
Während dieser Zeit war mir das Glück hold, weil wir zu dritt, nächtens an unserem Depot hochgezogen wurden, als es weiter in Richtung Westen gehen sollte…
Damit hatte sich für lange Zeit alles weitere erledigt, denn in der später angelegten Kaderakte, wurden auch solche frühen Gegebenheiten detailversessen notiert. Jene Dokumentationen fand ich oftmals, für mich persönlich mit vielen Vorteilen behaftet, tat nebenher aber auch nichts, um an dieser Situation etwas ändern zu wollen.
Den Einflüssen der Großeltern war es zu verdanken, mich in den entscheidenden Momenten zu wehren und die entsprechenden Bedürfnisse zu äußern. Da konnte sich deren Tochter auf den Kopf stellen, ich wollte in keiner Form eine Marionette all jener Flachzangen werden, die es immer nur gut mit mir meinten und dafür sorgen wollten, aus mir einen optimal funktionierenden, ideologisch gestählten Hohlkörper zu formen. .
Die entscheidenden Erfahrungen für das weitere Leben wurden auf der Straße gemacht und dazu kupferte ich von Leuten ab, vor denen mich die Erziehungsberechtigte im Halbelternhaus immer warnte.
Deshalb gelang es mir doch recht autark all die Fäden, an denen andere hingen, für das teilweise komplizierte Makramee meines irdischen Daseins, entsprechend zuknüpfen…
wg. Nachtrag zum vorgestrigen Schrieb – Frau Minister Barley: Was tut die Kirche, wenn der Staat die Täter schützt, oder so ähnlich…
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