Eine nicht redigierte wahrhafte Legende vom Fuße des Kiffhäusers – Anfang der 1970er
…Das Leben auf dem Campingplatz nahm stressige Dimensionen an. Mein Zimmerchen befand sich neben den Räumlichkeiten der Rettungsschwimmer, fast jeden Abend gab es etwas zu feiern. An den Wochenenden erschienen Freunde und Kumpels. Gepennt wurde teilweise zu sechst in dieser kleinen Butze, dafür wurden Tisch und Stühle auf dem Schrank platziert, außerdem standen für weiteren Besuch noch zwei Sechsmannzelte auf dem Platz rum.
Hinter dem Bettende stapelten sich Bierkästen, jede noch so kleine Gefälligkeit für die Camper wurde vorzugsweise mit Bier oder Schnaps honoriert. Bald wusste es jeder, dass in meiner Bude immer ein paar Schachteln Bier herumstanden, deshalb erschienen nachts oft irgendwelche Leute, die sich Alk liehen, der am nächsten Tag in noch größerer Menge zurück gegeben wurde.
Vom Chef kam zu Beginn meines Jobs, jene augenzwinkernde Anweisung, kleine Gefälligkeiten für Camper seien Service und nach Möglichkeit sollte ich für ihre frommen Wünsche ein offenes Ohr haben. Allerdings nahm es manchmal schon merkwürdige Ausmaße an, so musste ich öfters mit dem RS 09, so tief wie möglich ins Wasser fahren und in Ufernähe Seegras und Schilf mähen oder jemand stellte fest, dass seinen PKW-Reifen Luft fehlte, nach erfolgtem Hilferuf stand ich mit dem Multicar nebst Kompressor da und pumpte die Pneus wieder auf.
Ewig lagen auch irgendwelche Reparaturen an Zeltgestängen an, ganz abgesehen von der Tatsache, dass ich laufend Zelte mit aufbauen musste, weil die Leute nicht klar kamen. Wollte z. B. Herr Doktor Dingensknecht etwas länger pennen, da er den Kater der vergangenen Nacht kurieren musste, hieß es dann für mich, einige Stunden später mit Rasenmähen beginnen. Diese Zeit ließ sich sowieso in der Nachbarschaft mit Kartenspiel überbrücken, denn öfters fehlte am späten Vormittag irgendwo der Dritte Mann zum Skat. Es kam vor, dass Kurt mich suchte, er mit unser aller Dienstschwalbe auftauchte und im fliegenden Wechsel dann meinen Part übernahm.
Irritiert hat meine Kollegen und die Camper die Tatsache, dass ich auf meiner fast täglichen Mülltonnenreinigungstour mit Anzug, Schlips und Kragen vorfuhr, ebenso war dies meine Dienstbekleidung wenn ich irgendwas mit dem Geräteträger anstellte. In der Freizeit lief ich mit einem löchrigen russischen Matrosennicki rum, meine Jeans waren in den verschiedensten Farben schachbrettartig gestopft, mit Isolierband wurden kleine Risse überklebt, gingen sie weiter auf, flickte ich sie mit Gitarrensaiten oder bunte Lederflicken und jeder konnte sich mit Filzern auf den Hosen verewigen, mit Autogrammen oder doofen Sprüchen. Weiterlesen