wg. Lisa Eckhart – Humor und Witze der politischen Art…

– Teile des folgenden Schriebes sind von Alexander Drozdzynski abgekupfert: “Der politische Witz im Ostblock”, 1974, Droste Verlag, Düsseldorf

­Es gibt keinen Zirkus ohne Clown. So ein Zirkus wäre sterbenslangweilig. Ein Clown gehört zum Wesen des Zirkus´. Es gibt auch keinen politischen Zirkus ohne politische Clowns. Zwar konnte im Laufe der Geschichte so mancher Alleinherrscher auf Mi­nister und Berater verzichten. Aber einen Hofnarren hielten sich fast alle, we­nigstens einen. Und selbst wenn es keinen Hofnarren gab, so wurde diese Lücke durch Sati­riker und Spötter aus dem Volk ausgefüllt, die Witze über den Herrscher im Land verbreiteten. Der politische Witz ist so alt wie die Politik selbst. Das ist eine Bin­sen­wahrheit. Aber man sollte trotzdem hier noch einmal daran erinnern. Der Herr­scher als Zielscheibe für Witze, der Herrscher als Spottobjekt – das sind ewige The­men der Politik und der Literatur. Der Spott ist eine gefährliche Waffe gegen die Ty­rannei. Er liefert den Herrschenden, den Diktator, seiner ganzen Lächerlichkeit aus.
Und darum hassten die Herrscher niemanden mehr als ihre Spötter.
Historische Parallelen sind immer interessant, auch auf dem Gebiet des politischen
Witzes. Hier können wir besonders Karl Marx als Zeugen nennen, der gesagt hat:
Die Geschichte wiederholt sich das erste Mal als Drama, das zweite Mal als Farce.
Die politischen Witze haben ihre guten und schlechten Zeiten, wobei die schlechten Zeiten gute Zeiten für politische Witze sind und umgekehrt. Politische Krisen, po­li­ti­sche Auseinandersetzungen, politischer Kampf fordern den politischen Witz als Mit­tel, als Waffe. Die ruhigen, demokratischen und liberalen Zeiten führen zu einem Ab­ebben der politischen Witzwelle. Jede Gewaltherrschaft, jedes totalitäre System ent­wickelt den kritischen Sinn der Gesellschaft, schafft Tausende von Volksspöttern, Hu­moristen, die täglich politische Witze erfinden und erzählen. Diese Witze erweisen sich oft als einzig mögliche Opposition gegen das Regime. Der Flüsterwitz ist schwer zu bekämpfen, ja es ist völlig unmöglich, ihn zu verhindern, auch wenn man die Witz­erfinder, Witzerzähler und Witzzuhörer einsperrt. Das galt und gilt ftir alle Zei­ten, von der Antike bis zur Gegenwart. So war es im Dritten Reich und in der Zone, so ist es in allen von Diktatoren regierten Ländern und im kommunistischen Macht­bereich.
Der politische Witz wird in diesen Systemen zu einem sozialen Ventil für alle politi­schen und wirtschaftlichen Spannungen und Unzufriedenheiten. In London gibt es einen Hyde Park; in totalitären Regimen gibt es den politischen Witz als Ersatz.
Ich will damit nicht behaupten, dass es in demokratischen Gesellschaften keine Wit­ze gibt, dass sie dort keine Entwicklungsmöglichkeiten hatten und haben. Im Gegen­teil, überall in der Welt gab und gibt es Witzobjekte in der Politik.
Es existiert kein System, in dem nicht auch Idioten, Profilneurotiker und Humorlose Empor­kömmlinge politische Karriere machten. Und es gibt überall genug Menschen im öffentlichen Leben, die vor aller Augen ihre menschlichen Schwachen zeigen. Das setzt sie in ganz natürlicher Weise Hohn und Spott aus. Manchmal verwendet man in den po­litischen Arenen unserer sachte dahinscheidenden Demokratie noch Spott, Iro­nie und Witz als imaginäres Kampfmittel ohne Realitätsbezug gegen politische Geg­ner.
In den USA erzählte man sich vor Jahrzehnten zum Beispiel folgenden Witz: Roose­velt bewies, dass man ein Leben lang Präsident sein kann. Truman bewies, dass jeder Präsident sein kann. Eisenhower bewies, dass man in den USA überhaupt keinen Prä­sidenten benötigt!
Der Unterschied besteht nur darin, dass in einer bis zum jetzigen Zeitpunkt demo­kra­turischen Gesellschaft solch eben erwähnter Sparwitze noch unbeschadet in der Öf­fentlichkeit erzählt oder niedergeschrieben werden kann.
Die Publikation oder das Erzahlen wird politisch nicht verfolgt, denn es sollte in ver­meintlich demokratischen Systemen keine Tabus geben!
Der Witz ist eine Waffe, aber man darf den illegalen Besitz des Witzes nicht bestra­fen.

Anders sieht es in Diktaturen aus…
Bereits ein Jahrzehnt, nach Beendigung des momentan letzten Weltkrieges, brachte es Vox populi gesamtdeutsch betrachtet, wie folgt auf den Punkt, was den öffentlichen Umgang mit Wit­zen betraf. Deren Aussagen in der SBZ bereits damals entsprechend geahndet wurden. Da gin­gen beim Um­gang mit humorvollen Aussagen ihrer Untertanen, die Ansichten beider Staa­tenlenker vollkommen gegensätzlich auseinander: Denn Adenauer sammelte all jene Witze, die Leute über ihn erzählten – Ulbricht dagegen, sammelte alle die Leute ein, welche Witze über ihn verbreiteten…
In diktatorischen Gefilden werden politische Witze immer in die Illegalität gedrängt, allerdings sind die Potentaten letztlich machtlos gegen ihre Verbreitung.
Aber die guten und schlechten Zeiten für politische Witze sind nicht nur vom Auf und Ab der politischen und sozialen Situationen abhängig, sondern auch von den geo­graphischen und geopolitischen Bedingungen der jeweiligen Länder. Es gibt Volker, die von Natur aus witzig sind und den Witz als geistige Waffe lieben, und andere mit ausgeprägter geistiger Trägheit, die deshalb keinen rechten Sinn für Humor besitzen, dies ist eine Frage der entsprechenden Volkscharaktere.
Für die Qualität eines Flüsterwitzes ist ausschlaggebend, dass sämtliche mit ihm ver­bundenen Gegeben­heiten der Schilderungen bekannt sind, ebenso tiefe Detail­kennt­nisse über die zu beschreibenden Persönlichkeiten, aus Vergangenheit und Ge­gen­wart. Dazu gehört auch unbedingt die entsprechende Aktualität in ihrer Gesamt­heit, damit wirk­lich der Kern jener Sache vollends getroffen wird! Von dem Prädikat hängt in Diktaturen anschließend die Wertigkeit ab, mit welcher Zeitdauer dann entspre­chen­de Zuchthausaufenthalte belohnt wurden. Auch in der Zone waren ganze Indus­triezweige auf diese Gattung von humorvollen Arbeitskräften dringend angewiesen – dazu hagelte es immer wieder entsprechende Mengen von Totensonntagen…

In diesem Zusammenhang fallt mir noch ein, dass es in vorangegangener Zeit einiges gab, was mir mal heilig war. Jetzt als Zyniker (Das jemand der dabei ist die Reste seiner Träume zu begraben.) müsste ich sehr lange nachdenken ob da noch etwas übrig geblieben ist. Zu hundert Prozent bin ich mir sicher, was political correctness betrifft, ist mir nichts heilig, ebenso hinsichtlich der gegenderten Verbalhurerei!
Auf p. c. scheiße ich, da sie das gesprochene Wort kastriert und die Situationskomik jeder Pointe eines Witzes gänzlich killt!

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